"Rezepte gehen von Köln in die Welt"

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Weniger Zucker, weniger Fleisch: Vapiano reagiert auf veränderte Kundenbedürfnisse.

Weniger Zucker, weniger Fleisch: Vapiano reagiert auf veränderte Kundenbedürfnisse.

Herr Halfmann, in Kürze verlässt Vapiano Bonn und zieht in die neue Zentrale am Kölner Rheinauhafen. Wie weit sind Sie mit den Vorbereitungen, und warum haben Sie sich für Köln entschieden?

Wir ziehen Anfang November um und freuen uns sehr, dass wir diese attraktive Lage im Hafen gefunden haben. Wir wachsen rasant. Der Bonner Standort ist einfach zu klein. Wir haben uns für Köln entschieden, weil Köln liberal, bunt, multikulturell, dynamisch und sehr kreativ ist. Das passt perfekt zur DNA von Vapiano.

Was genau wird hier angesiedelt?

Die neuen Bestellterminals

Die neuen Bestellterminals

Wir haben im Erdgeschoss gerade unser fünftes Kölner Restaurant eröffnet. In den zwei Etagen darüber wird unsere neue Zentrale für über 100 Mitarbeiter sein. Hier wird auch unsere Testküche stehen, in der wir Produkt-Specials mit unseren nationalen und internationalen Köchen und Partnern entwickeln. Von Köln aus gehen die Rezepte dann in die Welt.

Die Kundenbedürfnisse verändern sich. Macht das Ihr Geschäft schwieriger?

Nein. Auf der Produktseite haben wir schon im letzten Jahr viele vegane, vegetarische und laktosefreie Gerichte auf die Speisekarte genommen, um dem wachsenden Gesundheitsbewusstsein Rechnung zu tragen. Pasta, Pizza und Salate gibt es bei uns auch glutenfrei. In Kürze werden wir uns auch auf Zuckerreduzierung und auf Low-Carb-Gerichte wie Zucchinipasta fokussieren. Insgesamt hat das Restaurantgeschäft derzeit eine enorme Dynamik, insbesondere in unserem Segment, das zwischen McDonald's und dem klassischen Restaurant angesiedelt ist. Die Kunden erwarten auch neue Services - daran arbeiten wir ständig.

Vapiano-Chef Jochen Halfmann

Vapiano-Chef Jochen Halfmann

Wie sehen die aus?

Nicht nur Süßes, Kaffee und alkoholische Getränke, auch Speisen können Gäste sich künftig an den Tisch bringen lassen. Die Wartezeit wird zudem verkürzt, wenn Kunden die Order Points am Eingang nutzen: Sie können dort für die ganze Familie Pizza, Pasta und Salat auf einmal bestellen. Viele Kunden haben sich das gewünscht, weil sie - wenn sie in einer größeren Gruppe kommen - nicht an verschiedenen Kochstationen warten möchten. Alles ist dann zur gleichen Zeit fertig und kann auf einmal abgeholt werden.

Sparen Sie dadurch auch Personal?

Es macht in Spitzenzeiten die Abläufe in der Küche schon effizienter. Kosteneinsparung steht hier nicht im Vordergrund, sondern ein verbessertes Gasterlebnis. Gleichzeitig brauchen wir ja auch mehr Personal für den Service am Tisch.

Wie sehen Ihre Expansionspläne aus?

Wir wollen bis 2020 unser Restaurantnetz verdoppeln auf 330 Restaurants weltweit mit starkem Fokus auf Europa. Das größte Wachstum wird in Deutschland - auch in NRW - sowie in Frankreich, Großbritannien, Schweden, Niederlande und Österreich stattfinden. Wir starten in Kürze aber auch in Dänemark und in Spanien.

Wieviel investieren Sie im Schnitt pro Laden?

Zwischen 1,5 und 2,5 Millionen Euro. In Köln waren es zwei Millionen, weil wir hier auch eine große Terrasse haben und die Filiale unser Aushängeschild wird.

Sie haben sich gerade frisches Geld durch den Börsengang verschafft. Was machen Sie konkret damit?

Wir haben dadurch 85 Millionen Euro an Zuflüssen, die ausschließlich in die Restaurants investiert werden. 2017 investieren wir 25 bis 30 Millionen in 25 bis 30 Filialen. Im kommenden Jahr wollen wir 30 bis 35 neue Filialen eröffnen und testen dabei auch etwas kleinere Restaurants. Und wir investieren ins digitale Geschäft wie etwa unsere App. Wir bauen zudem unseren Online-Shop aus. Dort verkaufen wir künftig auch Wein. Und: Wir investieren auch in Take-away-Services.

Schaden Sie dadurch nicht dem Restaurantgeschäft?

Es gibt zwar einen gewissen Kannibalisierungseffekt, der wird aber überkompensiert durch das Geschäft, das wir mit neuen Kundengruppen machen.

Der Börsengang hat Ihnen zwar viel Geld eingebracht, Sie aber auch viel Geld gekostet. Sie sind im Halbjahr deutlich in die Verlustzone gerutscht. Wie läuft es denn aktuell?

Der Nettogewinn ist nicht unser Kernfokus. Wir wollen wachsen und müssen investieren. Hohe Investitionen schlagen immer auf den Gewinn. Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen sind wir um 50 Prozent gewachsen. Im Jahr 2020 wollen wir Cashflow-positiv sein. Wir sind voll im Plan. Zum aktuellen Geschäft werden wir uns äußern, wenn Mitte November die Quartalszahlen veröffentlicht werden.

Wie oft essen Sie eigentlich selbst in einem Ihrer Restaurants?

Dreimal die Woche. Ich probiere alle regionalen Specials selbst aus - egal, in welchem Land ich gerade bin. Das interessiert mich einfach. Am liebsten esse ich aber Pasta mit Rindfleisch und Garnelen.

Zur Person

Jochen Halfmann, Jahrgang 1964, ist seit zwei Jahren Vorstandschef der Restaurantkette Vapiano. Der Betriebswirt begann seine berufliche Laufbahn bei Douglas und wechselte 1999 in die Geschäftsführung der Biba GmbH. Nach weiteren beruflichen Stationen bei Douglas wurde er 2014 Geschäftsführer Deutschland der Pandora Jewelry GmbH. (eve)

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