Auftritt in SiegburgPurple Schulz über das Älterwerden und sein aktuelles Lebensmotto

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Purple Schulz mit seiner Frau „Eri“ Erika, mit der er seit 2011 gemeinsam seine Texte schreibt.

Purple Schulz mit seiner Frau „Eri“ Erika, mit der er seit 2011 gemeinsam seine Texte schreibt.

Siegburg – Freitag kommt Purple Schulz um 21 Uhr ins „Kubana“ nach Siegburg. Ralf Rohrmoser-von Glasow hat mit ihm zuvor über sein Leben und seine Musik gesprochen.

Purple Schulz wird 60 Jahre alt. Und jetzt? Weise oder wild?

Weise? Sagen wir mal lieber „immer noch neugierig“. Mit der Wildheit hält es sich in Grenzen. Auch wenn Sechzig das neue Vierzig ist: Man spürt ja doch, dass man nicht jünger wird. Mein Keyboard scheint von Jahr zu Jahr schwerer zu werden und einen Leistenbruch habe ich mir deswegen auch schon eingehandelt. Aber solange ich noch von meinem Klavierhocker springen kann, tu ich das. Das Schöne ist ja, dass ich mir mein Alter nicht ansehe (lacht).

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Du hast in deinem bewegten Musikerleben viele Höhe- und Tiefpunkte erlebt.

Großartig war es für mich, im Sommer 1989 in der DDR getourt und die Zeit des Umbruchs so hautnah miterlebt zu haben. Niederschmetternd war zum Glück nichts, obwohl es einige sehr heftige Einschnitte gab, über die ich in meinem Buch „Sehnsucht bleibt“ geschrieben habe. Aber es bremst mich immer für einen Moment aus, wenn wunderbare Kollegen sterben, mit denen ich eben noch auf der Bühne stand. Und das passiert leider immer öfter.

Purple Schulz war immer Purple Schulz. Wie geht das, in diesem beinharten Business?

Ich habe eine wunderbare Frau, die mich erdet. Mit Eri bin ich dreißig Jahre zusammen, und es war 2011 die beste Entscheidung meines Lebens, zukünftig mit ihr zusammen Songs zu schreiben. Und wir haben beschlossen, diesen Wahnsinn des Business nicht mitzumachen. Was natürlich auf eine gewisse Art auch schon wieder wahnsinnig ist, wenn man alles selber macht (lacht). Aber dafür kann man sich die Leute aussuchen, mit denen man zusammen arbeitet.

Dein jüngstes Album ist bei Dir zu Hause entstanden. Gibt es bald das nächste?

Das neue Album kommt im nächsten Frühjahr und heißt „Der Sing des Lebens“. Und als Bonus für die Fans nehmen wir derzeit auf der Tour noch ein paar Livetracks auf.

Du hast thematisch immer aufgearbeitet, was Dich intensiv beschäftigt. Kannst Du das immer weiter?

Das ist der Grund, warum ich das hier überhaupt mache. Mein aktuelles Programm heißt „Der Kleine mit dem Unterschied“. Und der Unterschied ist nicht nur die thematische, sondern auch die musikalische Bandbreite. Mit meinem fantastischen Gitarristen und Violinisten Markus Wienstroer kann ich Stücke auf die Bühne bringen, die ich im Duo für unspielbar hielt. Es wird wieder richtig in die Tiefe gehen und sehr emotional werden, mit neuen Songs und teilweise lange nicht mehr aufgeführten Stücken, die ich in einen aktuellen Kontext setze. Und es gibt eine meiner Überraschungsnummern. Diesmal stelle ich das Publikum dabei auf den Kopf, es kommt regelrecht zu einer kognitiven Dissonanz, über die ich mich jeden Abend köstlich amüsiere. Ich will ja Songs schreiben, die etwas in Gang setzen. Wenn mir die Leute nach den Konzerten erzählen, welche Lieder ihnen über eine schwere Krise geholfen haben, dann ist das für mich das schönste Kompliment. Musik kann ja sogar heilen.

Du hast deine Autobiographie geschrieben. Bist Du nicht zu jung?

Zu jung? Letztes Jahr ist mein Freund und Kollege Hajo Hoffmann gestorben, der auf meinem letzten Album mitgespielt hat. Der war ein paar Jahre jünger als ich. Mit sechzig weiß ich, dass ich nicht mehr ewig Zeit habe. Aber ich wollte keine Autobiografie schreiben, sondern mich damit befassen, was eigentlich aus meiner Sehnsucht geworden ist. „Sehnsucht“ war mein größter Hit, aber dieser Text ist ja vor 33 Jahren sehr intuitiv und assoziativ entstanden. Ich mochte ihn ja noch nicht einmal, weil er mich so an den Nachkriegsschlager erinnerte. Und der war definitiv nicht meine Musik. Ich war damals ein junger Mann, der in diese Welt keine Kinder setzen wollte. Und heute habe ich drei Kinder und vier Enkel. Mich interessierte, wie es dazu kam, was diese letzten 60 Jahre Deutschland mit mir gemacht haben. Welche Sehnsüchte wurden erfüllt, welche sind geblieben? Darum wurde es zwangsläufig auch ein politisches Buch, in dem ich gleich zu Beginn davon erzähle, wie es sich anfühlt, wenn man eine Pistole an die Schläfe gedrückt bekommt.

Was dürfen Deine Fans von Dir noch erwarten?

Was ich machen will, mach ich jetzt und schiebe es nicht auf die lange Bank. Aber etwas, was ich nicht mache, sind Versprechungen. Ich habe Leonard Cohen mit 76 Jahren auf der Bühne erlebt und er hat mich begeistert. Ich habe von ihm gelernt, dass es kein Rentenalter gibt, wenn man gut ist. Das ist also eine Option. Na gut, ein Versprechen mach ich: ich hör nicht auf „Ich will raus!“ zu brüllen. Denn drinnen darf man ja nirgendwo mehr rauchen… (lacht)

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