FC-Manager Schmadtke„Kein Spieler ist unverkäuflich“

Lesezeit 5 Minuten
SchmadtkeJoe6

FC-Manager Jörg Schmadte

  • Der Geschäftsführer des Klubs will mindestens einen Transfer zeitnah fixieren und schließt weitere Abgänge nicht aus.
  • Die Höhe mancher Ablösesumme irritiert den 52-Jährigen.

Köln – Am Wochenende reist Jörg Schmadtke nach Österreich. Allerdings nicht aus beruflichen Gründen, Scouting oder gar Verhandlungen stehen nicht an – der Geschäftsführer des 1. FC Köln unternimmt einen Wander-Urlaub.

Natürlich bedeutet das nicht, dass die Kaderplanung des Klubs ruht. Schmadtke steht schließlich unmittelbar vor dem Abschluss mindestens eines Transfers. „Mir wäre es recht, wenn bis Samstag etwas erledigt wäre. Es kann aber auch sein, dass Dinge in den letzten Zügen sind und erst später vollzogen werden“, sagte Schmadtke dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Donnerstag. Der Urlaub wird einen möglichen Vollzug allerdings nicht verhindern: „Ich muss nicht in Köln sein, um einen Transfer abzuwickeln, das geht auch am Telefon“, erklärte Schmadtke.

Bei aller Entspannung, die der Geschäftsführer sich vermutlich von seinem Trip nach Österreich und einer anschließenden Kreuzfahrt mit seiner Frau verspricht, steht der Geschäftsführer vor arbeitsintensiven Wochen. Der Blick auf die bereits fixierten Einkäufe und Abgänge verdeutlich das: Yannick Gerhardt, Kevin Vogt, Philipp Hosiner, Dusan Svento und Daniel Mesenhöler verlassen den Verein. Dem gegenüber stehen die Zugänge Marco Höger und Konstantin Rausch sowie der junge Sven Müller, der als dritter Torwart aus dem Nachwuchs aufrückt; und Marcel Hartel, der gewissermaßen als neuer Spieler zu werten ist, weil er erst im Februar in der Bundesliga debütierte und erst vor kurzem seinen ersten Profivertrag unterschrieben hat – in der nächsten Saison aber als feste Größe im Kader eingeplant ist.

Alles zum Thema Jonas Hector

Offene Planstellen zu besetzen

Dennoch gibt es Planstellen, die zu besetzen sind. Im zentralen Mittelfeld müsse sich trotz der Abgänge von Gerhardt und Vogt über den Höger-Transfer hinaus nicht zwingend etwas tun, sagt Schmadtke. Es sei ja – zum Beispiel! – möglich, dass Jonas Hector in Zukunft nicht mehr auf der linken Seite spielt und bloß noch die Rolle im Zentrum an der Seite von Matthias Lehmann übernimmt, der die Kölner auch in der nächsten Saison als Kapitän auf den Rasen führen wird.

Natürlich ist trotzdem denkbar, dass etwas im Mittelfeld passiert. Außerdem soll die Suche nach Verstärkungen zur Verpflichtung eines Stürmers führen, der Anthony Modeste von der Last befreien soll, die Lebensversicherung des FC zu sein. Und womöglich kommt ein Innenverteidiger – schließlich war Frederik Sörensen fürs Abwehrzentrum eingeplant, der Däne überzeugte aber vor allem als Rechtsverteidiger. Und im Fall des 20 Jahre jungen Lukas Klünter ist wohl ein Leihgeschäft denkbar, um dem U-20-Nationalspieler durch mehr Spielpraxis den nächsten Schritt zu ermöglichen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, Schmadtkes Einschätzung zu aktuellen Bundesliga-Transfers sowie über seine unterschiedlichen Blickwinkel während der EM.

So oder so steht Schmadtke vor der Herausforderung, gegen die merkwürdige Entwicklung des Marktes zu arbeiten. „Ich habe das Gefühl, dass übliche Parameter für Ablösesummen außer Kraft gesetzt sind. Früher gab es zum Beispiel das Alter, die Vertragsdauer, die Position – daran konnte man das ungefähr festmachen. Heute habe ich den Eindruck, dass Ablösesummen gewürfelt werden“, sagt er. Und: „Ich kann selbst nicht immer genau erkennen, woran eine Summe festgemacht wird.“ Als Beispiel nennt Schmadtke zwei Transfers, die sich kürzlich ereignet haben: Der FC Arsenal überwies 45 Millionen Euro für Granit Xhaka aus Mönchengladbach. Bayer 04 Leverkusen zahlte – im Verhältnis dazu: nur – 20 Millionen Euro für Kevin Volland aus Hoffenheim. Die Differenz kann Schmadtke sich kaum erklären: „Da spielt dann vielleicht der englische TV-Vertrag eine Rolle. Aber das ist trotzdem ungewöhnlich.“

Schmadtke selbst könnte vor einem anderen Problem stehen. Andere Vereine, deren Spieler der FC erwerben möchte, wissen, dass die Kölner wegen der Verkäufe von Gerhardt und Vogt über ein Budget von mehr als 15 Millionen Euro verfügen. „Ich merke das noch nicht. Es ist aber ja auch bekannt, dass wir noch Verbindlichkeiten haben und dass es zu unserer Aufgabe gehört, Schulden abzubauen und Eigenkapital aufzubauen“, sagt Schmadtke zwar. Klar ist aber auch, dass primär die sportliche Wettbewerbsfähigkeit der Profimannschaft zu sichern ist.

„Wenn Spanien gegen Frankreich spielt, schaue ich das als Fan“

Während Trainer Peter Stöger davon ausgeht, dass die Europameisterschaft in Frankreich eher nicht der Markt sein wird, auf dem der 1. FC Köln bezahlbare Spieler findet, die dem Anforderungsprofil des Klubs entsprechen, wird Jörg Schmadtke das Turnier aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. „Wenn Spanien gegen Frankreich spielt, schaue ich das als Fan. Bei Mannschaften wie Albanien, Island, Rumänien oder Ungarn schaue ich genauer hin“, sagt er.

Interessante Spieler würde der FC zwar in der Regel kennen, aber: „Wie sich beispielsweise ein ungarischer Spieler in der heimischen Liga macht, wissen wir. Aber es ist interessant zu sehen, wie er bei einer EM gegen Portugal spielt.“

Dass nach Yannick Gerhardt und Kevin Vogt ein weiterer Spieler aus dem Kern der Mannschaft – zum Beispiel Jonas Hector im Fall einer für ihn erfolgreichen EM mit dem deutschen Team – den FC verlässt, schließt Schmadtke grundsätzlich nicht aus. „Bei einem passenden Angebot ist kein Spieler unverkäuflich“, sagt er. Und: „Vor einem Jahr war Kevin de Bruyne in Wolfsburg und offiziell unverkäuflich – aber als Manchester City eine entsprechende Summe geboten hat, ist er gewechselt. Am Ende entscheidet die Höhe der Ablöse.“ Auch für den 1. FC Köln.

KStA abonnieren