FlugplatzDie Heimat der Hungerkünstler

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Rundgang mit Flugplatz-Geschäftsführer Walter Wiehlpütz, Landrat Kühn und Christoph Rüter (v.l.)

Rundgang mit Flugplatz-Geschäftsführer Walter Wiehlpütz, Landrat Kühn und Christoph Rüter (v.l.)

Sankt Augustin – Die Heide als solche galt immer als Land der armen Leute. Ihre sandigen Böden genügen den Ansprüchen der Landwirtschaft nicht, weswegen sie als Besitztum nie interessant war. Und zur Bebauung taugt sie – aus denselben Gründen – auch nicht wirklich. So wundert es nicht, dass ihr Grund und Boden vielerorts zur Beherbergung von Anlagen dient, für die „besseres Land“ verschwendet wäre. Flughäfen zum Beispiel, oder militärische Übungsplätze. Wie es die Wahner Heide vereint.

Das ist die eine Seite der Medaille. Wie die andere aussieht, erläutert Christoph Rüter vom Amt für Natur- und Landschaftsschutz des Rhein-Sieg-Kreises in der Hangelarer Heide, der Heimat von Deutschlands ältestem Verkehrslandeplatz. Aus seiner Sicht nämlich beherbergt das rund 370 000 Quadratmeter große Areal viele Reichtümer, die sich hier nur deshalb entfalten können, eben weil der Mensch sich nie so richtig für die Heide interessiert hat. „Artenreiche Magerweiden“ nennt sich das im Fachjargon, denn zahlreiche seltene Pflanzen- und Tierarten haben sich hierhin zurückgezogen. „Echte Hungerkünstler“, wie Rüter sie nennt. Spezies, die mit wenig auskommen und die andernorts immer weiter zurückgedrängt werden.

Die wohl kapriziöseste Pflanze, die sich auf und rundum den Flugplatz ausbreitet, ist die Heidenelke mit ihren purpurnen, fünfzähligen Blüten, die zwischen zehn und 40 Zentimeter hoch wächst. Je nach Saison bildet sie in Hangelar regelrechte Blumenfelder, die weithin als lilafarbene Tupfer sichtbar sind. Laut Rüter handelt es sich um eines der größten Vorkommen in ganz Nordrhein-Westfalen, wo die Heidenelke zu den geschützten Arten zählt. Hin und wieder gesellt sich auch eine gelbe Blüte hinzu. Dabei handelt es sich um den Hornklee, der zwar weniger selten ist, dafür aber Farbpalette bereichert. Eine weitere Pflanze, deren Blüten farblich ebenfalls zwischen lila und purpur liegen, ist weniger etwas für das Auge, als vielmehr für die Nase. Bei ihrem Anblick schaltet sich Rüters Chef ein, Landrat Frithjof Kühn. „Das können Sie auf Ihre Pizza streuen“, erläutert der Verwaltungschef. Es handelt sich um wohlriechenden Zitronenthymian, der zwar winterhart ist, in Deutschland aber auch nicht allerorten gedeiht.

Kühn besucht den Flugplatz in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender. Und er betont, dass die Natur sich hier ausschließlich aufgrund der jetzigen Nutzung entfalten könne. Nur so werde verhindert, dass der Mensch die Heide in Beschlag nehme – und die seltenen Art möglicherweise verdrängt. „Außerdem“, so Kühn, „handelt es sich um eine der größten offenen Freifläche im gesamten Ballungsraum Köln/Bonn“. Seine Botschaft ist klar: Wer sich etwa wegen des Lärms von Hubschraubern, Gyrocoptern oder Motorfliegern gegen den Flugplatz aufstelle, der stelle auch das Biotop in Frage. In Hangelar also seien Naturschutz und Flugbetrieb kein Widerspruch, vielmehr bedinge das eine das andere.

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