Abo

FC-Präsident Spinner im Interview„Wir sind hier noch nicht fertig“

Lesezeit 8 Minuten
Werner Spinner im Gespräch mit unserer Zeitung.

Werner Spinner im Gespräch mit unserer Zeitung.

Herr Spinner, mit welchen Gefühlen blicken Sie der Mitgliederversammlung des FC am Montag entgegen?

Es ist immer eine besondere Veranstaltung. Jetzt ist sie umso wichtiger, weil die Wahl des Vorstands ansteht. Insofern fahre ich mit einer Art freudiger Erregung und Neugier dorthin.

Ist Neugier überhaupt angebracht? Es gibt bei der Wahl des Vorstands ja keine Gegenkandidaten.

Alles zum Thema Geißbockheim

Ich gehe mit einer gewissen Demut in solche Versammlungen. Für uns steht ein Rechenschaftsbericht den Mitgliedern gegenüber an. Das ist ein wichtiger Punkt. Es ist spannend, wie das aufgenommen wird und was die Mitglieder zu unseren Berichten sagen.

Selten wurde vor einer Mitgliederversammlung so wenig über den wichtigsten Aspekt gesprochen wie jetzt über die bevorstehende Wiederwahl des aus Ihnen, Toni Schumacher und Markus Ritterbach bestehenden Präsidiums. Welchen Stellenwert hat die Wahl für Sie?

Hätten Sie mich vor viereinhalb Jahren gefragt, wie lange ich das mache, hätte ich sicher nicht gesagt: bis 2019. Es ist für mich etwas Besonderes, dass wir wieder vorgeschlagen sind. Und wir sagen ja auch: Im Klub ist noch nicht alles da, wo wir es gern hätten. Die einzige Frage, die ich mir gestellt habe, war, ob ich auch die nächsten drei Jahre gesundheitlich durchhalte. Am Ende der nächsten Amtszeit werde ich 71 sein. Wenn mir früher jemand gesagt hat, dass jemand 71 ist, dann habe ich gedacht: Wahnsinn, ist der alt! Und ich weiß nicht, ob es dem Klub hilft, wenn es für den Präsidenten betreutes Arbeiten im Geißbockheim braucht. (lacht)

Sie sagen, im Klub sei noch nicht alles da, wo es sein sollte. Was bedeutet das? Was steht auf der Agenda?

Was den sportlichen Erfolg angeht, sind wir weiter, als wir gedacht haben. Aber der Profifußball befindet sich in einer unruhigen Phase, dafür muss man ja nur auf die letzte Transferperiode schauen. Wir müssen sehen, wie wir damit in den nächsten Jahren umgehen – wobei ich in dieser Hinsicht das volle Vertrauen habe, dass unser Geschäftsführer Jörg Schmadtke den richtigen Weg finden wird. Wirtschaftlich geht es uns schrittweise besser – auch in dieser Hinsicht haben wir uns aber noch viel vorgenommen. Wichtig sind auch die Ausbaupläne am Geißbockheim. Außerdem wird auch das Stadion irgendwann ein Thema werden. Es gibt also eine Reihe von Aspekten, die in den drei Jahren eine Rolle spielen.

Über Investoren und höhere  Parkplatzgebühren für die Fans

Wird der mögliche Einstieg von Investoren ein Thema sein?

In meiner Rede spielt das keine Rolle. Alexander Wehrle (FC-Geschäftsführer, d.Red.) hat zuletzt ja schon gesagt, dass das momentan kein Thema ist, sondern eher etwas langfristiges, das dann auch mit einem konkreten Projekt verbunden sein sollte. Sowas wie ein Stadionausbau. Wir haben noch einen Pachtvertrag bis 2024. Das sind keine dringenden Sachen, aber wir müssen natürlich einen Plan haben, wenn die Stadt mal wegen des Stadions konkret mit uns redet.

Derzeit laufen keine Gespräche?

Nein. Was mich beim Thema Stadion geärgert hat, ist, dass die Stadt – ohne, mit uns zu reden – die Parkplatzgebühr von fünf auf sieben Euro erhöht hat. Davon wurden wir überrascht, und das finde ich unmöglich. Es ist eine Partnerschaft, aber mir fehlt derzeit ein wenig der Beitrag der anderen Seite. Wir sind der einzige regelmäßige Mieter des Stadions, zahlen die zweithöchste Pacht in der Liga, und dafür werden unsere Fans über den Tisch gezogen. An den Parkplätzen wurde ja nichts verändert.

Haben Sie die Stadt damit konfrontiert?

Ja. Wir haben die Stadt vergeblich aufgefordert, diese Erhöhung zurückzunehmen. Also können wir daran leider nichts machen – den Kölner Sportstätten gehören das Stadion und die Parkplätze. Aber ich glaube nicht, dass man den Bürgern und Fans des FC plausibel erklären kann, was hinter dieser Erhöhung für ein Plan steckt.

Zur Person

Werner Spinner, geboren am 30. Oktober 1948 in Köln, verheiratet, vier Kinder. Arbeitete nach dem Studium der Betriebswirtschaft ab 1974 für die Bayer AG, bei der er von 1998 bis 2003 im Vorstand saß. Spinner wurde 2012 als Nachfolger von Wolfgang Overath zum neunten Präsidenten des 1. FC Köln gewählt und im November 2013 bis 2016 im Amt bestätigt. (ksta)

Wie könnte ein möglicher Kompromiss am Geißbockheim aussehen? Würden Sie auf einen Teil der Trainingsplätze verzichten?

Dann wäre das ja witzlos. Unser Masterplan ist ein mit den Experten der Verwaltung errungener Kompromiss, keine Maximalforderung. Wir bauen die Trainingsplätze, die wir brauchen, um ein Minimum an Konkurrenzfähigkeit zu haben. Wir schaffen für die Plätze ökologische Ausgleichsflächen, die uns die Stadt vorgeben wird. Das Sportband im Grüngürtel ist geschaffen worden für Menschen, die dort Sport treiben, und auch für die Hunderte Bürger pro Woche, die sich das Training ansehen und an den Sportaktivitäten des FC partizipieren wollen. Andere Vereine in der Liga schotten sich vollkommen ab. Wir schaffen zudem weitere Kleinspielfelder, auf denen die Bevölkerung Sport treiben kann, und wir öffnen unsere Plätze für den Breitensport. Natürlich gibt es Kompromisslinien, die wir ausloten, wie sind ja keine Dogmatiker. Aber wenn wir in diesem Konzept auf ein paar Plätze verzichten, können wir es direkt lassen. Oder wenn wir nach Marsdorf, Bergheim oder Hürth ziehen sollen – dann ist das Konzept erledigt. Wir wollen Profibereich und Nachwuchs zusammenhalten. Und wir gehen davon aus, dass die Politik unseren Plan mehrheitlich befürwortet.

Über seine Kandidatur und Wolfgang Overath

Gab es in der noch laufenden Amtszeit Augenblicke, in denen Sie darüber nachgedacht haben, nicht mehr zu kandidieren?

Ja. Der Job ist anstrengend, wir sind ja kein Briefmarkenverein. Hier hat man Verantwortung für ein Unternehmen, das 100 Millionen Euro Umsatz macht. Wo standen wir 2012 am sechsten Spieltag der Zweitliga-Saison? Zwei Punkte, 17. Tabellenplatz, wirtschaftlich war alles kritisch. Damals habe ich mich natürlich gefragt, wo wir da gelandet sind. Immer mal wieder gibt es Situationen, in denen man sich sagt: Ich habe an sich ein schönes Leben – muss ich mir bestimmte Dinge antun? Aber ich bin eben jemand, der ein Pflichtgefühl hat und sagt: Okay, hier haben viel erreicht, aber wir sind noch nicht fertig.

Wird die nächste Ihre letzte Amtszeit sein?

Das kann sein, das müssen wir aber nicht jetzt entscheiden.

Sie klangen zwischenzeitlich, als habe es für Ihren Geschmack zu lange gedauert, bis der Mitgliederrat Sie für die Wahl nominiert hat. Zudem konnten sich die Gremien nicht einigen, was eine Entlohnung des Vorstands angeht. Haben Aspekte wie diese dafür gesorgt, dass Sie eine weitere Kandidatur in Frage stellten?

Nein. Es waren wirklich eher die schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse und anfangs auch die sportlichen Verhältnisse, die dazu geführt haben, dass ich mich gefragt habe: Kann ich das überhaupt schaffen?

Präsidium wird gewählt

Am Montagabend (ab 19 Uhr) findet in der Lanxess-Arena die jährliche Mitgliederversammlung des 1. FC Köln statt. Der wichtigste Tagesordnungspunkt ist die Wahl des Vorstands. Das vom Mitgliederrat zur Wiederwahl nominierte, aus Werner Spinner, Toni Schumacher und Markus Ritterbach bestehende Präsidium ist allerdings das einzige Team, das zur Wahl steht. (ksta)

Das betrifft aber ja kaum die jetzt endende Amtszeit.

Wiedergewählt wurden wir im November 2013. Da waren wir im zweiten Zweitliga-Jahr. Es war nicht so, dass wir da jeden Morgen jubelnd ins Geißbockheim gefahren sind. Und wirtschaftlich waren wir noch lange nicht da, wo wir jetzt sind. Das waren ja auch Gründe, warum ich schon während der ersten Amtszeit offen gelassen habe, ob ich wieder kandidiere.

Diesmal haben Sie sich früh festgelegt, in die dritte Amtszeit zu gehen. Schon auf der Karnevalssitzung im Februar sprachen Sie davon. War es denn nun so, dass die Nominierung Ihnen zu lange gedauert hat und dass die Debatte über die Entlohnung Sie ins Zweifeln gebracht hat?

Wir sind vorgeschlagen worden und nehmen die Vergütung nicht in Anspruch, sondern arbeiten erstmal weiter ehrenamtlich. Punkt.

In der Mitteilung, in der Sie am 28. August verkündeten, für das laufende Geschäftsjahr auf eine Entlohnung zu verzichten, hieß es, der Klub sei nicht bereit. Warum?

Wenn der Klub bereit ist, dann ist er bereit, und wenn nicht, dann nicht. Ich spreche jetzt nicht über interne Bereit- oder Nicht-Bereit-Situationen. Für mich ist das Thema erledigt.

Also ist das Verhältnis zwischen Präsidium und dem Mitgliederrat um dessen Vorsitzenden Stefan Müller-Römer nicht belastet?

Wir arbeiten professionell zusammen. So muss es sein.

Zuletzt wurde viel über eine Aussöhnung zwischen dem FC und seinem Ex-Präsidenten Wolfgang Overath gesprochen. Weckt das bei Ihnen – so kurz vor der Mitgliederversammlung – dunkle Erinnerungen an Ihre Anfangszeit als sein Nachfolger?

Nicht unbedingt. Ich werde mich innerhalb der nächsten zwei, drei Wochen mit Wolfgang Overath treffen, und dann werden wir über Dinge, die noch zwischen uns stehen, reden. Nach unserer Amtsübernahme 2012 haben ihn offenbar Aussagen geärgert, die ich getroffen habe oder getroffen haben soll. Erstens betraf das die wirtschaftliche Situation, aber ich bin zuversichtlich, dass ich Wolfgang Overath erläutern kann, was ich da gesagt habe – wir mussten eine Anleihe auflegen, da muss man schon transparent sein. Zweitens betraf das die Situation, dass der Vorstand – der damaligen Satzung geschuldet – alles entscheiden konnte, und dass ich da den einen oder anderen Ausdruck gebraucht habe, den er auf sich bezogen und mir übel genommen hat, der aber von mir der Satzung zugebilligt war. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir diese Situation gelöst bekommen – und zwar endgültig.

Wird es dann womöglich einen Akt geben? Ihn im Stadion auf dem Rasen zu begrüßen? Oder soll es eher so sein, dass er – wie jeder andere Zuschauer – ins Stadion kommt?

Das würde ich Wolfgang Overath überlassen. Als ehemaliger Präsident des 1. FC Köln hat er seine Karten seit viereinhalb Jahren, und er kann dann jederzeit wieder ins Stadion kommen.

KStA abonnieren