DEB-Präsident Franz Reindl„Platz fünf oder sechs in der Gruppe ist realistisch“

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Franz Reindl

Franz Reindl

Köln – Herr Reindl, das WM-Programm, das die deutsche Mannschaft in Prag absolvieren muss, nannten Sie unlängst „hart wie nie zuvor“. Beziehen Sie sich auf die Gruppengegner oder den Zeitplan? Oder beides?

Das Spielprogramm, das wir bewältigen müssen, ist das härteste, an das ich mich erinnern kann. Es sind sieben Spiele in zehn Tagen, da wir einen Tag später anfangen, also erst am Samstag gegen Frankreich spielen. Und das letzte Spiel gegen Österreich ist einen Tag früher als in anderen Jahren. Vier der Gegner sind aus den Top Sieben der Welt. Das ist auf dem Niveau eine unglaubliche Belastung, physisch wie psychisch. Aber wir jammern nicht, da müssen wir durch. Pat Cortina hat eine gute, willige und mental bereite Mannschaft zusammengestellt. Ich gehe wohlgestimmt in die WM.

Der junge NHL-Stürmer Tobias Rieder sagt, er wolle ins WM-Viertelfinale. Sie müssen in Ihrer Gruppe gegen Gegner wie Schweden oder Kanada antreten. Selbst in Träumen kann das deutsche Team gegen diese Teams wenig ausrichten. Oder sehen Sie das anders?

Man müsste schon einen starken Traum haben und lang schlafen, damit man da auf einen Sieg kommt. Wenn man eine gute, kompakte Truppe hat und der Trainer die Mannschaft gut einstellt, hat man natürlich gegen jeden Gegner eine Chance. Die Chancen, gegen Schweden, Kanada oder Tschechien zu gewinnen, sind eher sehr klein, aber sie sind da.

Franz Reindl, geboren am 24. November 1954 in Garmisch-Partenkirchen, verheiratet, drei Kinder, absolvierte für den SC Riessersee und SB Rosenheim 669 Bundesligaspiele und lief 183 Mal für die Nationalmannschaft auf. Seit 1991 für den Deutschen Eishockey-Bund tätig, unter anderem als Co-Trainer und Trainer der Nationalmannschaft, Geschäftsführer und Generalsekretär. Seit Juli 2014 DEB-Präsident. (ksta)

Wie lautet das Ziel für die WM? Nicht Gruppenletzter werden und den Abstieg in die Division I vermeiden? Oder rechnen Sie sich mehr aus, obwohl viele der besten deutschen Spieler abgesagt haben?

Realistisches Ziel ist, dass wir uns unter den besten fünf oder sechs der Gruppe platzieren (von acht, d. Red.). Dass wir weiter oben oder unten landen, halte ich für eher unrealistisch – aber natürlich kann es passieren. Wir können auch mit dem Abstieg zu tun haben. Oder mit dem Viertelfinale.

Über Cortinas Zukunft wird später entschieden

Der Vertrag von Bundestrainer Pat Cortina, der die Olympia-Qualifikation 2013 verpatzt hat, läuft nach der WM aus. Wie geht es weiter?

Unser ganzer Fokus liegt auf Prag. Danach setzen wir uns zusammen. Pat Cortinas Vertrag endet am 30. Juni. Wir haben also Zeit, Bilanz zu ziehen, über die Entwicklung der Nationalmannschaft und der Spieler zu sprechen, über die Absagen, über die ganzen Dinge.

Sie erwägen, mit Cortina weiterzumachen? Das Team kommt nicht voran, die Spieler zerreißen sich nicht, um für ihn zu spielen, wie die gut 15 Absagen vor Prag gezeigt haben.

Wie gesagt: Wir müssen die WM in Prag abwarten, dann reden wir. So ist es vereinbart. Pat möchte den Job unbedingt behalten, er kämpft, er entwickelt die Nationalmannschaft, er hat seinen Coaching-Staff aufgebaut. Und das gefällt uns, da ist viel Motivation drin. Und jetzt schauen wir halt, wie die WM läuft.

Zum Trainer-Stab gehört diesmal Geoff Ward, Meistercoach der Adler Mannheim. Glauben Sie, dass er dazu beitragen kann, dass die sieben, vermutlich ziemlich müden Mannheimer, die im Team stehen, noch einmal aufdrehen können?

Pat Cortina und Charly Fliegauf, der General Manager der Nationalmannschaft, haben Ward ausgewählt. Ich glaube, es ist ein guter Schachzug, Erfahrung aus der DEL ins Trainerteam zu holen. Geoff Ward ist ein internationaler Coach, der begeistert ist, bei der WM dabei zu sein, weil es eine andere Atmosphäre ist, ein anderes Level.

Wie sieht es aus mit Eisbären-Coach Uwe Krupp, der der letzte erfolgreiche Bundestrainer war? Ist er ein Kandidat für Cortinas Nachfolge?

Wir müssen, wie gesagt, die WM abwarten, und dann setzen wir uns auch mit der Liga zusammen und sprechen über alles. Wir machen einen Schritt nach dem anderen.

Haben Sie keinen Plan B in der Schublade? In zwei Jahren findet die WM in Köln und Paris statt, dafür brauchen Sie ein Zugpferd – wie es Krupp 2010 bei der Heim-WM war.

Natürlich denken wir schon an die WM 2017. Wir werden keine Zwischenlösung machen. Der nächste Trainer soll es wieder für drei Jahre machen. Egal, wer es ist.

Sturms Zukunft liegt beim DEB

Haben Sie niemanden im Visier, den Sie als Gesicht der Nationalmannschaft aufbauen wollen? Was macht eigentlich Marco Sturm nach seinem Karriereende in der NHL? Könnte er eine Funktion beim DEB übernehmen?

Er hat gerade seine Trainerausbildung gemacht in den USA. Wir sind mit Marco immer in Kontakt, er war ein starker Spieler und hat einen super Namen. Wir haben mit ihm nach seinem Karriereende darüber gesprochen, dass wir ihn beim DEB einbauen. Und das wird auch geschehen. Wie das aussehen wird, werden wir sehen.

Als DEB-Präsident, der Sie seit letztem Sommer sind, haben Sie den DEB, die DEL und DEL 2 gerade vereint. Was bedeutet das?

Wenn du 20 Jahre auseinander gewesen bist, ist das eine Riesengeste für das deutsche Eishockey. Und diese Geste nehmen wir gerne an. Es hilft uns auch wirtschaftlich, weil neue Mitgliedsbeiträge kommen und neuer Schwung im Nachwuchs entsteht. Wir sind 20 Jahre mit drei Booten auf dem Ozean gefahren. Jetzt sind wir wieder eins.

Als Sie noch DEB-Generalsekretär waren, waren Sie in der DEL nicht besonders beliebt. Wie haben Sie es geschafft, die Liga umzustimmen?

Als Angestellter hat man seinen Job zu machen, persönlich habe ich mit allen ein gutes Verhältnis. Die Neuaufstellung des DEB-Präsidiums im Juli 2014 war getragen von der Überzeugung, den Sport in den Mittelpunkt zu stellen. Wenn wir im Eishockey weiter so arbeiten, wie wir es getan haben, dann sind wir da, wo wir sind: 13. in der Welt mit Tendenz nach unten. Das müssen wir stoppen, dafür haben wir mit unseren Reformen und dem Sportkonzept Powerplay 2026 die Grundlagen geschaffen. Aber jetzt geht die Arbeit erst richtig los.

Was wird sich in der Nachwuchsarbeit konkret ändern?

Sie wird zentral gesteuert, aber dezentral durchgeführt. Das heißt: Der DEB wird die Vor-Ort-Vereins- und -Talentbetreuung zusammen mit den Vereinen intensivieren. Es geht uns um gleiche Richtlinien, gleiche Ausbildung – das alles muss der Verband mit seiner Richtlinienkompetenz vorgeben. Die Trainings-Arbeit findet vor Ort bei den Vereinen statt. Alles, was wir bisher gemacht haben, fand auf mehreren Ebenen statt. Wir waren in unserer Ausrichtung nicht effektiv genug, und zwar alle. Ich werde auf niemandem mit dem Finger zeigen. Es war auch nicht alles schlecht, aber wir können es viel besser machen.

Das Gespräch führte Christiane Mitatselis

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