CaritasNeustart mit Hand und Fuß

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Der Jugendintegrationsdienst der Caritas hilft den Teilnehmern unter anderem  durch Geduldsspiele

Köln – Einfach mal fallen lassen. Mit verbundenen Augen und rückwärts in die Hände eines anderen. Im Garten des Gemeindezentrums an der Thomaskirche in Köln-Meschenich steht eine Gruppe junger Geflüchteter und übt genau das. Auf das Kommando zweier Trainer lassen sie los, und die Partner hinter ihnen übernehmen die Verantwortung. So lernen sie Vertrauen zu fassen. In andere, aber vor allem in sich selbst. Die Übung ist Teil des Workshops „Hand und Fuß – für einen selbstbewussten Start“, den der Jugendmigrationsdienst (JMD) der Caritas durchführt und für den er finanzielle Unterstützung sucht.

Hier lernen junge Menschen, zusätzlich zum Besuch der klassischen Schule, ihre Stärken zu erkennen und erarbeiten gemeinsam mit anderen, welche Art von Arbeit für sie die richtige sein könnte – bis zur Bewerbungsmappe. Das Katholische Bildungswerk schult die Teilnehmer primär in deutscher Sprache. Doch um wirklich anzukommen, erfordere es mehr, erklärt Katja Wienpahl vom JMD das ergänzende Konzept. „Es sind Zutrauen, soziale Kontakte und berufliche Orientierung nötig, um seinen Platz in der Gesellschaft zu finden und sich Ziele zu setzen.“

Rollenspiele helfen beim Lernen

Mit den elf 16- bis 27-Jährigen erarbeitet Wienpahl Wünsche und Möglichkeiten für die Zukunft mit dem Ziel, einen Praktikumsplatz zu finden. Die Praxis-Übungen mit Trainern dienen der Selbsterfahrung, weil es eigene Kompetenzen aufzeigt und die Motivation steigert. Sie machen den jungen Erwachsenen aus Internationalen Klassen an weiterführenden Schulen und Berufsschulen in Köln aber auch klar: Es geht leichter gemeinsam. Und: Sie stehen nicht allein mit ihren Problemen wie Sprachlosigkeit oder Unsicherheit.

Bei der Begegnung bedienen sich die beiden Trainer, Thomas Kirschbaum und Martin Albers von der Initiative für Sozial- und Wirtschaftskompetenz (ISWK), spielerischer wie effektiver Methoden. In einer Übung mit Dachrinnen-Stücken etwa muss die Gruppe einen Golfball so von Stück zu Stück weiterlaufen lassen, dass er nicht zurückrollt, -fällt oder auch zu schnell vorwärts rollt, bis das nächste Stück am Ende ankommt, um in dem schwarzen Mülleimer zu landen. Es klappt beim fünften Mal. Auch das ist eine Lektion: „Es dürfen Fehler passieren. Wir wollen dazu ermutigen, Dinge auszuprobieren und nicht aufzugeben“, so Kirschbaum.

Geduld, Mut und Zeit gefragt

In den Rollenspielen zusätzlich zum klassischen Deutschunterricht sprechen sie die Teilnehmer aus dem Irak, der Türkei, Serbien und Eritrea auf einer emotionalen Ebene an. „Wir wollen ein Eisbrecher sein“, sagt Albers, der diese Übungen mit seinem Kollegen inzwischen in vielen Internationalen Klassen als ergänzendes Element zum klassischen Frontalunterricht anbietet. „Damit verankert sich Gelerntes besser. Und in anderen Rollen trauen sie sich mehr zu.“

Gedulds- und Geschicklichkeits-Spiele schärfen das Bewusstsein dafür, dass es neben Mut auch einen Plan, Ruhe und Zeit braucht, seinen Weg zu finden. Am Ende kann die 22-jährige Buhara Okur selbstbewusst sagen, dass sie gerne Schneiderin werden würde. Dalam Chooqee aus dem Irak träumt davon, im Kindergarten zu arbeiten und Landsfrau Ruaa Mohsen Abdal davon, Steuerfachgehilfin zu sein. Yonas Tikhan aus Eritrea, der für die Gruppe oft die Regie übernahm, hat einen Plan: „Ich möchte Ingenieur werden.“

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