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Nachruf auf Sascha LewandowskiDer Mann, der das Spiel verstanden hatte

Lesezeit 3 Minuten
Erste Station seines Weges als Profitrainer – Sascha Lewandowski in der Leverkusener Arena

Erste Station seines Weges als Profitrainer – Sascha Lewandowski in der Leverkusener Arena

  • Mit großer Bestürzung und Anteilnahme hat der deutsche Fußball auf den Tod von Sascha Lewandowski reagiert.
  • Er war am Mittwochnachmittag tot in seiner Wohnung in Bochum gefunden worden.

Bochum/Köln – Wenn große Könner über ihre Arbeit sprechen, dann passiert beim Zuhörer etwas Wunderbares: Alles wirkt so klar, so strukturiert, so nachvollziehbar. „Ja natürlich“, denkt man dann, „so geht das“ – man muss nur das und dann das und dann das tun, und dann wird alles ganz einfach und dann denkt man noch eine Ecke weiter und stellt fest: Als wenn es so einfach wäre! Sascha Lewandowski war ein solcher Könner, seine Arbeit war der Fußball und wenn man ihm damals zuhörte, wenn er über seine Arbeit bei Bayer 04 Leverkusen sprach, dann glaubte man – „Ach so, ja klar!“ – man habe jetzt alles verstanden. Das war nett von ihm.

Man hatte jetzt länger nichts mehr von Sascha Lewandowski gehört. Anfang März hatte er sich zu Wort gemeldet und es waren keine guten Nachrichten – er hatte seine Trainer-Stelle beim Zweitligisten FC Union Berlin niedergelegt und den Klub gebeten, die Gründe dafür offenzulegen: Burnout und funktionelle Herzbeschwerden. .„Ich hatte gehofft, dass eine kurze Pause reichen könnte“, hatte Lewandowski dazu gesagt, „dies war aber leider überhaupt nicht der Fall. Neben den gesundheitlichen Risiken muss ich auch akzeptieren, dass ich nicht annähernd die Power habe, mit so viel Energie zu arbeiten.“

Das muss schlimm gewesen sein, denn wenn er gesund war, dann war es so: „Ich denke 24, 25 Stunden am Tag über Fußball nach“, das hatte er einst erklärt und es klang nicht – na gut: kaum – nach einer Übertreibung. In Bochum war er aufgefallen, weil er mit der A-Jugend des Klubs zweimal nacheinander Deutscher Meister geworden war. Deshalb hatten sie ihn im Jahr 2007 nach Leverkusen geholt, wo er sich um den Jugendstall von Bayer 04 kümmerte und einige künftige Stars formte. Als bei dem ehrgeizigen Bundesliga-Klub Trainer Robin Dutt entlassen werden musste, übernahm er im April 2012 gemeinsam mit dem großen Finnen Sami Hyypiä das Profiteam und führte es noch auf Platz fünf. Nach einer weiteren Saison verschwand er wieder in die Jugendabteilung – auf eigenen Wunsch, wie es hieß.

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Der Zirkus-Anteil seines Berufs war Lewandowski stets suspekt

Mit Verwunderung, so erzählt heute einer, der damals dabei war, hatte Lewandowski aber seinerzeit die persönlichen Anfeindungen gegen sich zur Kenntnis genommen: „Das hat ihn schon mitgenommen, dass er sich da in der Öffentlichkeit als „Chefchen“ bezeichnen lassen musste“ – dabei machte er nur seine Arbeit, er machte sie ausgezeichnet und ließ sich ansonsten nichts zuschulden kommen. Seinen – wie soll man sagen? – „Fehler“ skizzierte Lewandowski im Gespräch mit dieser Zeitung so: „Ich bin sicherlich keiner, der auf eine große Vita zurückblicken kann oder der einfach hereinkommt, und das Licht geht an.“

Da war er gerade dabei, ein zweites Mal einzuspringen und für Bayer 04 und die Saison zu retten, als nämlich Sami Hyypiä gehen musste in Leverkusen. Forderungen, den Jugendtrainer doch jetzt bitte fest zu installieren, widersprachen der Klub und Lewandowski einhellig: Lieber keine Bundesliga mehr. Das passte: Der Zirkus-Anteil seines Berufs war ihm zutiefst suspekt. Er meinte aber auch: Keine Bundesliga mehr bei Bayer 04 – hier und da hatte ihm etwas Unterstützung gefehlt.

Daher war es für den Klub keine Überraschung, als er den Weg zurück in den Profifußball im Mittelbereich bei Union Berlin suchte. Bayer 04 ließ ihn – ungerne, aber ohne Widerstand – ziehen. Und nein, heißt es, man habe in Leverkusen keine Anhaltspunkte für eine Erkrankung von Lewandowski gehabt. Die Nachricht von seinem Burnout-bedingten Rücktritt im März habe alle bei Bayer 04 völlig unvorbereitet getroffen.

Am Mittwoch ist Sascha Lewandowski tot in seiner Bochumer Wohnung aufgefunden worden. Er wurde 44 Jahre alt. Die Polizei schließt Fremdverschulden aus.

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