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„Mord ohne Leiche“Ehemann von verschwundener Sandra D. gegen Kaution auf freiem Fuß

Lesezeit 3 Minuten
  • Der Ehemann der seit 2012 verschwundenen Eitorferin Sandra D. ist wieder auf freiem Fuß.
  • Der Bundesgerichtshof hatte das Urteil gegen den 43-Jährigen aufgehoben.
  • Der Ehemann war wegen Totschlags vom Bonner Schwurgericht zu elf Jahren Haft verurteilt worden.

Eitorf – Erst vor wenigen Wochen gab der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe bekannt, dass der Fall um das spurlose Verschwinden der 42 Jahre alten Sandra D. aus Eitorf vor dem Bonner Landgericht neu aufgerollt werden muss.

Jetzt kam es zu einer spektakulären Folgeentscheidung: Der 43 Jahre alte Ehemann, der weiterhin unter dem Verdacht steht, Sandra D. getötet zu haben, wurde von den Richtern der ersten großen Strafkammer auf freien Fuß gesetzt.

Wie Bastian Sczech, Sprecher des Landgerichts, bestätigte, hat der bislang in der Justizvollzugsanstalt Köln-Ossendorf in Untersuchungshaft sitzende Koch eine Kaution in Höhe von 15 000 Euro hinterlegt.

Zudem wurde dem 43-Jährigen auferlegt, dass er sich täglich zu einer bestimmten Uhrzeit bei der Polizei melden muss. Seine Ausweispapiere musste er abgeben und seinen Wohnsitz in Bonn nehmen.

Wie berichtet wurde der Angeklagte im Juli 2014 von den Richtern der Bonner Schwurgerichtskammer wegen Totschlags für elf Jahre ins Gefängnis geschickt. Am Ende des aufsehenerregenden Prozesses um den so genannten „Mord ohne Leiche“ waren sich die Richter und der Staatsanwalt einig darüber, dass sich Sandra D. von ihrem Mann trennen wollte.

Nach einem gescheiterten Versöhnungsversuch hat der 43-Jährige seine Ehefrau laut Urteil zunächst die Treppe in dem Einfamilienhaus in Eitorf-Bach heruntergestoßen. Anschließend soll er versucht haben, der bewusstlosen Frau das Genick zu brechen. Als dies nicht gelang, habe er sie auf dem Ehebett im Schlafzimmer erwürgt.

Der Ehemann geriet zwar schnell in Verdacht, zunächst konnte ihm jedoch nichts nachgewiesen werden. Erst als sich seine neue Freundin bei der Polizei meldete und berichtete, dass der Koch ihr gegenüber gestanden habe, seine Frau getötet zu haben, wurde er festgenommen.

Die Richter des BGH monierten jedoch, dass die Angaben der neuen Freundin ihrer Meinung nach im Prozess nicht genügend hinterfragt wurden– zumal der Angeklagte behauptet hatte, er habe der neuen Lebensgefährtin eine erfundene Geschichte präsentiert, da sie die Fortsetzung der intimen Beziehung davon abhängig gemacht habe.

Kritisiert wurde zudem, dass diesem „Geständnis“ nicht vollständig, sondern nur teilweise gefolgt wurde. Der Behauptung, dass der Koch die Leiche zerstückelt und dann auf seiner Arbeitsstelle entsorgt habe, schenkten die Bonner Richter keinen Glauben. Sie hielten es für wahrscheinlicher, dass die tote Sandra D. irgendwo vergraben wurde.

Die jetzt zuständigen Richter der ersten großen Strafkammer fassten den so genannten Haftverschonungsbeschluss nun, da sie keine andere Möglichkeit sahen: Aufgrund der Vorgaben aus Karlsruhe sei derzeit nicht von einer „hohen“ Verurteilungswahrscheinlichkeit auszugehen.

Zwar bestehe nach wie vor ein dringender Tatverdacht. Für die Fortsetzung der Untersuchungshaft reiche eine „einfache“ Verurteilungswahrscheinlichkeit jedoch nicht aus.

Die Staatsanwaltschaft hat laut Oberstaatsanwalt Robin Faßbender bereits Beschwerde gegen den Haftverschonungsbeschluss eingelegt. Mit dem Beginn des zweiten Prozesses ist wohl nicht vor den Sommerferien zu rechnen.

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