Kommentar zu Stellenabbau bei BayerEin Sparprogramm ist keine Vision

Lesezeit 3 Minuten
Bayer Werk fahnen

Fahnen wehen vor einem Schornstein auf dem Bayer-Gelände.

Bayer zieht die Notbremse. Etwas anderes bleibt dem Vorstand auch gar nicht übrig. Das Unternehmen ist heute um ein Drittel weniger wert als im August. Anders gesagt: 30 Milliarden Euro haben sich in Luft aufgelöst, der Bayer-Konzern kostet im Moment noch um die 60 Milliarden Euro. Das ist nicht viel mehr, als er kürzlich für Monsanto ausgegeben hat.

Womit der eigentliche Grund für die Misere genannt ist. Stand heute ist der größte Zukauf in der deutschen Industriegeschichte ein Schlag ins Wasser. Bayer hat sich mit Monsanto milliardenschwere Prozessrisiken eingekauft, die den Konzern noch jahrelang belasten werden. So etwas will kein Anleger sehen, so erklärt sich der dramatische Kursverlust der vergangenen Monate. Bayer ist an der Börse in eine Abwärtsspirale geraten, aus der das Unternehmen nur sehr schwer wieder herauskommt.

Vorstandschef wegen Monsanto-Deal unter Druck

Deshalb musste Vorstandschef Werner Baumann handeln. Und zwar schnell. Der Mann, der den Monsanto-Deal unbedingt wollte und gewissermaßen als Gesellenstück an den Anfang seines Mandats an der Bayer-Spitze gestellt hat, ist durch die Entwicklung seit dem Spätsommer stark unter Druck geraten.

Das merkt man dem vermeintlichen Befreiungsschlag deutlich an: Er ist eine Hauruck-Aktion, nicht das Ergebnis sorgfältiger Planung. Für keines der Geschäfte, die Bayer jetzt abstoßen will, gibt es einen Käufer. Das kann gerade bei der Sparte Tiergesundheit Probleme bereiten: Die großen Spieler in der Branche, die sich eine geschätzt fünf bis sieben Milliarden schwere Übernahme leisten könnten, dürften aus kartellrechtlichen Gründen ausscheiden. Für einen eigenen Börsengang ist die Sparte dagegen viel zu klein. Bleiben Finanzinvestoren. Das aber ist ein Weg, den Bayer bisher gescheut hat. Auch aus Imagegründen.

bei Covestro konnte Bayer nicht landen

Noch vertrackter liegen die Dinge bei Currenta. Die Firma, die an Bayers Rhein-Standorten das Tagesgeschäft managt, ist eigentlich kaum verkäuflich. Unternehmen, die im selben Geschäft unterwegs sind, haben nicht das Potenzial für eine derart schwergewichtige Übernahme. Currenta hat rund 5200 Beschäftigte, der Wert des Bayer-Anteils wird auf zwei Milliarden Euro taxiert.

Dazu kommt: Ein Käufer muss sich mit dem Co-Eigentümer Lanxess arrangieren. Beim einzigen natürlichen Currenta-Käufer, der Kunststoff-Ausgründung Covestro, konnte Bayer schon mal nicht landen. Und gerade kommt auch Covestro an der Börse unter die Räder: Dort liegt’s am Chemie-Zyklus. Im Geld schwimmen die Nachbarn deshalb nicht mehr, die Verkaufschance für Bayer ist vertan.

Jeder zehnte Job wird gestrichen

Auch die anderen Verkaufskandidaten sind keine leichten Fälle. Deshalb ergänzt Baumann sein Konzept um einen harten Sparplan. Jeder zehnte Job wird gestrichen. Das wird ein hartes Stück Arbeit, von dem auch noch fast nichts getan ist: Bisher kann Bayer nur den jeweiligen Beitrag nennen, den die einzelnen Sparten zu leisten haben. An welchem Ort der Welt die Stellen wegfallen, ist zunächst unklar.

Das alles zeigt: Bayer musste jetzt etwas berichten, um die Investoren zu überzeugen. Doch was wie eine Vision wirken soll, ist derzeit noch eine Story mit zu vielen Fragezeichen.

KStA abonnieren