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Was Wirsing alles kann

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Seit 1948 verkauft der Zündorfer Hans Broicher Obst und Gemüse aus eigenem Anbau auf dem Wochenmarkt in Buchforst. Seine Kunden berät er gerne in Ernährungsfragen.

Seit 1948 verkauft der Zündorfer Hans Broicher Obst und Gemüse aus eigenem Anbau auf dem Wochenmarkt in Buchforst. Seine Kunden berät er gerne in Ernährungsfragen.

Hans Broicher hat Obst, Gemüse und Tipps parat

Buchforst - Mittwochs und samstags wird es eng auf dem Bürgersteig entlang der Waldecker Straße in Buchforst, wenn 50 Marktbeschicker ihre Stände aufgebaut haben. Schon seit 1948 gehört der Obst- und Gemüsebauer Hans Broicher aus Porz-Zündorf dazu. Seine Ware stammt - bis auf die Gurken jetzt im Winter - aus eigenem Anbau; ein paar Tausend Hühner liefern zudem die frischen Eier. In zweiter Generation - gegründet wurde der Hof 1928 - betreibt Broicher zusammen mit seinem Bruder auf 30 Hektar Fläche Obst- und Gemüseanbau und verrät sein Qualitätsgeheimnis: "Fruchtwechsel ist das A und O. Wo in diesem Jahr Kartoffeln gestanden haben, kommen erst wieder in fünf oder sechs Jahren Kartoffeln hin. In der Zwischenzeit anderes Gemüse." Konventionellen Anbau betreiben die Gebrüder Broicher, aber gedüngt wird nur mit Stalldünger von den Hühnern und Gründünger aus den Abfällen.

Prall, aromatisch und sehr verlockend wirken die unterschiedlichen Kohlsorten wie Grünkohl, Wirsing und Weißkohl, aber auch Salatköpfe, krause und glatte, sind zu dieser Jahreszeit im Angebot. Dazu sieben unterschiedliche Apfelsorten, natürlich Möhren, Zwiebeln, Petersilie und Petersilienwurzeln.

Das seien schon Ausnahmeprodukte, ist sich der Gemüsebauer sicher. "Wir gucken auf die Qualität, bei uns wird alles am Tag vorher frisch fertig gemacht und kommt dann auf den Markt. Da bleibt nichts tagelang liegen wie im Supermarkt und wird dreimal umgedreht von den Kunden. Anfassen gibt es bei uns nicht." Ein Kundin verlangt Rote Beete. "Was wollen Sie damit machen?", fragt Broicher. "Die will ich reiben." "Dann gebe ich Ihnen mal die größeren." "Endlich mal einer, der mitdenkt", freut sich die junge Frau. "Sonst reibe ich ja noch in drei Tagen."

Überwiegend Stammkunden steuern gezielt den zehn Meter langen Stand an, der sich genau gegenüber einem Billigpreis-Discounter befindet. Broicher, der auch auf den Märkten in Ehrenfeld und Porz verkauft, ist ein Verfechter von Qualitätsprodukten und hält wenig von Supermärkten. "Wer keine Ansprüche stellt, geht in den Supermarkt. Sehen Sie sich zum Beispiel unsere Sellerie an. Die sind doch dreimal größer als die Ware aus dem Supermarkt." Aufklärung ist notwendig, zumal die Kunden sehr preisbewusst geworden seien. "Aber Qualität für wenig Geld, dem sind enge Grenzen gesetzt." Oftmals hätten doch die Menschen den Bezug zur Landwirtschaft und den Produkten verloren, sagt der Mann im dunkelgrünen Drillichanzug mit dem grauen Tirolerhut auf dem Kopf. "Wir erklären dann, was man mit einem Wirsing alles machen kann, geben bedarfsbezogene Tipps, denn viele Leute lernen doch mit der Zeit, dass man sich mit Schnellgerichten nicht gesund ernähren kann. Dazu muss man Gemüse und eben die richtigen Produkte einsetzen."

Deshalb hat er auch drei Sorten Kartoffeln im Angebot. Die festkochende "Cilena" ist angeschnitten und der saftige, gelbe Kartoffelkern bildet einen appetitlichen Kontrast zur braunen Schale, an der noch Erde haftet. An Kartoffeln würden bedeutend höhere Qualitätsansprüche als früher gestellt, weiß der Gemüsebauer. "Mittlerweile lagern wir die bei konstant fünf Grad in besonderen Großraumkisten, so dass die Luft rundherum zirkulieren kann." Früher hätten die Kartoffeln auf einem großen Haufen gelegen und die untersten seien zerdrückt worden. "Heute kommt da kein Druck mehr dran, die sind alle gleich gut."

Ansonsten aber habe sich im Rückblick auf 57 Jahre Marktgeschehen nicht viel geändert. "Der Stand ist komfortabler geworden. Aber jetzt im Winter dominieren nach wie vor die bürgerlichen Gemüsesorten." Chinakohl und Chicorée, die Broicher natürlich auch im Angebot hat, machen weiterhin nur einen kleinen Teil des Umsatzes aus. Kleiner seien die Familien geworden, und darauf hat der Gemüsebauer reagiert. "Wir bauen jetzt Wirsing an, der nur noch rund ein Kilo wiegt. Wir pflanzen später und setzten die Köpfe enger, so dass sich die Pflanze nicht mehr so riesig entwickelt."

Hans Broicher, der sein Alter nicht verraten will, kann sich vorstellen, auch noch die nächsten 30 Jahre Obst und Gemüse zu verkaufen. "Meine Mutter ging noch mit 92 Jahren zum Markt. Schließlich sind wir Bauern von Natur aus. Pflug und Acker sind unsere Heimat."

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