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FC-Profi Höger im Interview„Echte Krisenzeiten kenne ich nur von Schalke“

Lesezeit 4 Minuten

Herr Höger, Trainer Stöger hat am Mittwoch im Training eine Art Spaß-Parcours aufbauen lassen. War das notwendig, um die Stimmung wieder zu verbessern?

Marco Höger: Der Trainer hat ein feines Gespür dafür, so etwas jetzt einzustreuen. Es hat Spaß gemacht. Aber wir sollten die Kirche mal im Dorf lassen, denn wir spielen eine gute Saison. Echte Krisenzeiten kenne ich aus meiner Zeit bei Schalke.

Der Trainer sprach tags zuvor selbst davon, dass die Stimmung schon mal besser gewesen sei. Wie sehen das die Spieler?

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Marco Höger: Fußball ist immer auch eine Momentaufnahme. Und da ist die Stimmung dann immer schlechter, wenn die Ergebnisse nicht stimmen. Aber man sollte den Blick aufs Ganze behalten. Bei uns herrscht zwar nicht Friede, Freude, Eierkuchen, aber es gibt Schlimmeres als unsere Situation und ein 2:2 in Ingolstadt. Dennoch wissen wir alle, dass wir es besser können.

Gibt es viele Nörgler in Köln?

Marco Höger: Nein. Emotionen gehören eben zu einem großen Verein dazu, und damit muss man ein Stück weit auch leben. Persönlich lasse ich mich davon nicht so sehr beeindrucken. Ich war fünf Jahre bei Schalke. Da ist alles noch extremer, da driftet alles komplett in andere Richtungen ab, wenn man gewinnt oder verliert.

Also ist es in Köln im Vergleich zu Schalke eher angenehm ruhig?

Marco Höger: Ich bin ja erst knapp ein Jahr beim FC. Wer weiß, was da noch kommt. Ein Grund für meinen Wechsel war ja auch, dass durch das Trainerteam und die Verantwortlichen eine gewisse Ruhe und Konstanz in Köln eingekehrt ist, die ein großer Verein wie der FC braucht, um kontinuierlich erfolgreich zu sein. Bei Schalke gab es Ruhe und Konstanz nur selten, ich hatte dort alleine fünf Trainer. Aber als junger Spieler will man ja auch manchmal im Fokus stehen und Aufmerksamkeit haben. Und wo konnte man das besser als auf Schalke? Das hat immer alles sein Für und Wider. Ich denke, in Köln ist das derzeit ausschließlich positiver Druck.

Über die Nähe der Fans und das Saisonziel

Ähnlich wie bei Schalke 04 ist auch in Köln die Fanbasis groß und leidenschaftlich. Ist Ihnen hier schon mal etwas Bizarres widerfahren?

Marco Höger: Es ist schon ein komisches Gefühl, wenn Fans bei einem zu Hause an der Tür klingeln, ein Autogramm haben oder mit einem sprechen wollen. Ich wundere mich selbst, woher sie eigentlich wissen, wo ich wohne. In manchen Dingen ist Köln dann doch ein Dorf (lacht). Aber das passiert auch nicht so oft. Insgesamt ist hier das Verhältnis zu den Fans schon sehr schön.

Viele Fans träumen von einer Europapokal-Teilnahme. Was will das Team in der Saison noch erreichen?

Marco Höger: Es gibt noch 30 Punkte in zehn Spielen zu holen. Man strebt ja immer nach dem Maximum. Also bestreiten wir jedes Spiel, um es auch zu gewinnen. Jörg Schmadtke hat vor kurzem gesagt, dass eigentlich jede Mannschaft in die Saison startet, um Meister zu werden. Auch wenn das für 90 Prozent der Klubs unrealistisch ist. Unser Saisonziel ist ja, Platz neun zu bestätigen und eventuell zu verbessern. Wir mussten viele Verletzungen kompensieren. Wir sind aktuell Siebter und haben nur einen Punkt Rückstand auf Frankfurt. Aber wenn wir am Ende Platz neun erreichen, dann wäre es eine gute Saison.

Wirklich? Nach dieser Hinrunde und schwächelnden Top-Teams wie Leverkusen, Wolfsburg oder Schalke? Muss man die Chance nicht nutzen?

Marco Höger: Das zeigt doch, wie eng die Bundesliga mittlerweile zusammengerückt ist. Fast jeder kann jeden schlagen. Auch kleinere Vereine liefern heute konstant gute Arbeit ab. Und die vermeintlichen großen Klubs werden in den letzten zehn Spielen noch mal alles mobilisieren und aufschließen wollen.

Über die eigene Leistung und persönliche Ziele

Sie haben bisher 23 Saisonspiele bestritten. Sind Sie zufrieden mit sich?

Marco Höger: Eines meiner Ziele war, nach der schweren Knieverletzung in der vergangenen Saison gesund und fit zu bleiben. Das ist bisher der Fall. Zudem konnte ich der Mannschaft hoffentlich ein Stück weit helfen. Ich warte allerdings noch auf mein erstes Tor.

Ist es ohnehin ein Problem, dass derzeit fast nur Anthony Modeste trifft?

Marco Höger: Nein. Selbst beim FC Bayern und beim BVB ist es mit Lewandowski und Aubameyang doch ähnlich.

Herr Höger, Sie einen Vertrag bis 2021 unterschrieben. Was sind Ihre mittelfristigen Ziele mit dem FC?

Marco Höger: Es geht hier Schritt für Schritt voran. Wenn das Niveau höher wird, können diese Schritte auch mal kleiner sein oder ganz ausfallen. Ich will jetzt keine Platzierungen als Ziel nennen. Wir wollen die Menschen begeistern. Potenzial hat der Verein sowieso ohne Ende.

Das Gespräch führte Lars Werner

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