Tischler-Innung in Rhein-ErftSpieletisch als Gesellenstück – Lossprechung in Pulheim

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Von vielen Besuchern bestaunt wurde Platz eins, die Liege, die Philipp Bollig zur Gesellenprüfung geschaffen hat.

Von vielen Besuchern bestaunt wurde Platz eins, die Liege, die Philipp Bollig zur Gesellenprüfung geschaffen hat.

Pulheim-Brauweiler – Anne Klütsch strahlte vor Freude. Als Zweitbeste hat die 20-Jährige die Gesellenprüfung der Tischler-Innung des Rhein-Erft-Kreises bestanden.

Für ihr Gesellenstück, dass nach der Lossprechungsfeier am Samstag auch noch am Sonntag im Kaisersaal der Abtei ausgestellt war, erhielt sie im Rahmen des Innungswettbewerbs „Gute Form“ den dritten Platz.

Klütsch war zudem die einzige Frau der insgesamt zwölf Tischler, die im Rahmen der Feierstunde ihren Gesellenbrief erhalten haben. Stolz deutet die junge Frau auf den massiven schicken Eichentisch, der in der Mitte des Kaisersaals zu sehen war. Umgeben war er von modernen Vitrinen, einer Bar, einer Liege und einem Spieletisch, die von den Auszubildenden geschaffen und von den Besuchern bestaunt wurden.

Elf junge Leute brachen die Ausbildung ab

Vor drei Jahren haben insgesamt 23 junge Leute ihre Ausbildung zum Schreiner im Rhein-Erft-Kreis begonnen. Elf von ihnen haben zwischenzeitlich ihre Ausbildung abgebrochen. „Leider“, sagte Obermeister Frank Wilkenring. Es seien deutlich weniger Auszubildende gegenüber früher.

1978 etwa hätten 64 Auszubildende ihren Gesellenbrief erhielten. Das liege einfach daran, dass immer weniger eine Ausbildung zum Schreiner machen wollen. Allerdings sei in den vergangenen beiden Jahren eine leichte Kehrtwende zu beobachten.

Die Ausbildungszahlen steigen wieder an. Aber durchschnittlich blieben aktuell immer noch acht Ausbildungsplätze pro Jahr im Kreis unbesetzt. (mkl)

Viel Lob erhielt dabei auch Anne Klütsch für ihr Prachtstück. „Der Tisch ist viel besser geworden, als ich es mir zuvor vorstellen konnte“, sagte die 20-Jährige. „Ich wollte ein Stück schaffen, das mich durch mein Leben begleitet“, erklärte sie. Den Tisch könne sie sich sehr gut als Mittelpunkt ihrer Wohnung vorstellen. „Daran werde ich wohl auch noch in 20 Jahren gerne sitzen“, so Klütsch.

Rund 100 Stunden habe sie an ihm gearbeitet. Von der Zeichnung bis zum allerletzten Schliff habe sie ihn ganz alleine geschaffen. Leicht war der Einstieg in den Handwerksberuf aber keineswegs. „Ich habe mehr als 40 Bewerbungen geschrieben“, erinnert sie sich. Oft habe sie nur zu hören bekommen: „Wir nehmen keine Frauen“.

Dabei hatte sie beste Voraussetzungen, zum Beispiel einen Realschulabschluss mit der Qualifikation zur gymnasialen Oberstufe. Nach der Realschule habe sie zunächst einige Praktika in kaufmännischen Berufen absolviert.

„Dabei habe ich jedoch sehr schnell festgestellt, dass solche Berufe für mich gar nichts sind“, erklärte sie. Ein Jahr habe sie dann im Handwerkerhaus in Köln in verschiedene Berufe hineinschnuppern können. „Danach stand fest, ich wollte Schreinerin werden.“

Nach erfolglosen Bewerbungen habe sie sich schweren Herzens für ein Berufsgrundschuljahr im Adolf-Kolping-Berufskolleg angemeldet. „Und die haben mir dann ganz schnell zu meinen Ausbildungsplatz verholfen“, erzählte Anne Klütsch.

Unvergessen bleibt ihr der Augenblick, als sie nach einem dreitägigen Praktikum in der Tischlerei von Markus Müller in Erftstadt den Ausbildungsvertrag erhielt: „Ich kam gut klar, und die Arbeit machte mir vom allerersten Tag große Freude.“ Der Beruf und das Handwerk gefalle ihr auch, weil man direkt sehe, was man geschaffen hat. Zudem könne man mit der Arbeit auch die Kunden glücklich machen. Und das wird Anne Klütsch auch noch in Zukunft oft können, denn ihr Lehrmeister hat seine junge Gesellin nach der Ausbildung übernommen.

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