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Fall Niklas P. vor GerichtHauptangeklagter Walid S. beteuert „Das war ich nicht“

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Der Hauptangeklagte Walid S. wird im Landgericht in Bonn in den Verhandlungssaal geführt.

Bonn – Kein Wort hat Walid S. bislang gesprochen. Es ist der 12. Verhandlungstag im Prozess um den Tod des Schülers Niklas P. und bis auf seinen Verteidiger hat keiner im Gerichtssaal die Stimme des 21-jährigen Angeklagten gehört. Im Fokus der Beobachter seine Silhouette: Das krause Lockenhaar, das wuschelig nach oben wie zu einem Dutt gesteckt erscheint, das ernste und auch ebenmäßige Gesicht, das er häufiger im hochstellten Kragen seines anthrazitfarbenen Wollmantels versteckt, wie ein Schildkröte, die sich bei Gefahr in ihren Panzer zurückzieht. Da der Angeklagte schweigt, wurde am Mittwoch der Bonner Kripobeamte, der Walid S. wiederholt vernommen hatte, gehört.

Junge Szene reagierte nach Tat im sozialen Netz

Der Faustschlag gegen Niklas P. in der Nacht zum 7. Mai 2016 am Godesberger Rondell, an dessen Folgen der 17-Jährige fünf Tage später starb, hatte die junge Szene in Bad Godesberg sofort alarmiert, berichtete der 41-jährige Kripobeamte aus der Ermittlungsarbeit. Bereits am nächsten Morgen wurde auf WhatsApp gechattet, die Personenbeschreibung des Täters als Screenshot in Facebook gestellt und Mutmaßungen angestellt. So sei Walid S. sofort in den Fokus gekommen: „Meine Freunde haben mich gewarnt“, hatte der 21-Jährige in seiner ersten Vernehmung gesagt, „weil die Beschreibung des Täters auf mich passt.“ Aber Dunkelhäutige und mit der Frisur gebe es viele, meinte er, auch spreche er kein akzentfreies Deutsch, sondern einen italienischen Slang.

Ermittler glaubt ihm zunächst

Allerdings habe Walid S. eingeräumt: „Meine Freunde kennen meine Faust. Und die ist was!“ Er habe Kickboxen gemacht. „Aber an dem Abend, das war ich nicht.“

Bei seiner Vernehmung, so berichtete der Kripobeamte weiter, sei der Angeklagte ein „Widerspruch gewesen“: „Er schien ganz ruhig, aber seine Stimme hat sich ständig überschlagen.“ Dennoch habe er seine Aussage mit so einem Nachdruck gemacht, so der Ermittler, dass ich ihm geglaubt habe. Ich gestehe, ich habe mich sogar gefragt, ob wir den richtigen Täter haben.“ Trotzdem wurde alles, was Walid S. gesagt habe, später widerlegt. „Er hat an vielen Stellen gelogen.“

Kein Alibi für die Tatzeit

Ein Alibi für die Tatzeit um 0.20 Uhr konnte ihm keiner der vielen Freunde geben, die er als Entlastungszeugen genannt hatte. Nicht mal seine 17-jährige Freundin, mit der er den Abend zusammen am Ententeich im Kurpark gewesen war. Denn zwischen Mitternacht und 1.30 Uhr war er spurlos verschwunden. Sein Telefon war nichts im Netz eingeloggt gewesen. Auch die zahlreichen Anrufversuche der Freundin, die er am Teich zurückgelassen hatte, weil er was zu trinken holen wollte, landeten im Nichts.

„Der Personenpool der Tatverdächtigen war weit gefasst,“ berichtete der Kripokommissar. „Viele hatten ein Alibi.“ Aber es gibt immer noch Kandidaten, die in den Dunstkreis der Verdächtigen gehören. Ein 22-Jähriger beispielsweise, der Walid S. ähnlich sein soll und dem die schwarze Jacke mit der Blutspur von Niklas gehört und die S. später in der Nacht des 7. Mai getragen haben soll. Auch war der 22-Jährige in der Tatnacht von einem unabhängigen Zeugen erkannt worden. Gemeinsam mit dem ebenfalls angeklagten Roman W. (21) soll er den Tatort in Richtung City verlassen.

Dass der 22-Jährige nicht auf der Anklagebank sitzt, sondern Walid S., liegt auch an der Zeugenaussage von Niklas’ Freund: Der 19-jährige Hauptbelastungszeuge hatte auf einem Foto, auf dem der Angeklagte und der 22-Jährige zu sehen waren, „hundertprozentig“ Walid S. als Schläger identifiziert. Und nicht den anderen. Der Prozess wird fortgesetzt.

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