HomeofficeDas sind die Gefahren bei der Heimarbeit

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Jeder fünfte Arbeitnehmer würde gerne mehr von zu Hause aus arbeiten.

Jeder fünfte Arbeitnehmer würde gerne mehr von zu Hause aus arbeiten.

Köln – Arbeitszeiten vom Büro in der Firma in das eigene Arbeitszimmer zu Hause ("Homeoffice") zu verlagern, ist in Deutschland noch nicht besonders verbreitet. Nur zwölf Prozent aller abhängig Beschäftigten hierzulande arbeiten überwiegend oder zumindest gelegentlich von zu Hause aus, hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) berichtet. Dabei - so das DIW - wäre die Arbeit im Homeoffice bei 40 Prozent aller Arbeitsplätze möglich.

Andere Länder in der Europäischen Union sind in dieser Hinsicht viel weiter: in Finnland und Großbritannien liegt der Anteil der Arbeitnehmer, die zumindest gelegentlich im Homeoffice arbeiten, bei 20 Prozent, in Dänemark und Luxemburg sind es fast 24 Prozent, in Schweden über 25 und in Island sogar mehr als 30 Prozent.

Jeder Fünfte würde gerne zu Hause arbeiten

Dabei gibt es auch unter den Beschäftigten in Deutschland einen stärkeren Wunsch auf Heimarbeit: Etwa jeder fünfte Arbeitnehmer hierzulande würde gerne regelmäßig Arbeitstage im Homeoffice verbringen, wenn der Arbeitgeber dies zuließe, schreibt Karl Brenke vom DIW. "Im Denken mancher Personalverantwortlichen mag noch verankert sein, dass die Leistung der Beschäftigten nur qua Anwesenheit zu kontrollieren ist", meint Brenke.

Dabei liegen die Vorteile des Homeoffice für beide Seiten auf der Hand: Arbeitgeber können Kosten für die Bereitstellung von Büroarbeitsräumen samt Möbel sowie Heiz- und Reinigungskosten sparen, wenn sie ihre Beschäftigten an einem oder mehreren Tagen die Woche zu Hause arbeiten lassen. Die Arbeitnehmer selbst freuen sich über gesparte Wegezeiten zum und vom Büro (was auch der Umwelt zugute kommt), aber auch über eine größere Flexibilität bei der Verteilung ihrer Arbeitszeit auf den Tag und eine einfachere Balance zwischen Berufs- und Privatleben.

Zufriedenheit steigert die Motivation

Eine größere Zufriedenheit der Arbeitnehmer steigert zudem ihre Motivation. Umfragen zeigen, dass im Homeoffice länger gearbeitet wird als im Büro des Arbeitgebers. Dabei spiele eventuell auch eine Rolle, dass Arbeitnehmer das Recht auf selbstbestimmte Arbeitszeiten zu Hause ("Vertrauensarbeitszeit") als Entgegenkommen des Arbeitgebers wahrnehmen, "so dass sie sich in der Pflicht fühlen, dieses Entgegenkommen mit einem höheren Arbeitsengagement zu erwidern", heißt es in einer aktuellen Studie zum "selbst organisierten Arbeiten" der arbeitnehmernahen Hans-Böckler-Stiftung in Düsseldorf.

Möglicherweise setzt sich diese positivere Beurteilung von Homeoffice aus Arbeitgebersicht nun auch stärker bei den Personalverantwortlichen durch. Die BWA Akademie in Bonn, Spezialist für Personalentwicklung und Outplacement, hat soeben eine Studie unter dem Titel "New Work" - Neue Arbeit - veröffentlicht. 100 Personalexperten aus der deutschen Wirtschaft wurden gefragt, was aus ihrer Sicht der wichtigste Wunsch der Arbeitnehmer ist. Vor Teilzeit, Betriebsrente, Dienstwagen und Bonuszahlungen lag dabei der Wunsch nach flexiblen Arbeitszeiten und nach Arbeit im Homeoffice an erster Stelle.

Virtuelle Firma wird zur Realität

"Die virtuelle Firma ohne eigene Büroräume wird innerhalb der nächsten zehn Jahre Realität", sagt die BWA Akademie voraus. 48 der 100 Befragten erwarteten bis 2027 in Deutschland eine "Auflösung von Büroraum" auf breiter Front. Sogar 85 Prozent der Befragten rechnen damit, wenn der Zeitraum um fünf Jahre auf 2032 verlängert wird. Lediglich zwei Prozent der Befragten erwarteten, dass es "niemals" so weit kommen werde.

Als Vorteile dieser Entwicklung sehen die Personaler eine höhere Kreativität sowie steigende Zufriedenheit, wenn die Arbeitnehmer zu Hause, in einem Café oder auch unterwegs arbeiten können.

Während die Arbeitgeber also anscheinend offen dafür sind, den Beschäftigten mehr Tage im Homeoffice zu erlauben, warnen Arbeitnehmervertreter vor möglichen Folgen: Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) befürchtet durch das Homeoffice eine Aufhebung der täglichen Höchstarbeitszeit und damit die Gefahr einer gesundheitsgefährdenden Ausweitung der Arbeitszeit.

Auch die Arbeitnehmer selbst schätzen diese Gefahr ähnlich ein: Im sozio-ökonomischen Panel - einer repräsentativen Befragung in fast 11 000 Haushalten - meinten nur 26 Prozent der Arbeitnehmer ohne Homeoffice, dass sie "abends von der Arbeit nicht abschalten können". Bei Arbeitnehmern, die selber im Homeoffice arbeiten, äußerten sich dagegen fast 45 Prozent entsprechend. Die stärkere Selbstorganisation der Arbeit im Homeoffice kann also für viele Arbeitnehmer durchaus auch zu einem Stressfaktor werden.

Non-territoriale Arbeit

Die Berner Group hat weitere Büroräume im Rheinauhafen bezogen. Das Handelsunternehmen für Stahl, Glas, Holz und Beton aus Baden-Württemberg hat seit 2016 über 100 neue Arbeitsplätze in Köln geschaffen.

Auf die Work-Life-Balance achtet die Berner Group und bietet ihren Mitarbeitern daher auch Homeoffice-Möglichkeiten an.

Mit dem Einzug wurde auch das "non-territoriale Arbeiten" eingeführt. Die Arbeitsplätze sind täglich frei wählbar und müssen am Ende des Tages auf- und freigeräumt werden. (wif)

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