Selbstbewusstsein kann unsympathisch wirken

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Astrid Schütz

Astrid Schütz

Mit Astrid Schütz sprach Kendra Stenzel über sicheres Auftreten und falsches Selbstbewusstsein. Die Professorin für Psychologie und Diagnostik schrieb ihre Dissertation über "Selbstdarstellung von Politikern".

KÖLNER STADT-ANZEIGER: Ein gutes Maß an Selbstsicherheit gilt oft als „halbe Miete“ im Berufsleben. Stimmt denn die Aussage: „Je selbstsicherer, desto besser?“

ASTRID SCHÜTZ: Nein! Es ist klar, dass niedriges Selbstwertgefühl ein Problem ist. Die Leute, die an sich selbst zweifeln, setzen sich zu niedrige Ziele, stellen die Sympathie und Liebe anderer in Frage. Man hat also lange angenommen, dass ein hoher Selbstwert von Vorteil ist. Mittlerweile weiß man jedoch: Es kommt nicht nur auf die Quantität des Selbstwerts an, sondern darauf, ob dieser stabil oder instabil ist. Es geht des weiteren darum, ob jemand Selbstakzeptanz zeigt oder seine Schwächen ignoriert.

Bei Bewerbungsgesprächen ist aber ein selbstbewusstes Auftreten sicherlich nicht hinderlich, oder?

SCHÜTZ: Selbstbewusstes Auftreten macht natürlich im ersten Moment Eindruck. Dann gibt es aber auch übertriebenes Selbstbewusstsein, das wirkt häufig abschreckend. Menschen, die keine Selbstzweifel kennen, wirken häufig unangenehm auf Dozenten, Arbeitgeber und Freunde.

Wie sollten denn Arbeitgeber oder Dozenten auf Menschen mit falschem Selbstwertgefühl reagieren?

SCHÜTZ: Ich persönlich gebe auf Referate und Prüfungen auch Rückmeldung zur Selbstpräsentation. Studenten sind oft dankbar für Feedback, weil sie nicht wissen, wie sie eigentlich ankommen. Die Selbsteinsicht auf diese Rückmeldungen ist natürlich unterschiedlich.

Wovon ist die Entwicklung des Selbstwertgefühls abhängig?

SCHÜTZ: Zunächst einmal wird es zu einem Drittel genetisch bestimmt. Weitere Faktoren liegen dann in der Kindheit, in der Formulierung von Lob und Kritik durch die Eltern. Im Jugendalter schwankt der Selbstwert meistens, im Erwachsenenalter wird er relativ stabil. Erlebnisse wie der Verlust des Jobs können jedoch jederzeit einen Einbruch des Selbstwertgefühls hervorrufen.

Wie können Menschen an ihrem Selbstwertgefühl arbeiten?

SCHÜTZ: Die Lektüre von Ratgeberbüchern wird oft als hilfreich empfunden. Manchmal hilft es bereits mal zu reflektieren und intensiv über sich nachzudenken.

Welchen Tipp können Sie Studenten mit auf den Weg geben?

SCHÜTZ: Wie gesagt, es ist wichtig, wie stabil der Selbstwert ist. Man sollte sich also unabhängig von der Bewertung anderer machen. Von Kritik, aber auch von Lob.

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