SorgerechtWenn Papa sein Kind nicht sehen darf

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Straßburg hat die Rechte leiblicher Väter gestärkt. (Bild: dpa)

Straßburg hat die Rechte leiblicher Väter gestärkt. (Bild: dpa)

Innenstadt – Es gibt nicht viele Orte, an denen Thorsten Müller (Name geändert) seine Geschichte erzählen kann. Wo ihm die Menschen glauben und ihn verstehen. Müller lebt seit sieben Jahren von seiner Frau getrennt. Seitdem gebe es Probleme damit, seine beiden acht und zehn Jahre alten Söhne regelmäßig zu treffen. Immer wieder versuche seine Ex-Frau, die Treffen zu verhindern. Im Kreis von verlassenen Vätern bei der Selbsthilfegruppe „Väteraufbruch für Kinder e. V.“ tauscht sich Müller mit anderen Betroffenen aus. Er habe nach einem Streit mit seiner Ex-Frau knapp zwei Monate keinen Kontakt zu seinen Kindern gehabt. Erst nach mehreren Familienberatungen und Gesprächen mit dem Jugendamt habe er die Kinder wieder sehen dürfen.

So wie Thorsten Müller geht es vielen Vätern, die an diesem Abend zusammengekommen sind: Nach einer Trennung verweigert die ehemalige Partnerin ihnen den Kontakt zu den gemeinsamen Kindern. Die meisten Väter wissen nicht, welche Rechte sie in solchen Fällen haben und an wen sie sich wenden können. Die Selbsthilfegruppe „Väteraufbruch für Kinder e.V.“, die sich jeden ersten und dritten Dienstag im Monat in der Alten Feuerwache im Agnesviertel trifft, ist deshalb für die Betroffenen ein wichtiger Anlaufpunkt. „Ohne diese Beratung im Verein hätte ich nicht gewusst, wie ich meine Kinder wieder regelmäßig sehen kann“, erinnert sich Thorsten Müller, der mittlerweile im Vorstand der Kölner Ortsgruppe des Vereins ist. Mit anderen Betroffenen hilft und berät er getrennt lebende Männer bei Fragen rund um Ämter, Gerichte, Gutachter, Umgangsregelungen und Mediation. In ganz Nordrhein-Westfalen gibt es nur vier Selbsthilfegruppen dieser Art. Als politischer Verein setzt sich „Väteraufbruch e.V.“ zugleich dafür ein, die Rechte der Kinder zu stärken und den Wert der Väter in der Gesellschaft mehr ins Bewusstsein zu rufen.

Verlassenen Vätern wird selten geglaubt

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„Es ist unglaublich, was in Deutschland in diesem Bereich abläuft. Wir haben im Verein jede Woche eine neue schlimme Geschichte“, sagt auch ein Vorstandskollege. Das Schlimmste für die verlassenen Väter sei, dass ihnen kaum jemand ihre Geschichte glaube. „Meistens behaupten die Leute, man sei selber Schuld daran, wenn man seine Kinder nicht sehen dürfe“, sagt Müller. Erst beim Treffen mit der Selbsthilfegruppe habe er sich verstanden gefühlt. „Da haben acht Leute vor mir eine Geschichte erzählt, die meiner sehr ähnlich war. Das war für mich so ergreifend, dass ich weinen musste“, erinnert er sich.

Tränen fließen an diesem Dienstag auch bei dem Mitte-40-jährigen Bauarbeiter im Military-Look, der erzählt, seine Kinder seit zehn Jahren nicht mehr gesehen zu haben. Er berichtet wirr und in schwer zu verstehenden Worten von sechs Frauen vom Jugendamt, die ihn getreten hätten. Als die Begriffe „Verleumdung“ und „angeblicher sexueller Missbrauch“ fallen, zucken die Anwesenden zusammen, weil sie nicht wissen, ob sie dem weinenden Mann diese Geschichte glauben sollen oder nicht. Eine Liste mit Anwälten in seiner Nähe erhält er dennoch.

Kontakt zu Kindern hängt oft von den Launen der Frau ab

Wie im falschen Raum wirkt dagegen der schwarzhaarige Modeltyp Ende 30, der eben noch mit seinen Kindern und der Ex-Frau im Urlaub gewesen sei und die Kinder nun seit einer Woche nicht mehr sehen dürfe, weil deren Mutter behaupte, sie und ihr Ex-Mann stritten sich zu oft. Die Erfahrung, dass der Kontakt zu den Kindern allzu oft von den Launen der Frau abhängt, haben hier viele gemacht. „Es ist deshalb gut, wenn sie wieder frisch verliebt ist. Dann darf ich meine Tochter öfter sehen“, freut sich ein Teilnehmer, der sich jahrelang mit begleitetem Umgang zu seiner Tochter zufrieden geben musste, also stets einen „Aufpasser“ vom Jugendamt dabei hatte. Müllers Vorstandskollege gibt ihm den Tipp, kurz bevor der alte Umgangsbeschluss abläuft, einen Brief ans Gericht zu schreiben und sich zugleich subtil mit dem neuen Freund seiner Ex zu solidarisieren und „mal ein Bierchen zusammen zu trinken“.

Es ist genau diese Mischung aus kumpelhaftem Tipp und Vorschlag zur konkreten Vorgehensweise, die den verlassenen Männern fehlt. Hier finden sie sie: im Clubraum der Alten Feuerwache beim Treffen von „Väteraufbruch e.V.“

Bundesweit organisiert

Der Verein „Väteraufbruch für Kinder“ berät getrennt lebende Väter (aber auch Mütter), die ihre Kinder nicht mehr regelmäßig sehen können, weil der Ex-Partner den Kontakt verweigert. Es gibt Hilfe zum Umgang mit Jugendamt, Gerichten, Gutachtern, Beratungsstellen und Angebote zur Mediation. Der Bundesverein hat sich 1989 gegründet und setzt sich mittlerweile aus mehr als 150 Ortsgruppen in ganz Deutschland zusammen. In Nordrhein-Westfalen gibt es Treffen in Köln, Aachen, Münster und Dortmund.

Die Kölner Gruppe trifft sich jeden ersten und dritten Dienstag im Monat ab 19.15 Uhr im Clubraum der Alten Feuerwache im Agnesviertel (Melchiorstraße 3). Das Beratungstelefon der Initiative ist unter der Nummer 0221/99 82 247 erreichbar und montags zwischen 19 und 22 Uhr besetzt. (twe)

www.vafk-koeln.de

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