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Fünf Jahre nach FukushimaErneuter Anstieg des Klimakillers Kohlendioxid

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Manche Braunkohlekraftwerke sind veraltet, ihr Emissionsausstoß ist deutlich höher als bei modernen Gaskraftwerken. (Symbolbild)

  • Die CO2-Emissionen sind im Jahr 2015 wieder leicht gestiegen. Dabei sollten sie bis 2020 um 40 Prozent reduziert werden
  • Die Gründe liegen am erhöhten Energiebedarf 2015, gleichzeitig ging die umweltfreundlicher Stromerzeugung zurück.
  • Für die Energiekonzerne ist es billiger, Strom mit teils längst abgeschriebenen Braunkohlekraftwerken zu erzeugen als mit hochmodernen Gaskraftwerken.
  • Kritiker beklagen, dass der europäische Handel mit Verschmutzungsrechten wegen viel zu billiger Emissionsrechte nicht funktioniert.
  • Bärbel Höhn von der Grünen-Fraktion im Bundestag spricht von einer „harten Klatsche für die Bundesregierung“

Fünf Jahre nach der Atom-Katastrophe von Fukushima und dem Beginn der Energiewende in Deutschland tut sich die Bundesrepublik weiterhin schwer, den Ausstoß des Klimakillers Kohlendioxid nachhaltig zu vermindern. Wie aus einer bisher unveröffentlichten Studie der Berliner Denkfabrik  „Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft“ (FÖS) hervorgeht, sind die Emissionen im Jahr 2015 sogar wieder leicht gestiegen. Diese Zeitung beantwortet die drängendsten Fragen.

Wie stark sind die Emissionen des Treibhausgases 2015 voraussichtlich gestiegen?

Das FÖS geht von einem zusätzlichen CO2-Ausstoß in der Größenordnung von zehn Millionen Tonnen aus. Damit stiegen die Emissionen bundesweit um 1,1 Prozent auf insgesamt 912 Millionen Tonnen.  Um den CO2-Ausstoß wie vereinbart bis 2020 auf 40 Prozent der 1990 emittierten Menge zu senken, wäre im vergangenen Jahr eine Reduktion auf rund 890 Millionen Tonnen notwendig gewesen. Geschafft wurde bisher eine Minderung um rund 27 Prozent gegenüber 1990.

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Wo liegen die Ursachen für den höheren Co2-Ausstoß?

Die Studienautoren Christian Freericks und Swantje Fiedler führen vor allem zwei Gründe an: Temperaturen und Stromerzeugung. So sei der Heizenergiebedarf  witterungsbedingt gegenüber 2014 gestiegen. Dies habe  etwa zu einem 4,7 Prozent höheren Erdgasverbrauch geführt.  Der zweite Grund sind Verschiebungen in der Stromerzeugung: Die verfeuerte Menge der besonders klimaschädlichen Braunkohle stieg um rund ein Prozent, während die vergleichsweise umweltfreundliche Stromerzeugung aus Erdgas um sieben Prozent abnahm. 

Wieso steigt der Braunkohleverbrauch zu Lasten von Gaskraftwerken?

Weil es für die Energiekonzerne billiger ist, Strom mit den teils alten und längst abgeschriebenen Braunkohlekraftwerken zu erzeugen als mit hochmodernen Gaskraftwerken. Würde der europäische Handel mit Verschmutzungsrechten funktionieren, wäre dies anders: Dann müssten die Energieerzeuger für jede Tonne ausgestoßenen Kohlendioxids kostspielige Emissionsrechte kaufen, die die Braunkohleverfeuerung gegenüber Erdgasverstromung teurer machen würden. Tatsächlich sind aber seit Jahren  viel zu viele Emissionsrechte auf dem Markt, ihr Preis ist zu vernachlässigen.

Welche Rolle spielte der Autoverkehr?

Für den Co2-Anstieg keine maßgebliche. Zwar nahm die verkaufte Dieselmenge um 3,7 Prozent gegenüber 2014 zu. Dafür sank der Absatz an Kraftstoffen für Ottomotoren aber um 1,5 Prozent. Von Gewicht für den Co2-Ausstoß war dagegen der um 21 Prozent  gestiegene Verbrauch von schwerem Heizöl, vornehmlich in der Chemieindustrie. Dadurch stiegen die Co2-Emiossionen aus der Mineralölnutzung insgesamt um drei Millionen Tonnen. 

Trägt die Atomkraft zum Co2-Ausstoß bei?

Nein. Atomkraftwerke emittieren so gut wie kein Co2 – ebenso wenig wie erneuerbare Energien.  Die Abschaltung des AKW Grafenrheinfeld hatte mithin keinen Effekt auf die Co2-Bilanz. Die dadurch wegfallende Stromerzeugungskapazität wurde durch den Zubau von Wind- und Sonnenenergieanlagen um das Dreifache  überkompensiert.

Was sagen Umweltschützer zu den Studienbefunden?

Die stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, Bärbel Höhn, spricht von einer „harten Klatsche für die Bundesregierung“ : Im Dezember habe die Koalition noch „scheinheilig dafür gekämpft, dass andere Länder schädliche Klimagase reduzieren“. Jetzt folge der Offenbarungseid im eigenen Land, weil man an den selbst gesteckten Klimazielen scheitere. Seit 2008 befinde sich der CO2 Ausstoß „auf einem Plateau und es nicht erkennbar mit welchen Maßnahmen entscheidend die Nutzung von Öl, Gas und Kohle reduziert werden“ könne. Die deutschen CO2 Einsparziele bis 2020 würden somit immer unerreichbarer. Um die Klimaziele doch noch einzuhalten, sei ein Abbau der großen Überkapazitäten bei den Kohlekraftwerken notwendig. „Und wir brauchen endlich eine Trendwende im Verkehr und im Wärmebereich.“

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