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TroisdorfHengst Heinrich lässt Wolle – so waren Herbstmarkt und Erntedankfest

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Troisdorf – Menschen, die Alpakas halten, „ernten“ mit der elektrischen Schere. Sie tun das im Frühjahr, und das Ergebnis ihrer Arbeit erscheint in 22 verschiedenen Naturtönen.

Was man daraus alles machen kann, zeigte Corinna Bartsch aus dem Westerwald beim Erntedankfest an der Burg Wissem. „Ich spinne“, sagte die Diplom-Agrarbiologin selbstironisch – „manchmal auch einen Faden“.

Vor sieben Jahren hatte sie die ersten zwei Alpakas gekauft, bei neun Tieren musste sie Schluss machen. „Wegen Platz, Zeit und Geld“; doch Wolle fällt nun einmal jedes Jahr an.

„Wilma ist ein bisschen eine Zicke, hat aber glatte Haare“, verriet Corinna Bartsch den Umstehenden, Hengst Heinrich liefert Rohstoff für das Spinnrad in Dunkelgrau.

„Es ist sinnlich und absolut entspannend“, schwärmte Bartsch vom Tun am Spinnrad, das sie auch unterrichtet. Wirklich geplant war das aber nicht: „Plötzlich ist man umringt von Menschen und macht etwas, von dem man nie glaubte, dass man es tun würde“.

Neugierige Zuschauer hatte stets auch Hartmut Engels im Burghof: Der heute 75-Jährige aus Bergheim demonstrierte sein Können an der Drechselmaschine.

„Ich drechsele Pilze aus Robinienholz und verschenke sie an die Kinder“, erzählte er den Interessierten. Immer habe er Spaß am Holz gehabt, sagte der gebürtige Berliner; seit 27 Jahren drechselt er nun.

Heimische Hölzer

„Sie sehen hier nur heimische Hölzer“, zeigte er auf das Warensortiment aus rot geflammtem Wacholderholz oder überraschend grau getönter Eiche. Schalen und Gewürzmühlen entstehen auch aus Hölzern, in denen Baumpilze ihre Spuren hinterlassen haben.

„Jede wird anders“, so Engels, der als Rentner „nicht davon leben muss“. Verschenken kann er freilich nur die Pilze – allein die Mahlwerke aus der Schweiz hätten einen stolzen Preis, erzählte er.

Kostenlose Genüsse gab es dennoch reichlich im Burghof, entlang der Burgallee und auf der großen Wiese: Adele Wischner und die anderen Mitstreiter vom Portal Wahner Heide luden die Kinder zum Malen ein, musikalisch unterhielten unter anderem Jagdhornbläser die Besucher. Alle Anbieter ließen auch erst einmal probieren, bevor sie kostenpflichtige Mengen an die Kunden abgaben.

Vergängliche Kunst entstand derweil auf der Burgwiese: Alfred Schönfelder, den seine Visitenkarte als „Künstler, Musiker, Boxer und mehr“ ausweist, verzauberte vor allem die jüngsten Besucher mit riesigen Seifenblasen. „Mama macht so kleine Gurken“, spottete er; „hat die Welt so was schon gesehen“, freute er sich mit seinen kleinen Helfern über besonders gelungene Exemplare – ein jedes anders als das vorige.

Das gilt auch für die Arbeiten von Katja Weber, die beim Herbstmarkt in der Fußgängerzone ihren Stand hatte. Die gelernte Intensivkrankenschwester hatte sich nach der Geburt ihrer Tochter Louisa vor sechs Jahren an die Nähmaschine gesetzt. Inzwischen verkauft sie ihre Produkte. Noch arbeitet die inzwischen zweifache Mutter im Keller ihres Hauses auf der Hütte. Ab Januar wird sie ein Geschäft in der Hippolytusstraße führen. „Ich bin schon sehr nervös“, gab sie zu. „Aber ich freu mich auch riesig drauf.“ Von der heimischen Handarbeit war es am Wochenende nur ein Katzensprung zu Weitgereistem: Korbwaren aus Madagaskar, entstanden in einem Sozialprojekt, bot ein Niederkasseler Händler gleich neben Gewürzen aus aller Welt an.

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