CybersicherheitKampf gegen kriminelle Hacker in Sankt Augustiner Lernlabor

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Sankt Augustin – Die letzte große Hacker-Attacke geschah vor wenigen Tagen und ging einmal rund um die Welt: Der Trojaner „Wanna Cry“ traf 200 000 Nutzer und legte Rechner in rund 150 Ländern lahm. Die Fachhochschule und die Fraunhofer Gesellschaft wollen den Computer-Kriminellen etwas entgegensetzen: Im am Dienstag eröffneten Lernlabor Cybersicherheit sollen Fach- und Führungskräfte fit gemacht werden, um die Angriffe aus dem Netz abzuwehren und aufzuklären.

Schäden in Milliardenhöhe

Schäden in Höhe von 51 Milliarden Euro entstehen der deutschen Wirtschaft pro Jahr durch Datendiebstahl, Wirtschaftsspionage oder Sabotage, beziffern die Forscher. Sicherheitslücken gebe es überall, so Professor Dr. Karl Jonas. So lässt sich Technik zur Gesichtserkennung mit künstlichen Gesichtsteilen und Masken überlisten, demonstrierte er. Weitere Angriffsmethoden auf biometrische Sicherheitssysteme und Gegenmaßnahmen sind ein Bestandteil der Fortbildung, die aus Online-Modulen und mehrtägigen Workshops im Lernlabor besteht.

Auch die Verschlüsselung habe ihre Tücken. Häufig existiere ein geheimer Hauptschlüssel, der nach sechs Monaten nicht mehr geheim sei. „Der steht dann im Internet.“ Der Schutz der empfindlichen Daten sei dann nicht mehr gewährleistet. Die Forscher kümmern sich darum, wie diese Schlüssel möglichst unkompliziert ausgetauscht werden können – anwendbar soll die Technik auch für Nicht-Fachleute sein, zum Beispiel, indem der Nutzer einen QR-Code abfotografiert.

Schadsoftware steht ebenfalls ganz oben auf dem Zettel der Informatiker: „Ein Massenphänomen“, sagte Professor Dr. Michael Meier vom Fraunhofer-Institut FKIE. Gelänge es, die Ähnlichkeit von Programmen zu erkennen, wäre damit ein großer Schritt getan. Helfen soll dabei ein Codescanner.

Nicht nur Firmen, auch Privatleute können von Cyberangriffen betroffen sein: Stichwort Smarthome. Die Technik sei störanfällig, Funksteckdosen zum Beispiel können durch PCs in der Nachbarschaft lahmgelegt werden, so Jonas. Manches Problem klingt banal, hat aber Folgen: Wer per Fingerabdruck seine Haustür öffnen möchte, kommt vielleicht mit schmutzigen Händen nicht hinein.

Um die Sicherheit im sogenannten Internet der Dinge sei es ebenfalls nicht gut bestellt. Die computergesteuerte Heizung, der Kühlschrank mit Internet-Verbindung funktionierten nur mit integrierter Software, „und der Hersteller denkt nicht an die Updates“. Gleichwohl biete die Technik immense Vorteile, vernetzte Rauchmelder etwa: Wenn sie kommunizieren, meldet der aus dem Untergeschoss an den im Obergeschoss, dass es im Keller brennt. Jonas: „Und so kann ich im Schlafzimmer das Signal hören.“

Geld vom Bund

Auf Initiative der Fraunhofer-Gesellschaft entstand das Lernlabor Cybersicherheit an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (FH) am Campus Sankt Augustin. Es ist eines von sechs Laboren in ganz Deutschland und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit sechs Millionen Euro jährlich gefördert.

Die Seminare des Lernlabors richten sich an öffentliche Einrichtungen und Behörden und an Organisationen, die mit der Abwehr oder der Aufklärung von Computer-Straftaten befasst sind. Ferner an Betreiber von vernetzten IT-Infrastrukturen.

Die Fortbildung kostet pro Tag und Person 600 Euro. Sie soll dem Fachkräftemangel vorbeugen. Die FH-Studenten, die sich aktuell mit IT-Sicherheit befassen, hätten hervorragende Jobaussichten, betonten die Gastredner vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, dem Fraunhofer-Institut, der Hochschule selbst und auch Thomas Tschersich von der Deutschen Telekom: „Sie müssen nur Cyber sagen, schwupp haben sie zehn Angebote.“

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