GesundheitsreportAzubis sind überdurchschnittlich oft krank

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Berlin –  Junge Leute in der Berufsausbildung sind häufiger krank als ihr Alter vermuten ließe. Nach Angaben der Techniker Krankenkasse (TK) lagen sie mit durchschnittlich 11,5 Arbeitsunfähigkeitstagen (AU-Tage) im Jahr 2016 zwar drei Tage unter dem Mittelwert aller abhängig Beschäftigten. Im Vergleich zur Altersgruppe der 25- bis 30-Jährigen, die bereits im Beruf stehen, sind Auszubildende aber zwei Tage pro Jahr länger krankgeschrieben. Erst die über 40-Jährigen weisen höhere krankheitsbedingte Fehlzeiten auf als Azubis. Außerdem werden die Berufseinsteiger mit jährlich 2,1 AU-Bescheinigungen pro Kopf häufiger krankgeschrieben als die übrigen Beschäftigten mit einem Jahresdurchschnittswert von 1,22.

Ausschlaggebend dafür sind laut TK-Gesundheitsreport zum einen Bagatellerkrankungen wie Erkältungen, die bei Azubis für besonders häufige, dafür aber kurze Fehlzeiten verantwortlich sind. Zum anderen haben psychische Störungen unter Azubis seit der Jahrtausendwende mit einem Plus von 108 Prozent noch weitaus stärker zugenommen als unter den Beschäftigten insgesamt, für die die TK einen Anstieg von "nur" 88 Prozent verzeichnete. In absoluten Zahlen leiden Azubis gegenüber anderen Berufstätigen zwar seltener an seelischen Erkrankungen: Auf 100 männliche Auszubildende entfielen im vergangenen Jahr 99 AU-Tage, auf weibliche 179. Bei Berufstätigen liegen die Vergleichszahlen mit 186 und 307 AU-Tagen deutlich höher.

Allerdings fällt nicht nur der Diagnose-Anstieg für Auszubildende seit dem Jahr 2000 aus dem Rahmen, er hält auch weiterhin an. Während psychische Erkrankungen insgesamt seit drei Jahren nicht mehr zunehmen und 2016 sogar erstmals leicht zurückgingen, nahm die Zahl der Krankschreibungen bei den Azubis unvermindert zu. Mittlerweile kommen auf jeden Auszubildenden rein rechnerisch 1,33 psychisch bedingte AU-Tage pro Jahr. Zur Jahrtausendwende waren es erst 0,64 AU-Tage.

Auffällig ist die Entwicklung auch deshalb, weil in anderen Diagnosegruppen wie Skelett-, Muskel- Verdauungs- und Atemwegserkrankungen im gleichen Zeitraum leicht rückläufige Erkrankungszahlen für die Auszubildenden registriert wurden.

Ein Teil des Erkrankungsgeschehens ist nach Worten des TK-Vorstandschefs Jens Baas auf die zahlreichen Veränderungen zurück zu führen, die mit dem Verlassen der Schule und dem Start in eine Berufsausbildung einhergehen: Oftmals markiere der Ausbildungsbeginn den Auszug aus dem Elternhaus oder sogar einen Ortswechsel, der Tagesablauf verändere sich, das gewohnte soziale Umfeld gehe verloren.

Einen mindestens starken Einfluss misst der TK-Vorstand aber auch den digitalen Medien zu. Einerseits würden diese von jungen Leuten mit größter Selbstverständlichkeit genutzt. Andererseits erschwerten Smartphones und Tablet-Computer aber das Entspannen und Abschalten. Der hohe Stresslevel der Berufseinsteiger ist nach Ansicht des Neurologen Volker Busch auch darauf zurück zu führen, dass ein "Leben online" das Gehirn viel Kraft koste und eine Regeneration kaum mehr möglich sei. "Erst die konzentrierte Tiefe auf eine Angelegenheit, das Versinken in einem Buch, einem Gespräch oder das genießen der Natur entspannt das Gehirn effektiv", so Busch. Vor diesem Hintergrund plädierte Baas dafür, das Thema Medienkompetenz als festen Bestandteil in der Gesundheitsprävention zu verankern.

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