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Serienmörder in Hessen festgenommen

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Kripobeamte führen den mutmaßlichen dreifachen Frauenmörder zum Verhör.

Kripobeamte führen den mutmaßlichen dreifachen Frauenmörder zum Verhör.

Dillenburg / Köln - Den entscheidenden Tipp gab am Mittwoch ein entfernter Bekannter des mutmaßlichen Täters. Auf einem Phantombild in der Zeitung hatte er den 29-jährigen Fernfahrer wiedererkannt. Vor allem aber die Beschreibung der auffälligen Narbe am Bauch des Täters kam dem Zeugen bekannt vor.

Er rief die Polizei. Beamte nahmen den Verdächtigen kurz vor 19 Uhr auf der Straße fest, in Haiger, wo Marco M. bei einer Spedition arbeitet. Der kleine Ort liegt in Hessen, zwischen Siegen und Gießen. M. leistete keinen Widerstand.

In seiner ersten Vernehmung leugnete er die drei Morde und einen Mordversuch, berichtete Kriminalhauptkommissar Uwe Stegemann. Kurz darauf habe er sie dann doch zugegeben. „Er wurde immer blasser, immer unsicherer und legte schließlich ein umfassendes Geständnis ab. Er entspricht nicht den gängigen Klischees eines Mörders.“ Am 15. November

2003 soll der Vater eines zweijährigen Sohnes die Prostituierte Nicole U. in Köln in seinen Lastwagen gelockt, sie dort vergewaltigt, erdrosselt und mit einem Messer übel zugerichtet haben. Knapp ein Jahr später, am 19. Oktober 2004, soll der Mann die 25-jährige Prostituierte Asta J. ebenfalls auf dem Straßenstrich in Köln in seinen Lkw gelockt und sie gewürgt haben. Im Glauben, die Frau sei tot, legte er sie an der Autobahn 57 ab. Doch Asta J. überlebte und gab der Polizei die Hinweise, auf deren Basis das Phantombild angefertigt wurde.

Am 24. Oktober 2005 soll der Fernfahrer die 31 Jahre alte Aneta B. in seinem Wohnort Dillenburg an der hessisch-nordrheinwestfälischen Grenze vor ihrer Haustür überfallen und in sein Privatauto gezerrt haben. Mit Aneta B., so räumte M. in seiner Vernehmung ein, sei er zu einem leer stehenden Haus gefahren, das ihm gehöre. Dort soll er sein Opfer missbraucht und es womöglich erst Stunden später erdrosselt und mit einem Messer auf die Frau eingestochen haben. Die Leiche warf er in einem Wald in Siegen einen Abhang hinunter, sie wurde erst eine Woche später gefunden. Schließlich zerrte der 29-Jährige laut Ermittlungen vor knapp zwei Monaten die 18 Jahre alte Schülerin Anna S. in Kassel in seinen Lastwagen, missbrauchte, tötete sie und legte den Körper an der Autobahn 49 auf einem Parkplatz ab.

Dass auch die vorletzte Tat in Dillenburg wohl auf das Konto des 29-jährigen Mannes geht, wissen die Ermittler erst seit zwei Wochen - denn erst da war es Spezialisten des Landeskriminalamts gelungen, aus den Tatortspuren eine DNA des Täters zu isolieren. Als den Ermittlern daraufhin klar wurde, dass sie es mit einem Serientäter zu tun hatten, von dem bereits ein Phantombild aus einem versuchten Mord in Köln vorliegt, ließen sie das Foto Anfang dieser Woche im Kreis Dillenburg von den Medien veröffentlichen. „Und sofort gingen drei Hinweise auf den Verdächtigen ein“, sagte Stegemann. Schon zuvor hatten die Ermittler das Phantombild bundesweit an Lkw-Speditionen geschickt, doch offenbar hatte niemand Marco M. erkannt. Der 29-Jährige arbeitete bei einer Spedition in Haiger, nahe seines Wohnortes. Beruflich war er viel im Ruhrgebiet unterwegs, fuhr häufig die Strecke in die Niederlande. Auf dem Weg dorthin machte er wohl auch seine beiden Abstecher zum Kölner Straßenstrich.

An allen vier Tatorten wurden M.s DNA-Spuren gefunden. Mit Ausnahme der Tat in Dillenburg mordete Marco M. stets in seinem Firmenlastwagen. Beamte der Spurensicherung untersuchten am Donnerstag zwei Lkws. Sie stellten auch eine Tachoscheibe sicher, die beweist, dass der Verdächtige zum Zeitpunkt des Mordes an Anna S. in Kassel war. Auch die überlebende Kölner Prostituierte hat Marco M. inzwischen auf einem Foto wiedererkannt. „Sie war sehr erleichtert, dass der Mann gefasst ist“, sagte Tobias Clauer von der Kölner Mordkommission.

Der 29-Jährige lebt von seiner Ehefrau getrennt. Staatsanwalt Manfred Lischek sagte: „Der Mann hat ein gestörtes Sexualverhalten. Er berichtete, er habe Probleme mit Frauen. Bei den vier Taten sei es einfach über ihn gekommen.“ Ob er noch weitere Morde oder Mordversuche begangen hat, werde noch geprüft. Marco M. sitzt in Untersuchungshaft. Mittelhessens Polizeipräsident Manfred Schweizer sagte: „Hoffentlich wird er so bestraft, dass er nie wieder auf freien Fuß kommt.“

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