DenkmalschutzantragGroße Sorge um Kirche St. Josef in Eitorf-Harmonie

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Eitorf – Mit über zwei Millionen Katholiken ist das Erzbistum Köln das mitgliederstärkste in Deutschland. 180 Seelsorgebereiche mit 528 Pfarreien, rund 800 Kirchen und 400 Filialkirchen oder Kapellen gehören dazu. Etwa 600 davon stehen unter Denkmalschutz.

Eine davon soll künftig auch die Kirche St. Josef in Harmonie sein – zumindest, wenn es nach dem Willen von etwa 160 Gläubigen geht. Denn die haben alle im Frühjahr einen Antrag auf Prüfung der Denkmalschutzwürdigkeit unterschrieben und bei der Gemeinde Eitorf als Unterer Denkmalbehörde eingereicht, wie Marlies Schmitz erzählt.

Unterschriftenlisten liegen aus

Die Eitorferin hat das Ganze organisiert. Noch bis zum 5. August liegen weitere Unterschriftenlisten zum Erhalt der Kirche in der Buchhandlung und bei Schreibwaren Rösgen aus.

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„Ich habe erlebt, wie in Hennef ein historisches Haus abgerissen werden sollte; dann wurde es unter Schutz gestellt und der Abriss gestoppt“, begründet Schmitz ihre Initiative.

Denn ein „Stiefkind“ sei das 1970 eingesegnete Gotteshaus in der Pfarrgemeinde nach ihrer Aussage schon immer gewesen. Das zwölfeckige Backsteingebäude ist nach Meinung von Schmitz zu modern für eine ländliche Kommune wie Eitorf. In der Stadt wäre das vielleicht anders, glaubt das ehemalige Mitglied des Pfarrgemeinderates, das insbesondere das puristische Ambiente des Gotteshauses schätzt.

„Selbst wenn die Kirche von vielen nicht verstanden wird, möchte ich diesen Weg gehen, um Sicherheit ins Spiel zu bringen“, sagt Schmitz, die bedauert, dass St. Josef für viele nur ein „leerer Rundbau“ sei.

Schmitz hatte im Jahr 2013 auf Veranlassung von Pfarrer Johannes Mikrut eine 18-köpfige Konzeptgruppe gegründet, die St. Josef zukunftsfähig machen sollte. „Wir haben überlegt, mit welchen Angeboten man Menschen erreichen kann“, erzählt sie.

So wurden Nutzungsvorschläge erarbeitet wie etwa besondere Themengottesdienste, Ausstellungen und Bildungsveranstaltungen in der Kirche. Auch die ökumenische Nutzung sei Teil dieser Überlegungen, die bis heute andauern.

Die junge Kirche

Im Juni 1966 vom Generalvikariat in Köln genehmigt, starteten im Januar 1967 die Bauarbeiten zur Errichtung des zwölfeckigen Backsteingebäudes nach Plänen des Siegburger Architekten Hans Lob im ehemaligen „Rosenfeld Bohlscheid“, umgeben von freien Ackerflächen. Über den Namen der künftigen Kirche, die im Geiste des Zweiten Vatikanischen Konzils geschaffen werden sollte, hatten die Gläubigen schon im April 1966 abgestimmt.

Am 22. November 1970 wurde St. Josef, die mit ihrer Form die 12 Apostel symbolisiert und mit ihren terrakottafarbenen Ziegelsteinen Bezug auf Eitorf als altem Industriestandort nimmt, von Pastor Josef Pazen eingesegnet. Ein bronzener Pinienzapfen krönt das Kupferdach.

In einem Gemeindeprozess wurde von 2003 bis 2008 – nach der Instandsetzung nach einem Schwelbrand 1998 – versucht, die Menschen für das ungewöhnliche Bauwerk zu interessieren. Dazu sollte unter anderem eine Mariendarstellung dienen, die Egbert Verbeek aus Bonn schuf. Auch Kinder wurden einbezogen.

Nach der 40-Jahr-Feier im Jahr 2010 mit diversen Veranstaltungen wurde 2013 auf Wunsch des Erzbistums eine Konzeptgruppe gebildet, die über eine weitere Nutzung der Kirche beraten sollte. Kern aller Überlegungen war die Wiederherstellung der ursprünglichen Konzeption von St. Josef als liturgischem Zentralbau. Darum sollte der Altar – stellvertretend für die zentrale Funktion der Eucharistiefeier – mittig platziert werden. Dieses „Alleinstellungsmerkmal innerhalb des Erzbistums Köln“, wie Marlies Schmitz es in den Heimatblättern nennt, wurde jedoch letztlich nicht umgesetzt. (ins)

Laut Schmitz laufen derzeit Gespräche mit der griechisch-orthodoxen Gemeinde Troisdorf, Siegburg, Eitorf hinsichtlich einer gemeinsamen Nutzung der Kirche. Nach den Ferien seien jedenfalls wieder Schulgottesdienste geplant, aber auch Abendmessen und ein Taize-Gebet an jedem dritten Samstag. Nichtsdestotrotz ist die Zukunft von St. Josef ungewiss.

Hintergrund sind schwindende Mitgliederzahlen

Weder Pfarrer Mikrut noch Thomas Klimmek vom Erzbistum Köln bestätigen zwar Überlegungen, dass sich die Pfarrgemeinde von der Kirche trennen will, doch soll es laut Schmitz ein offenes Geheimnis sein, dass die leitenden Pfarrer vom Erzbistum angehalten sind, Kirchenraum zu reduzieren. Hintergrund sind die schwindenden Mitgliederzahlen.

Der Pfarrer erklärt nur, dass Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat in den vergangenen Wochen über die bauliche Situation in der Kirchengemeinde beraten hätten.

„Ziel dieser Gespräche ist es, das Richtige für die Menschen und die Gemeinde zu tun“, so Mikrut, der „viele Menschen im Entscheidungsprozess einbinden“ und „alle Aspekte mit berücksichtigen möchte“. Das Ergebnis sei noch völlig offen. Bei der geplanten Pfarrversammlung im September werde das Thema weiter diskutiert.

„Ich möchte auch deutlich machen, dass die Leute selbst entscheiden, ob etwas reduziert wird“, sagt Marlies Schmitz zu ihren diversen Anstrengungen. Ihr Denkmalschutzantrag liegt seit April dem Landschaftsverband Rheinland (LVR) vor, wie dieser bestätigt. Dr. Helmtrud Köhren-Jansen, die Leiterin der Abteilung Inventarisation, plant in Kürze eine Ortsbesichtigung zusammen mit Vertretern der Unteren Denkmalbehörde in Eitorf.

Das Land Nordrhein-Westfalen habe in den vergangenen Jahren die Erfassung aller Kirchen der Nachkriegszeit finanziert, was seither ausgewertet werde. Dazu gehöre auch St. Josef.

„Damit eine Kirche unter Schutz gestellt werden kann, muss jeweils mindestens ein Bedeutungskriterium und mindestens ein Erhaltungsaspekt in einer gutachtlichen Stellungnahme zum Denkmalwert nachgewiesen werden“, verweist sie auf gesetzlichen Parameter, die besagen, dass das Bauwerk für die Geschichte der Menschen oder der Stadt bedeutend sein muss.

Es müssten entweder „künstlerische, wissenschaftliche, volkskundliche oder städtebauliche Gründe“ vorliegen, so Köhren-Jansen. Für Marlies Schmitz gibt es die. In den Heimatblättern Eitorf bezeichnet sie St. Josef als „zeitloses Gesamtkunstwerk“.

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