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„Unser Dorf hat Zukunft“Hymne auf das Runddorf – so schön ist Hennef-Lückert

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Freerk Baumann, Vorstand der Dorfgemeinschaft (3.v.l.), begrüßte die Vorsitzende der Bewertungskommission für den Kreiswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“, Renate Becker-Steinhauer (2.v.l.), in Lückert und freute sich über 100 Euro „Startgeld“.

Freerk Baumann, Vorstand der Dorfgemeinschaft (3.v.l.), begrüßte die Vorsitzende der Bewertungskommission für den Kreiswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“, Renate Becker-Steinhauer (2.v.l.), in Lückert und freute sich über 100 Euro „Startgeld“.

Hennef – „Wir haben Lückert zu 100 Prozent erlebt“: Sichtlich angetan griff die Vorsitzende der Bewertungskommission für den Kreiswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“, Renate Becker-Steinhauer, den Slogan des Dorfes auf.

Der findet sich überall im „Südtor Nordrhein-Westfalens“, wie Freerk Baumann von der Dorfgemeinschaft die Juroren begrüßte. Im frisch restaurierten Buswartehäuschen prangt er ebenso wie auf der Straße und an so manchem Haus. Natürlich trugen die Lückerter ein T-Shirt mit entsprechendem Logo.

Fünf Stationen hatten die Planer vorbereitet, um die Kommission davon zu überzeugen, dass der Ort mit 104 Einwohnern ein wahres Golddorf ist. Sechs Jahre liegt die letzte Bewerbung zurück. Seither habe sich einiges getan, erklärten Baumann und „Ortsbürgermeister“ Andreas Hagen. Die Dorflinde und ein Begrüßungsstein mit der Aufschrift „Schön, dat de do bis“ empfangen den Besucher, eine Rundbank lädt zum Sitzen ein.

Vor sechs Jahren von den damaligen Bewertern vorgeschlagen, haben die Obstbäume inzwischen Bissschutz, ein Obstbaumkonzept ist entstanden, und im Herbst sollen 20 neue Stämme gepflanzt werden. Für ein Schmunzeln sorgte der Mehrgenerationen-Schaukasten.

Kinder können auf einen kleinen Tritt steigen, im Inneren liegt eine Lesebrille und an der Seite klebt ein QR-Code, der auf die Homepage führt. Gaby Schoofs, 1990 zugezogen, pries die Lage. In einer Talmulde gelegen, werde das Dorf von der Natur beschützt, und deshalb schützten die Bewohner im Gegenzug die Natur. Zwei aktive Nebenerwerbsbetriebe gibt es, eine Kaltblüterzucht, einen Schafhirten.

Das Besuchsprogramm

Die Bewertungskommission unter Leitung von Renate Becker-Steinhauer hat am ersten Tag Hennef-Dambroich und -Lückert sowie Bad Honnef-Rommersdorf besucht.

Am Montag folgen Oberlückerath, Oeleroth, Herrenbröl und Bröleck (alle Ruppichteroth). Am Mittwoch sind es Happerschoß und Heisterschoß in Hennef sowie Dreisel und Stromberg in Windeck.

Am Donnerstag geht es nach Dorf-/Berg-Seelscheid in Neunkirchen-Seelscheid, Much-Berzbach und Lohmar-Deesem. Am Freitag schließlich reist die Kommission ins Linksrheinische, nach Wachtberg-Villiprott sowie Rösberg, Widdig und Uedorf in Bornheim. (rvg)

Die Lückerter handelten nicht isoliert, sondern beziehen etwa den Nabu oder die Biologische Station Eitorf ein. Es existiert eine Interessengemeinschaft Chance 7. Da flitzten die Stifte der Juroren übers Papier. Schoofs trug ihre Wünsche vor, einen Obstbaumwanderweg oder selbst gebaute Vogelhäuschen für jedes Kind.

In einer nahe gelegenen Garage ging es weiter. Der eigene Sender Lücker TV hatte einen Imagefilm produziert. Beeindruckend wirkte, was so eine Hundertschaft alles auf die Beine stellen kann, vom Pfingstbaumlauf über die Beachparty auf dem zugefrorenen Teich im Winter bis zum Almabtrieb. Befreundete Vereine wunderten sich, dass das „durchgeknallte Völkchen“ nicht schon längst mal mit Gold gewürdigt worden ist.

Mit dem Planwagen rollte die Kommission zum Dorfbackes, in einem der vielen Gärten – mehr als ein Drittel der Haushalte hat einen bewirtschafteten – bog sich der Tisch unter den vielen Produkten, sogar Wein wird gekeltert.

Die Kaltblüter aus dem Dorf zogen die Kutsche weiter. In der Scheune von Landwirt Hagen präsentierte die Dorfband die Lückert-Hymne, eine gefühlvolle Ballade, in die der Chor der Bürger mit einstimmte – ein anrührender Moment während der Bereisung.

Und weiter ging es mit dem Planwagen zum Dorfhaus. Baumann, der die Fahrt moderierte, trug vor, dass es keine Abwanderung gebe, im Gegenteil komme die jüngere Generation nach Ausbildung und Studium gern zurück. Allein, es gebe kaum Möglichkeiten, Wohnraum zu schaffen, eine Baugenehmigung sei schwierig zu ergattern. Dabei wächst das Dorf, aktuell sind drei Frauen schwanger. Zum Abschluss gab es einen Blick ins Dorfarchiv, eine schön gestaltete Litfaß-Ausstellung mit Bildern von früher und heute.

Lückerter Eigenheiten

104 Menschen leben in Lückert, in 30 Häusern. Das Runddorf feiert in diesem Jahr 530. Geburtstag. Die erste urkundliche Erwähnung datiert aus dem Jahr 1487. Eine Kopie dieses Dokumentes liegt im Dorfarchiv.

Am 19. Juni 1796 wehte der Hauch großer europäischer Geschichte durch das heutige „Südtor Nordrhein-Westfalens“. In der Schlacht bei Kircheib trafen Franzosen und Österreicher aufeinander. Eine Kompanie der Truppen Napoleons lagerte auf einer Wiese oberhalb von Lückert.

Mit Lücker TV hat man seit 1989 einen eigenen Sender, der hin und wieder Beiträge zeigt. Seit 25 Jahren hat die Dorfgemeinschaft eine Satzung, in der auch ein Ortsbürgermeister vorkommt. (rvg)

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