Familiendrama in Bonn„Alles schien in Ordnung“ – Nachbarn reagieren geschockt

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Notfallseelsorger stehen vor dem Bonner Mehrfamilienhaus, in dem sich das Familiendrama ereignet hat.

Notfallseelsorger stehen vor dem Bonner Mehrfamilienhaus, in dem sich das Familiendrama ereignet hat.

Bonn – Die schmale Wohnstraße liegt wie ausgestorben im Sonnenlicht. Auf den weiten Rasenflächen zwischen den Häusern stehen Buggys und Kinderfahrräder, bis zum Rhein ist es nicht weit.

Vor Haus 29 flattert an diesem Montagmorgen ein rotweißes Absperrband der Polizei. Hier, in der ersten Etage eines hell getünchten Mehrfamilienhauses in der „Amerikanischen Siedlung“ in Bonn-Plittersdorf, sind am frühen Morgen drei Menschen gestorben: eine 39 Jahre alte Frau, ein dreijähriges Mädchen und ein 40-jähriger Mann. Was genau geschah, als Nachbarn von „lauten Geräuschen“ geweckt wurden und um 5.20 Uhr geistesgegenwärtig die Polizei alarmierten, vermag bislang niemand genau zu sagen. Fest steht allein, dass der 40-Jährige bei dem folgenden Polizeieinsatz durch Schüsse aus einer Polizeiwaffe zu Tode kam.

Es liegt nicht fern zu vermuten, dass der 40-Jährige seine Ehefrau und die gemeinsame Tochter nach einem Streit tötete. Wie und warum es dazu kam, dazu möchte Robert Scholten, Pressesprecher der Bonner Polizei, nichts sagen. Nur so viel: „Alle Zugänge zur Wohnung waren verschlossen.“ Die Kollegen seien daher durch den Balkon eingedrungen und hätten in der Wohnung zwei Tote gefunden. Der mutmaßliche Täter sei im Bad angetroffen worden. „Es kam zu einer konfrontativen Situation zwischen ihm und der Polizei“, umreißt Scholten den Fortgang des Dramas, das Sekunden später ein drittes Opfer forderte.

Ehepaar will bereits am Vorabend Schüsse gehört haben

Das Fenster der Balkontür ist eingeschlagen, das sieht man von der Straße aus. Auf der Terrasse darunter sitzen einige Nachbarn. Eben haben sie ein paar Kerzen vor dem Haus aufgestellt. Sie werden – ebenso wie einige der Polizisten, die an dem Einsatz beteiligt waren – von Notfallseelsorgern betreut. Die Auffind-Situation von Mutter und Kind sei sehr belastend gewesen, sagt Scholten. Vom Fortgang der Ereignisse ganz zu schweigen.

Ein koreanisches Ehepaar aus dem Nachbarhaus will bereits am Sonntagabend gegen 23 Uhr Schüsse gehört haben. „Vielleicht war es auch nur ein Feuerwerk.“ Christoph Wollstein, der ein paar Häuser weiter wohnt, erfährt erst durch die Reporterin von dem Drama. Er arbeitet in einem Krankenhaus und hat seine Wohnung bereits um fünf Uhr morgens verlassen, 20 Minuten, bevor der erste Notruf bei der Polizei einging.

Keine Anzeigen, keine Polizeieinsätze

Von der Familie weiß man bislang wenig. Nach Angaben der Polizei stammte das Ehepaar aus Ungarn. Beide, so Scholten, „hatten einen Job, und die Wohnung war tippi-toppi in Ordnung.“ Nichts habe darauf hingedeutet, dass es schon einmal zu häuslicher Gewalt gekommen sei: keine Anzeigen, keine Polizeieinsätze. „Alles deutet auf einen ganz normalen, unauffälligen Hintergrund hin.“

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