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TroisdorfAusstellung „Keep on walking“ – deutliches Statement zum Thema Flucht

Lesezeit 3 Minuten

Troisdorf – Nie ankommen, nicht stehen bleiben, immer weiter laufen: Fortwährende Bewegung ist der Malerin Jette Jertz vertraut.

Im Kunsthaus an der Mülheimer Straße eröffnete sie jetzt ihre Ausstellung „Keep on walking“, als deutliches Statement zum derzeitigen Thema Nummer 1 der Republik: Flucht und Flüchtlinge.

Stark in der Wirkung sind ihre Arbeiten. Etwa, wenn sie ein Dutzend zielstrebiger Männer über Europa hinwegeilen lässt, immer weiter Richtung Westen.

Ein anderes Bild zeigt einen Afrikaner in selbstbewusster Haltung, der sich seiner Zukunft sicher zu sein scheint – auch wenn er an den Füßen nur ein paar billige Kunststoff-Clogs trägt.

Ebenfalls vor eine alte Europakarte hat Jertz einen Mann gesetzt, der sein Gesicht unter der Kapuze seines Pullovers verbirgt. Müdigkeit oder Verzweiflung könnten der Grund sein, jedenfalls stellt auch dieses Bild eine Aufforderung zur Auseinandersetzung mit dem Thema dar.

Schuhe als Sinnbilder

Und das ist durchaus beabsichtigt. „Umziehen und entwurzelt sein“, das ist für die 43-Jährige ein „Lebensthema“. Sie könne mit dem Unverständnis, das in Deutschland vielen Flüchtlingen entgegenschlage, nichts anfangen. Bei ihr treffe deren Lage „auf eine Resonanz“.

Schon als Kind habe sie mit ihren Eltern oft Wohnort und Schule wechseln müssen und für diese Ortswechsel als Erwachsene Bilder gefunden: Ölbilder zeigen in Grau- oder Blautönen deutliche aber auch verwischte Konturen – Erinnerungen an lange Autofahrten und vorbeiziehende Landschaften.

Schuhe tauchen immer wieder in ihren Bildern auf, etwa sinnbildlich für lange Wanderungen bei einer rastenden Gruppe von Flüchtlingen.

Oder auf mehreren älteren Arbeiten, bei denen Jertz die eigenen, von sich gestreckten Füße in verschiedenen Ländern fotografierte, um sie später in ihrem realistischen wie ausdrucksstarken Stil auf Leinwand zu malen.

Zur Person

In Essen-Kettwig wurde Jette Jertz 1973 geboren, sie lebt in Troisdorf. Sie studierte zunächst an der Alanus-Kunsthochschule in Alfter, dann Sonderpädagogik und Kunsterziehung in Köln, wo sie in heilpädagogischer Psychologie promovierte. Dr. Jertz arbeitet als freischaffende Künstlerin und auch als Sonderpädagogin. Sie ist Dozentin der Kreativ-Werkstatt in Troisdorf, Mitglied im Kunstverein Rhein-Sieg-Kreis und hat ein Atelier im Kunsthaus Troisdorf.

Keep on walking ist bis Sonntag, 16. Oktober, im Kunsthaus an der Mülheimer Straße 23 zu sehen. Zur Finissage ist um 11.30 Uhr eine Künstlerführung geplant. Das Kunsthaus ist samstags von 15 bis 18 Uhr sowie sonntags 11 bis 14 Uhr und nach Vereinbarung unter 02241/126 15 81 geöffnet. (ah)

Ungewöhnlich ist der Untergrund, auf dem viele Arbeiten entstanden. Oft nutzte die Malerin Pappunterlagen aus ihrem Atelier, auf denen sich Farbspritzer oder auch größere Flächen gesammelt haben. Einige dieser Zufallsprodukte ergaben Räume, in die die Malerin nur ihre Akteure setzen musste. Beispielsweise eine afrikanische Frau, die sinnierend auf eine nacktes, davonlaufendes Paar blickt, ganz offensichtlich Adam und Eva bei der Vertreibung aus dem Paradies. Diese Darstellung zitiert ein berühmtes Bild des italienischen Malers Masaccio (1401 bis 1428). Die Silhouette der Beobachterin findet sich skizzenartig auf einer von 24 Landkarten wieder, die Jertz mit Gruppen von Flüchtlingen übermalte.

Aus gar 196 einzelnen Bildern, ebenfalls Landkarten, besteht eine Arbeit, zu der sie Landkarten mit den auf Klebezettel geschriebenen Namen von Staaten versehen hat. Auch diese Arbeit drückt das Lebensgefühl der Malerin aus: „Ich habe mich entschieden, weltoffen zu sein. Egal wo ich hinkomme, fühle ich mich zu Hause.“

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