Wenn plötzlich das Ego falsch spielt

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Junge Bands wollen den Erfolg. Doch der Aufstieg kann nicht nur an mangelndem Talent scheitern, sondern auch an rechtlichen Problemen. Juristen empfehlen: Ein Bandvertrag macht vieles leichter.

Natürlich hat nicht jede Bandgeschichte ein Nachspiel vor dem Kadi. Das weiß auch Heiko Klatt, Rechtsanwalt in der Sozietät „Scheuermann Westerhoff Strittmatter“ mit Kanzleien in Köln und Berlin. „Viele Bands zerstreiten sich nie“, ist seine Erfahrung. Und Rechtsstreitigkeiten, wie sie Pink Floyd oder Prince (siehe „Prince wollte kein ...“) durchstehen mussten, sind nicht der Normalfall. Aber vorkommen kann er prinzipiell bei allen Musikgruppen, der große Streit, der oft nicht nur das Ende langjähriger Freundschaften bedeutet, sondern auch das von vielversprechenden Karrieren .

Denn meist sind es Freunde, die über die Musik in Streit geraten: Eine Band wächst aus guten Kumpels zusammen, man kennt sich aus der Schule oder dem Jugendheim. „Man ist idealistisch, vereint durch die Liebe zur Musik. Keiner macht sich Gedanken: Was wird später sein?“ Später, das heißt, wenn nicht mehr nur Freunde auf die Konzerte kommen, wenn der Rubel rollt, ein Plattenvertrag unterschrieben ist. Dann kann es kritisch werden. Denn bislang hatte man sich kaum Gedanken gemacht, wer welchen Anteil am „Erfolg“ hat. Was reinkam - sofern was reinkam -, wurde in ein gemeinsames Essen investiert, einen neuen Verstärker, einen VW-Bus, der zum Tour-Bus umgebaut wurde.

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„Wenn aber richtig Geld verdient wird, dann setzt sich häufig das Ego des Einzelnen durch“, sagt Anwalt Klatt mit vielwissendem Blick. Die Sozietät, zu der er gehört, vertritt vor allem Künstler. „Zu unseren Klienten gehören nationale wie international erfolgreiche Bands und auch Solokünstler.“ Namen nennt er keine, unter Hinweis auf seine Schweigepflicht. Aber man hört es aus seinen Erzählungen heraus: Klatt hat schon reichlich Erfahrungen gemacht mit Bandmitgliedern, bei denen sich plötzlich das „Ego“ durchsetzte. „Zuerst sagen alle: Okay, alles wird durch fünf geteilt. Wenn sich der Erfolg einstellt - so der klassische Fall - sieht sich dann der Sänger als Aushängeschild und als Erfolgsgarant. Und ihm fällt ein: Das mit dem durch fünf teilen, das seh' ich jetzt gar nicht mehr so.“ Streitigkeiten innerhalb eines Bandgefüges lassen sich nicht generell ausschließen. Aber es gibt ein juristisches Hilfsmittel, das „einige grundlegende Weichen stellen kann, die das Zusammenleben und Zusammenwirken einer Band erleichtern“, wie Klatt es formuliert. Dieses Hilfsmittel ist der Bandvertrag - oder, juristisch korrekt ausgedrückt, der GbR-Vertrag. Eine GbR ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts - „und eine solche bilden Musiker de facto immer dann, wenn sie sich in Gewinnerzielungsabsicht zusammenschließen“, erklärt der Anwalt in der Juristen eigenen Ausdrucksweise. Soll heißen: Tun sich mehrere Menschen zusammen, um Geld zu verdienen, bilden sie automatisch eine GbR. Setzen sie einen Bandvertrag auf, wird „das, was eh passiert, auf juristisch feste Füße gestellt.“ Man sollte jedoch nicht zum Anwalt gehen, wenn man nur hobbymäßig zusammen spielt. „Die Bandmitglieder sollten schon ernsthaft den Entschluss gefasst haben: Wir wollen das professionell machen. Das kann heißen: Wenn es losgeht, muss man bereit sein, Ausbildung, Studium oder Beruf kurzfristig aufzugeben.“

Was nüchtern und eher prosaisch klingt, nämlich einen solchen Vertrag aufzusetzen, sei ein längerer Prozess, „in dem der Anwalt viele Fragen stellt“, beschreibt Jurist Klatt. Die Band wird über Gefahren aufgeklärt, die sich auf dem Weg in die Charts ergeben können. Gemeinsam werden auf die jeweilige Band zugeschnittene Richtlinien aufgestellt, was passiert, wenn etwa jemand die Gruppe verlassen will - oder auch soll. „Standardverträge helfen hier nur bedingt weiter.“ Außerdem wird geklärt, wer die Rechte am Bandnamen hat. Die ursprüngliche Besetzung wird fest geschrieben, bei Umbesetzungen muss der Vertrag geändert werden.

Wer macht die Texte, wer komponiert, wer vertritt die Gruppe als „Bandbevollmächtigter“ nach außen hin und sagt etwa Auftritte zu? All dies kann im Vertrag stehen. Der Kölner Rechtsanwalt Rüdiger Grothues - ebenfalls spezialisiert auf Musiker - empfiehlt zudem festzuhalten, welche Teile der Anlage zum „Gesellschaftsvermögen“ werden und was Privateigentum bleibt. „Wenn die Gruppe sich trennt, gibt es oft Streit, wem jetzt der Verstärker gehört“, sagt Grothues, der selber langjährige Banderfahrung hat.

Gewisse Regeln können die Bandmitglieder unter sich ausmachen. Und bei vielen Fragen wissen auch erfahrene Musikerfreunde Rat. Aber ein Anwalt - da sind sich Grothues und Klatt einig - kann sachlicher an die Sache herangehen. Er kennt sich auch besser mit dem juristischen Kauderwelsch aus, wie es beispielsweise in Plattenverträgen steht. Denn aus dieser Richtung drohen weitere Gefahren. „Plattenfirmen bieten von sich aus meist recht einseitige Verträge an“, so Klatts Erfahrung. „Oft ist die Freude so groß, dass man ja sagt, ohne sorgfältig zu untersuchen, was in dem Papier alles drin steht. Ist ein Vertrag erst einmal unterschrieben, ist es zu spät.“ Ungünstige Konditionen, lange Bindungen, Knebelparagraphen, alles kann drin sein. Auf faire Vereinbarungen zwischen Künstlern und Labels hinzuwirken, das ist der zweite Weg, auf dem Juristen Bands helfen können. Plattenfirmen denken erst mal an die Vermarktung, Gruppen wollen sich die künstlerische Freiheiten erhalten - „und wir helfen, dass wirklich beide ihren Spaß am Vertrag haben“, sagt Klatt.

Wer professionellen Rat in juristischen Fragen sucht, findet auf der Homepage des „Köln Kontakters“ eine Reihe von Anwälten, die sich auf die Popmusik spezialisiert haben. (MONTAGE: EICKEN)

Musiker, die vorgestellt werden möchten, wenden sich an den „Kölner Stadt-Anzeiger“, Ruf: 224-2323 / 2297, e-mail: KSTA-Stadtteile@mds.de, Anschrift: Amsterdamer Straße 192, 50735 Köln. Bewerber sollten Musikproben zusenden.

 www.koelnkontakter.de

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