TürkeiErdogan kritisiert Kanzlerin Merkel - Präsident spricht von Vertrauensbruch

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Recep Tayyip Erdoğan

Präsident Recep Tayyip Erdogan ist nach der Bundestagsresolution enttäuscht von Bundeskanzlerin Angela Merkel.  

  • Präsident Erdogan erwägt mögliche Sanktionen gegen Deutschland und spricht von Vertrauensbruch.
  • „Ein Thema zwischen der Türkei und Deutschland sollte nicht die Beziehungen der Türkei zur EU beeinträchtigen.“

Istanbul – Die Bundestags-Resolution zum Völkermord an den Armeniern erhitzt in der Türkei weiter die Gemüter – und sorgt jetzt auch für persönliche Spannungen zwischen Präsident Recep Tayyip Erdogan und Bundeskanzlerin Merkel. Er verstehe nicht, warum die Kanzlerin ihre Parlamentsfraktion nicht davon habe überzeugen können, gegen die Resolution zu stimmen, sagte Erdogan türkischen Medienberichten zufolge.

Erdogan erweckte den Eindruck, Merkel habe ihm versprochen, die Resolution zu verhindern: „Sie hat mir drei, vier Tage vorher persönlich versichert, alles in ihrer Macht stehende zu tun“, sagte Erdogan. Dann habe Merkel aber nicht einmal an der Debatte und Abstimmung teilgenommen. „Wenn sie ehrlich gewesen wäre, hätte sie teilgenommen“, kritisierte Erdogan und fragte: „Wie will sie mir und unserem Ministerpräsidenten nach dieser Entscheidung in die Augen sehen?“

Der Bundestag hatte am Donnerstag die Verfolgungen der Armenier im Osmanischen Reich mit bis zu 1,5 Millionen Toten als Völkermord bewertet. In einer Rede vor dem Verband der türkischen Exporteure unterstrich Erdogan am Wochenende in Istanbul, die Resolution des Bundestages sei „bedeutungslos“ und ändere nichts an der Haltung der Türkei, die den Vorwurf des Völkermordes zurückweise. Deutschland sei wegen seiner Vergangenheit „das allerletzte Land, das gegen uns eine solche Anschuldigung erheben kann“. Erdogan sagte in seiner Rede: „Was soll das, Deutschland, was habt ihr vor? Was ist Euer Problem?“ Mit der Resolution riskiere Deutschland, „einen Freund wie die Türkei zu verlieren.“

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Erdogan ließ offen, wie die Türkei auf den Beschluss des Bundestages reagieren wird. Das Präsidialamt, der Ministerpräsident und das Außenministerium würden gemeinsam mit dem aus Berlin zurückgerufenen türkischen Botschafter in den nächsten Tagen über „Wirtschaftssanktionen oder andere diplomatische Maßnahmen“ beraten.

Am Donnerstag hatte Erdogan während einer Afrikareise gegenüber Reportern gesagt, in Deutschland gebe es Gruppen, die eine Verschwörung gegen die Türkei planten. Daran seien auch Teile der Medien beteiligt. Die Pläne für die Verschwörung kämen „von übergeordneter Stelle“, sagte Erdogan.

Der türkische Präsident sieht zwar keine Auswirkungen der Völkermord-Resolution auf die Verhandlungen mit der Europäischen Union über die Umsetzung des Flüchtlingsabkommens: „Ein Thema zwischen der Türkei und Deutschland sollte nicht die Beziehungen der Türkei zur EU beeinträchtigen“. Der Präsident kritisierte aber, während die Türkei ihre Versprechen gegenüber der EU eingehalten habe, seien die Europäer „Zusagen schuldig geblieben, wie bei der Überweisung von Finanzhilfen und anderen Verpflichtungen“. Erdogan sagte, er habe „eine Botschaft für Deutschland und Europa: Entweder wir lösen die Probleme fair, oder die Türkei wird nicht länger eine Barriere für die Probleme Europas sein sondern Euch mit Euren Sorgen allein lassen.“

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