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Industriemeisterschule in TroisdorfAdieu nach fast 50 Jahren

Lesezeit 3 Minuten
Herbert Kürten war fast 50 Jahre lang Lehrer an der Industriemeisterschule Troisdorf, seit 1993 war er deren Leiter. Nun wurde er verabschiedet, seine Nachfolgerin ist Claudia Weißenfels.

Herbert Kürten war fast 50 Jahre lang Lehrer an der Industriemeisterschule Troisdorf, seit 1993 war er deren Leiter. Nun wurde er verabschiedet, seine Nachfolgerin ist Claudia Weißenfels.

Troisdorf – Vor 52 Jahren wurde die Industriemeisterschule in Troisdorf gegründet, nur vier Jahre später stieß Herbert Kürten als Referent zum Team des Weiterbildungsinstituts.

1984 wurde Kürten stellvertretender Schulleiter, 1993 trat er als Leiter an die Spitze. Mehr als 4500 geprüfte „Industriemeister Metall“ haben in all den Jahren die Schule absolviert – nun sagte Herbert Kürten selbst adieu: Mit einem Empfang wurde er in den Ruhestand verabschiedet.

„Es wurde Zeit, dass jüngere Menschen rankommen“, sagte Kürten; fast 75 Jahre sei er nun alt. 10 000 Beschäftigte habe allein sein Arbeitgeber Dynamit Nobel AG gehabt, als er – nebenberuflich, wie alle Referenten der Schule – 1968 seinen Dienst antrat, erinnerte sich Kürten.

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4800 Euro Gebühren

Eine „Schule ohne Gebäude“ ist die Industriemeisterschule Troisdorf: Alle Kurse finden im Berufskolleg des Rhein-Sieg-Kreises an der Georg-Kerschensteiner-Straße in Sieglar statt.

Träger der Schule, die vor mehr als 50 Jahren die ersten Industriemeister in ganz Deutschland entlassen konnte, sind die Stadt Troisdorf und die Industrie- und Handelskammer. „Ohne öffentliche Zuschüsse“ komme das Institut aus, gewirtschaftet wird ausschließlich mit den Lehrgangsgebühren. Die liegen derzeit bei 4800 Euro.

Voraussetzung für den Besuch der Schule ist eine abgeschlossene Ausbildung der Fachrichtung Metall, Mechatronik oder Kunststoff und Kautschuk; alternativ kann auch eine adäquate Berufserfahrung nachgewiesen werden. Bis zur Prüfung absolvieren die Lehrgangsteilnehmer in Vollzeit – binnen zehn oder elf Monaten – oder in Teilzeit – dann dauert der Lehrgang drei Jahre – 1100 Stunden Unterricht. (dk)

Mitte der 80er-Jahre wurden die ersten Vollzeitlehrgänge eingerichtet, 1988 auch Kurse geschaffen, die Ford-Mitarbeitern im Schichtdienst das Absolvieren der Meisterkurse ermöglichten. Ein Modell, das bis heute funktioniert: In den Frühschichtwochen gibt es Unterricht, in Spätschichtwochen ist unterrichtsfrei bis auf Samstag.

Die Großindustrie sei aus Troisdorf verschwunden, sagte der Erste Beigeordnete Heinz Eschbach, der als Schuldezernent zugleich Vorsitzender der Zweckverbandsversammlung ist.

Aber auch die Mittelstandsindustrie habe Bedarf an qualifiziertem Personal, das nach dem Gesellenbrief und einem Jahr Praxis nun nach Meisterbrief und Ausbildungserlaubnis im Fachbereich Metall, aber auch Kunststoff und Kautschuk strebt.

Diesen Bedarf zu erfüllen, ist allerdings mit Mühen verbunden, wie der scheidende Schulleiter sagte: „Wir tun uns immer schwerer, das erforderliche Wissen zu vermitteln.“ So mancher Teilnehmer an den Kursen brauche das Mobiltelefon für die Grundrechenarten.

Als Referenten indes, und darauf ist auch Kürtens Nachfolgerin Claudia Weißenfels stolz, sind nur Praktiker aus der Industrie tätig. „Wir kommen alle aus dem Betrieb“.

Weibliche Schülerinnen allerdings unterrichten sie kaum: Zwei junge Frauen sind derzeit als Lehrgangsteilnehmerinnen eingeschrieben. Aber vielleicht ändert sich das ja auch: „Wirtschaft 4.0 ist ein Thema“, sprach die neue Schulleiterin die Herausforderungen der Digitalisierung an. „Das wird die Arbeitswelt verändern – wir sind dafür gut aufgestellt.“

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