TagebauIG BCE startet Aktion gegen Gewalt – Verdi geht auf Distanz

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Tagebau Garzweiler (1)

Rhein-Erft-Kreis – Im Vorfeld des Klimacamps, das vom 19. bis 29. August bei Erkelenz am Tagebau Garzweiler stattfinden soll, hat sich die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie in Zusammenarbeit mit den Betriebsräten eine Gegenaktion mit dem Titel „Schnauze voll“ ausgedacht. Verdi geht auf Distanz: Es sei noch kein Konzept erkennbar.

Umweltschützer werten die Aktion als Indiz dafür, dass Gewerkschaften und RWE-Mitarbeiter den viel beschworenen Kurs der friedlichen Auseinandersetzung verlassen. „Das klingt ziemlich krawallig“, sagt Dirk Jansen vom BUND. Und alle Versuche, mit den Initiatoren ins Gespräch zu kommen, seien bisher gescheitert.

Was sich zunächst gegen die „Gewalt durch Ökoaktivisten“ wandte, wollen die Befürworter jetzt als Protest gegen alles gewertet wissen, was ihre Arbeitsplätze und ihren Wohlstand gefährdet. „Ja, wir haben die Schnauze voll“, sagt Gewerkschaftssekretär Manfred Maresch (IG BCE). „Im Rheinland darf man das so sagen!“

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Der Spruch sei vielleicht ein bisschen überzogen, aber er drücke das aus, was die Bergleute und Kraftwerker empfänden. „Die RWE-Mitarbeiter bekommen Druck von allen Seiten“, sagt Maresch. „Da gibt es gewaltbereite Aktivisten auf der einen Seite, Politiker, die sich von der Braunkohle abwenden sowie ein Unternehmen, das Arbeitsplätze abbauen und Löhne kürzen will.“ Zwischen den Polen würden die Mitarbeiter aufgerieben. „Kein Wunder, dass sie die Faxen dick haben und das auch artikulieren wollen.“ Es sei ein Punkt erreicht, an dem man sagen müsse: „Bis hierher und nicht weiter.“ Ein Banner im Internet war zunächst auch mit dem Verdi-Logo versehen. Es musste nach Einspruch der Gewerkschaft entfernt werden. Warum geht Verdi auf Distanz? „Wir wollen nicht alles in einen Topf werfen“, sagt Gewerkschaftssekretär Hans-Peter Lafos, „und vor allem erst einmal sehen, welche Aktionen unter diesem Titel geplant sind. Das erscheint mir noch etwas unausgegoren.“

Zudem habe Verdi kein Problem mit einem auf friedlichen Protest angelegten Klimacamp. „Da darf man nicht von vorneherein aus dem Dialog aussteigen, weil man die Gefahr wittert, es könnten einige gewaltbereite Aktivisten auftauchen.“ Die Gewerkschaften würden auch nicht ihre Kundgebungen zum 1. Mai absagen, obwohl am Rande solcher Veranstaltungen immer wieder Chaoten auftauchten. „Gleichwohl steht Verdi den RWE-Mitarbeitern zur Seite und wird sich an friedlichen, durchdachten Aktionen während des Klimacamps beteiligen.“

Maresch verbürgt sich für friedliche Aktionen. Seien die Worte auch deftig gewählt, so sei der Protest der Bergleute und Kraftwerker dennoch ohne Ausnahme friedlich. Deshalb distanziere man sich auch von einem zunächst im Umfeld von „Schnauze voll“ aufgetauchtes T-Shirt, dass eine bluttriefende Faust zeigt, die den Schriftzug „Klimacamp“ zerquetscht. Der Druck solcher Shirts sei die Aktion eines einzelnen gewesen, der inzwischen eingesehen habe, dass er übers Ziel hinausgeschossen sei.

Dem schließt sich der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von RWE Power, Harald Louis inhaltlich an – auch dem Titel „Schnauze voll“. „Die Arbeitnehmer sind immer die Leidtragenden“, sagt er. „Die deutliche Sprache ist notwendig, um klarzumachen, wie weh den Kollegen die aktuelle Situation tut. Es muss endlich mal wieder Ruhe einkehren.“

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