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Museum ohne ÖffnungszeitenNiederkassler Privatsammler pflegt 14 Ford-Oldtimer

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Niederkassel – Das Oldtimer-Museum in Niederkassel steht auf keinem Stadtplan und hat keine Öffnungszeiten. Christian Beien hat es aufgebaut. Sein Leben ist eng mit Autos verbunden, ganz besonders mit solchen der Marke Ford.

In zwei langen Reihen stehen die historischen Fahrzeuge in einer Halle. Nur bei bestem Wetter kommt mal eines der umsichtig gepflegten Autos heraus – und in der kalten Jahreszeit deckt Beien gar alle 14 mit Stoffplanen zu, wie Neuwagen vor einer Präsentation. Eine Heizung hat die Halle nicht.

Beien, er wohnt in Köln-Zündorf, verbringt dennoch auch im Winter fast jeden Nachmittag bei seinen Schätzchen auf vier Rädern. Dann kann er sich sicher sein, dass alles in Ordnung ist, außerdem ab und zu Besucher auf einen Kaffee einladen. Dafür hat er einen kleinen Tisch und drei Stühle aufgestellt – der einzige Komfort in seiner Halle.

Viele Besucher empfängt Beien nicht, schon gar keine unangemeldeten. Dabei könnte die Halle locker als kleines Museum durchgehen: Informationstafeln vor den Fahrzeugen, alte Fotografien und Nummernschilder schmücken die Wände. „Dieser Charakter ist gewollt, es bleibt aber eine private Sammlung“, sagt der schlanke 72-Jährige mit den kurzen weißen Haaren. Für ihn bilden Halle und Oldtimer ein Gesamtkunstwerk.

Technische Daten auf Tafeln

Christian Beien selbst bräuchte keine Erklärtafeln vor den Exponaten. Er weiß zu jedem Auto alles auswendig: die technischen Daten der Baureihe, das Baujahr, die Vorbesitzer, und natürlich, wie er den Wagen gefunden, gekauft und restauriert hat. Aber er ist ja auch vom Fach: Beien blickt auf 37 Jahre Berufsleben beim Autobauer Ford zurück.

Sein Vater betrieb eine Spedition und testete nebenher Autos für die Entwicklungsabteilung des Kölner Autobauers. Der kleine Christian schlich oft zwischen den Lastwagen herum. Später sei es die Philosophie von Henry Ford gewesen, die ihn gepackt habe, erzählt er. Er spricht ruhig und nüchtern. Doch seine Augen leuchten. „Henry Ford wollte, dass seine Mitarbeiter sich das Ergebnis ihrer Arbeit selbst kaufen können“, erklärt er.

500 Dollar kostete „Lizzy“, der erste Ford vom Fließband, als er auf den Markt kam. Bis zum Produktionsende sank der Preis auf 250 Dollar. „Der Mann hat immer etwas zu optimieren gewusst“, schwärmt Beien. So schrieb Ford seinen Zulieferern die Größe und das Material von Transportkisten vor und nutzte deren Holz in der Produktion.

Alles außer Schwarz

Natürlich gibt es auch in Beiens Sammlung ein Ford T-Modell. Mit geübter Hand zieht er an der Schutzdecke und legt die glänzende, schwarze Karosserie frei. „Henry Ford hat mal gesagt, Kunden könnten es in jeder Farbe lackieren lassen, solange es schwarz sei“, erzählt Beien. Kritik an den tatsächlich lausigen Bremsen habe der Fabrikant mit dem Satz gekontert: „Ein Auto ist zum Fahren da und nicht zum Bremsen.“ Der Witz bringt Beien selbst zum Schmunzeln, obwohl er ihn wahrscheinlich unzählige Male erzählt hat.

Dass seine Zukunft bei Ford liegen würde, war früh klar. Nicht aber, dass der Weg dorthin so lang sein würde. Nach der Schule meldete sich erstmal die Bundeswehr. Beien fing aber eine Ausbildung an und schrieb sich unmittelbar danach an einer Ingenieursschule in Köln ein. Deshalb konnte er zunächst nicht eingezogen werden. „Das fand die Bundeswehr damals wohl nicht so lustig wie ich“, sagt Beien. Schließlich musste er aber doch noch bei den Pionieren einrücken.

18 Monate später sah es düster für Beien aus. „Mein Vater war nicht mehr am Leben und ich hatte kein Vermögen“, erinnert er sich. Arbeitslosengeld gab es noch nicht. Also fuhr Beien zu Ford nach Köln, obwohl dort gerade ein Einstellungsstopp galt. Trotzdem landete er im Büro des Werksleiters, mit dem er sich auf Anhieb gut verstand.

Sein neuer Chef plante den jungen Ingenieur aus Zündorf für die Arbeit mit den damals brandneuen, durch Lochkarten gesteuerten Werkzeugmaschinen ein. „Ich sagte ihm, ich hätte davon keine Ahnung. Aber der Werksleiter sagte, er selbst verstehe noch weniger davon, und ich würde das schon lernen.“

Gepflegt mit Liebe zum Detail

Der erste Arbeitstag, daran erinnert sich Beien genau, war der 15. Februar 1967. Überraschenderweise sagte man ihm zur Begrüßung, er solle künftig als Buchhalter arbeiten. „Egal“, sagt Beien heute. „Ich brauche Herausforderungen.“ Zuletzt arbeitete er im Vertrieb und baute nach der Wende das Ford-Händlernetz in Ost-Deutschland mit auf.

2003 ging Beien in den Ruhestand, seine Liebe zu Ford meldete sich aber alsbald zurück. Also fragte er seine Frau, was sie denn von einem Oldtimer halten würde. „Schön“, antwortete sie. „Kauf dir einen. Ich kaufe mir dann Pferde.“

Nach einigem Hin und Her schaffte Beien sich schließlich gemeinsam mit seinem erwachsenen Sohn – der sagt, er habe wie der Vater als Kind eine „Benzin-Infusion erhalten“ – den erträumten Oldtimer an. Es war ein Ford Custom Line, ein Vorläufer der gigantischen Straßenkreuzer.

Verkaufen würde er keines seiner Autos, betont Christian Beien. „Ich bin eben durch und durch Ford.“

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