SpendenplattformEitorfer entwickelt bundesweites Online-Portal gegen Spendenchaos

Lesezeit 4 Minuten

Rhein-Sieg-Kreis – Winterkleidung für Herren in kleinen Größen, warme Schuhe in den Größen 41 bis 43: Das sucht die Eitorfer Kleiderstube für Flüchtlinge derzeit händeringend. In Hennef dagegen sind Kleidung, Nahrung und Windeln für Babys und Kleinkinder gefragt. In Siegburg werden Koffer und Taschen benötigt. In Troisdorf dagegen platzen die städtischen Lager aus den Nähten, Sachspenden können gar nicht mehr angenommen werden.

Ein solches Spendensystem mit derart unterschiedlichen Anforderungen und Nöten, so hat sich der Eitorfer Ulrich Collatz gedacht, muss optimiert werden. Und zwar kommunenübergreifend: „Wenn einer hier in Eitorf zwölf funktionierende Kühlschränke abzugeben hat, und in Windeck welche gebraucht werden, dann wäre es doch gut, wenn der eine vom anderen wüsste.“ Und so setzte sich der ehemalige Logistikmeister der Bundeswehr an seinen Computer und entwickelte ein Online-Portal für Sachspenden. So, hat sich der 50-Jährige überlegt, könnten Spenden gezielt abgefragt werden und müssten nicht in überfüllten Lagern Staub ansetzen, wenn sie vielleicht nur wenige Kilometer entfernt gebraucht werden. „Ich bekam ja mit, dass es zunehmend Probleme gibt, Spenden anzunehmen, weil es nicht ausreichend Lagerkapazität gibt“, erzählt er. „Bei Kleidung mag das noch gehen, sie auch bei wenig Lagerraum noch unterzubringen, aber bei großen Möbeln müssen Hilfsorganisationen oft abwinken. Ich wollte selber Küchengeräte spenden, aber die Eitorfer Flüchtlingshilfe hatte keinen Platz.“

Spenden zu den Kleiderstuben oder Möbellagern zu bringen oder abholen zu lassen, das ist in dem von ihm entwickelten Spendenportal „EHMD-Flüchtlingshilfe“ erst der zweite Schritt. Auf der Internetseite kann jeder Anbieter die Spende mit Foto und Beschreibung einstellen. Die Kategorien reichen von Sachspenden – Bekleidung, Bettwäsche, Möbel, Spielzeug, Kochgeschirr oder Computer – über Kurse, Fahrgemeinschaften, Umzugshelfer, Schreibarbeiten bis hin zu Angeboten von Wohnraum und Jobs.

Gezielte Suche möglich

Angeboten werden kann deutschlandweit, so dass Kommunen gezielt nach benötigten Dingen suchen können. „Ich habe Bürgermeister und Landräte angeschrieben, um auf das Portal aufmerksam zu machen“, berichtet Collatz. „Gemeinnützige Organisationen sparen schließlich Geld und können effektiver helfen, wenn sie die Dinge schnell bekommen, die sie brauchen.“ Eitorfs Verwaltungschef Dr. Rüdiger Storch sieht in dem Online-Portal „eine wertvolle Ergänzung“ zu dem bisherigen Handling für Sachspenden: „Ich hoffe, dass sich dieses System durchsetzen wird“.

Privatleute können bei dem kostenfreien Portal allerdings nur Spenden anbieten, aber keine Waren entgegen nehmen. Das bleibt den offiziellen Stellen vorbehalten: „Um Missbrauch den Riegel vorzuschieben.“

Nach einem ähnlichen Prinzip arbeitet das Flüchtlingsnetzwerk Lohmar. Auf seiner Internetseite „Rettesichwerkann“ werden Möbelspenden mit Foto und Beschreibung angeboten, weil es keinen Lagerraum für Sofas, Betten oder Kleiderschränke gibt. Auch hier läuft der Kontakt zwischen Spender und Empfänger über die Hilfsorganisation. Die vermittelt auch Helfer für den Transport. „Hilfe zur Selbsthilfe“, nennt das Teamleiterin Manu Gardeweg. Sie und ihre Stellvertreterinnen Sandra Marxmeier und Julia Clijsters haben einen guten Überblick über die Bedürfnisse ihrer Schützlinge. Sie pflegen als Ansprechpartnerinnen den Kontakt zu den Flüchtlingen in den Unterkünften, engagieren sich in Sprachförderung und bei der Suche nach Beschäftigung. In den sechs Kleiderlagern des Flüchtlingsnetzwerks stapeln sich die Kartons, ordentlich beschriftet nach Inhalt: Warme Jacken Damen, Pullover Herren, Kinderkleidung, Shampoo, Bettwäsche, Spielzeug für Mädchen, Spüli. Zehn ehrenamtliche Helfer in den Lagern sortieren die Kleiderspenden, zwölf Mitarbeiter aus Reihen der Flüchtlinge helfen beim Entladen der Lkw. Für diese gemeinnützige Arbeit bekommen sie 1,50 Euro in der Stunde.

Vernetzung auf verschiedenen Ebenen

Manu Gardeweg setzt auf Vernetzung: Sowohl auf menschlicher als auch auf virtueller Ebene. Die Ehrenamtler tauschen sich in den sozialen Netzwerken aus, haben Facebook-Gruppen gegründet und erfahren so zum Beispiel von besonderen Notfällen, denen sie schnell helfen müssen und meist auch können. Mit dem Troisdorfer Frauenhaus besteht eine enge Zusammenarbeit, aber auch mit anderen Hilfsorganisationen wie Caritas, SKM, Awo und den Tafeln. Bis hin nach Hessen und Norddeutschland reichen die Verbindungen. „Aus Hessen bekommen wir jetzt Kindersitze, dafür habe ich aus Hamburg Winterkleidung für Herren in kleinen Größen organisiert“, erzählt Gardeweg.

40 Dolmetscher stehen dem Lohmarer Flüchtlingsnetzwerk aktuell zur Verfügung, Tüftler engagieren sich gemeinsam mit den Flüchtlingen in der Rad-AG, andere Ehrenamtler bieten Aufklärungsarbeit zur Flüchtlingssituation für deutsche Kinder in den Schulen an. Im Februar gehen zwei neue Bereiche an den Start: eine Job-Vermittlung und eine Unterstützungs-Plattform bei der Wohnungssuche. „So ein Netzwerk“, sagt Manu Gardeweg, „lebt einfach von seinen Mitgliedern.“

www.ehmd.net/fh

www.rettesichwerkann.de

KStA abonnieren