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Urteil„Ausbrecherkönig“ geht in Rente

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(Symbolbild: dpa)

(Symbolbild: dpa)

Köln – Der Ausbrecherkönig geht in den Ruhestand. Zumindest hat Helmut Pflüger, der seit mehr als vier Jahrzehnten die Kölner Justiz immer wieder beschäftigt, das fest vor. Flankiert von seinen Anwälten Reinhard Birkenstock und Bernd Neunzig stellt sich der 62-Jährige am Freitag im blütenweißen Polohemd der 12. Großen Strafkammer des Landgerichts. Es geht – wieder einmal – um Betrug, Beleidigung und Beleidigung mit Nötigung. Der ehemalige Boxer, der jetzt Privatdetektiv ist, soll im September 2009 eine 88-jährige Frau dazu gebracht haben, ihm Vollmachten zu erteilen und diverse Urkunden zu unterzeichnen. Mit ihrer Unterschrift soll sich die Witwe zur Zahlung von 7000 Euro an Pflüger verpflichtet haben. Die Frau ist inzwischen verstorben.

Außerdem soll der Angeklagte diverse Richter beleidigt haben, unter anderem einen Strafsenat des Oberlandesgerichts. Es ging um angebliche Rechtsbeugung. Pflüger unterstellte, die Aussagen eines psychisch kranken Zeugen seien ungeprüft übernommen worden. Einer Haftrichterin schrieb er aus dem Gefängnis beleidigende Briefe, in einem Telefonat mit deren Mann griff er die Juristin erneut an. Er räumte die Vorwürfe ein.

Per Brief hat er sich inzwischen entschuldigt. „Ich ärgere mich über mich selbst“, sagte er während der Verhandlung. „Das war eine Art Aggressionsabbau, es tut mir leid.“ Leid tat ihm auch der Satz: „Wenn mein Foto veröffentlicht wird, schieß ich dir die Birne weg, du Arschloch“, mit dem er einen Redakteur der „Kölnischen Rundschau“ bedroht hat. Auch ihm ließ er über seine Anwälte eine Entschuldigung zukommen.

In einem Rechtsgespräch verständigten sich Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Gericht unter Ausschluss der Öffentlichkeit darauf, das Betrugsverfahren einzustellen. Der Angeklagte, der während seiner Zeit im Gefängnis mehrere Herzinfarkte hatte, will seinen Lebensunterhalt künftig ohne Straftaten bestreiten. Elf Monate Haft, ausgesetzt zur Bewährung, lautete das Urteil für die Beleidigungen, eine noch offene Haftstrafe wurde miteingerechnet. Die Bewährungszeit hob der Vorsitzende Richter auf fünf Jahre an. „Das ist Herr Pflügers forensische Abschiedsvorstellung“, versprach Verteidiger Birkenstock. Seinen größten Auftritt hatte Pflüger 1993, als er während der Urteilsverkündung durch eine dreifach verglaste Scheibe des Landgerichts sprang und flüchtete. 1974 gelang ihm schon einmal die Flucht. Mit Hilfe eines Komplizen schlug er damals zwei Wachtmänner nieder. Der Staatsanwalt blickte Pflüger am Freitag lange an und sagte: „Es liegt an Ihnen, ob wir uns wiedersehen – wir sind immer da.“

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