VernetzungSo digital geht es in den Bussen im Rhein-Sieg-Kreis zu

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RSVG-Verkehrsplaner Michael Pohlmann bedient den Drucker, den zentralen Prozessor eines Busses.

RSVG-Verkehrsplaner Michael Pohlmann bedient den Drucker, den zentralen Prozessor eines Busses.

Rhein-Sieg-Kreis – Vier Punkt Null. Für die einen verbirgt sich dahinter die kommende industrielle Revolution mit dem Aus für viele Berufe, die anderen sehen eher die Vielzahl technischer Möglichkeiten, die die Vernetzung intelligenter Systeme bietet.

Auch Michael Reinhardt, dem Geschäftsführer der Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft, ist das Kürzel vertraut. Wenn auch in den Kombinationen Mobilität 4.0, ÖPNV 4.0 oder Bus 4.0. Und anhand der Busse schildert er sehr anschaulich, wie es um die Digitalisierung im Unternehmen steht.

Klein und grau 

Bei der RSVG wird ein schlichter dunkelgrauer Kasten mit einem etwa I-Pad-großen Monitor schlicht Drucker genannt. Seit 2009 steht er just dort, wo früher der mechanische Münzwechsler stand. Aber er ist ein digitaler Alleskönner, der weit mehr ausspuckt als Fahrscheine.

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Reinhardt spricht auch vom „zentralen Bordrechner der Busse“, der Barcodes lesen kann, die Position des Busses an die Leitstelle in Troisdorf-Sieglar meldet und so auch die Daten liefert, die auf digitalen Echtzeit-Anzeigen an Haltestellen erscheinen.

Sogar die Beeinflussung von Ampelschaltungen ist mit den Geräten möglich und läuft bereits im Testbetrieb. Nicht nur die Weitergabe von Daten ist wichtig, sondern auch Kontrolle und Auswertung. „Wir sehen so, wie pünktlich die Busse sind, und ob es wiederkehrende Verzögerungen gibt.“ Lassen sich diese nicht abstellen, könne dies auch auch eine Änderung des Fahrplans zur Folge haben.

Schlechte Zeiten für Trickser 

Keine Chance hat mehr, wer sich mit einem gestohlenen oder abgelaufenen Ticket die Fahrt mit dem Bus erschleichen will: Diese werden durch den Prozessor im Bus erkannt. Die dafür nötigen Daten werden per WLAN aus dem bordeigenen Rechner ausgelesen beziehungsweise auf diesen hochgeladen.

Bus wartet auf Bus

Dank der an die RSVG-Leitstelle gemeldeten Daten kann ein Busfahrer auf unerwartete Ereignisse reagieren: etwa auf die verspätete Ankunft eines zweiten Busses an einem sogenannten Rendezvouspunkt, der den Passagieren umgehendes Umsteigen erlaubt. Oder er kann ein paar Minuten auf einen verspäteten Zug der Deutschen Bahn warten, in dem erfahrungsgemäß viele Umsteiger für die RSVG sitzen.

Bus ohne Fahrer

Fahrerlose Busse werden in gar nicht so ferner Zukunft kommen, da ist sich Reinhard sicher. Allerdings sei ihr Einsatz in der Region mit vielen engen Straßen sehr schwierig. In Preußen, so der gebürtige Berliner Reinhardt, sei das anders: Dort habe man die Straßen so gebaut, dass „23 Grenadiere nebeneinander marschieren können“. Fahrerlose Technik sieht Reinhardt eher für kleinere Fahrzeuge, die als Taxi-Bus oder Anrufsammeltaxi eingesetzt werden.

Immer weiter Netzespinnen 

Immer weiter fortgeführt werde die Vernetzung mit anderen Unternehmen und Verkehrsverbünden, was für gemeinsame digitale Informationsangebote wichtig ist. Im Verkehrsverbund Rhein-Sieg sei diese besonders fortgeschritten, wie auch mit den Bonner SWB. Mitfahrzentralen oder Car-Sharing-Angebote könne man mit dem ÖPNV vernetzen, insbesondere in ländlichen Gebieten. In Großstädten zeichne sich ab, dass das Auto für junge Leute seine Bedeutung als Statussymbol einbüße.

Ganz schön unter Strom

Im kommenden Jahr will Reinhardt die ersten drei Hybrid-Busse der RSVG in Betrieb nehmen, die sowohl mit Dieselmotor als auch Batterie/Elektroantrieb fahren. Auch hierbei ist Vernetzung wichtig: Daten wie zum Ladezustand und Störungen würden direkt aus dem Fahrzeug an den Hersteller gemeldet. „Das kann so weit gehen, dass auch sofort eine Meldung an die Werkstatt geht“, schildert Reinhardt. Die Fehlersuche könne dann schon beginnen, bevor ein Mechaniker den Bus gesehen hat. Eher abwarten heißt die Devise bei reinen E-Bussen, die nur mit Batterie unterwegs sind. Diese seien noch problematisch, da die Reichweite mit 200 bis 300 Kilometern schwanke, in Abhängigkeit von der Witterung. Ein 18 Meter langer E-Gelenkbus sei dabei mit mehr als 700 000 Euro doppelt so teuer wie ein herkömmlicher Diesel. Zudem gebe es erst 2018 die ersten Modelle von großen, namhaften Busherstellern. „Wir können alles ausprobieren, da haben wir auch die Rückendeckung der Politik“, sagt der Geschäftsführer. Aber er müsse stets auf die Kosten und günstige Tarife für die Kunden achten.

Beruf mit Zukunft

Arbeitsplätze sieht Reinhardt bei der RSVG mit ihren 470 Mitarbeitern nicht in Gefahr. In Linienbussen zumindest werde es weiterhin Menschen am Steuer geben. „Wir sehen die Fahrer auch als Aushängeschild für die RSVG. Sie sind im unmittelbaren Kontakt mit dem Kunden und können zu Fahrplänen und Tarifen beraten.“ Die Digitalisierung sieht Reinhardt bei allen Möglichkeiten durchaus gelassen, als Prozesse, die miteinander verknüpft werden. Aber nicht als „Wandel auf Knopfdruck“.

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