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Zurich-StudieMilliardenschäden durch Unwetter

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Reif für den Sperrmüll: Hausrat nach dem Hochwasser 2016 in Kommern in der Eifel

Reif für den Sperrmüll: Hausrat nach dem Hochwasser 2016 in Kommern in der Eifel

Köln –  Starkregen und Unwetter haben im vergangenen Jahr in Deutschland einen wirtschaftlichen Gesamtschaden von 2,6 Milliarden Euro verursacht. Davon waren rund 1,2 Milliarden Euro, also weniger als die Hälfte, durch Versicherungen abgedeckt. Das geht aus einer Studie hervor, die von der Zurich Versicherungsgruppe Deutschland in Köln vorgestellt wurde. Nach Schätzungen des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) entfiel davon rund eine Milliarde Euro auf Schäden an versicherten Gebäuden und rund 200 Millionen "auf Kraftfahrzeuge, die von Wasser und Geröll beschädigt, zerstört oder von der Wucht der Gewässer weggetragen wurden".

Die Zurich-Gruppe hat von Wissenschaftlern eine Ereignis-Analyse der Starkregen-Niederschläge erstellen lassen, die zwischen dem 26. Mai und 4. Juni 2016 im Rheinland und in Süddeutschland von einer als "Tief Mitteleuropa" bezeichneten Wetterlage verursacht wurden.

Die schlimmsten Schäden gab es in Schwäbisch Gmünd und Braunsbach in Baden-Württemberg, als Ende Mai kleine Ortsbäche, Zuflüsse der Kocher, die Gemeinden verwüsteten. Eine Gewitterzelle, die sich nur sehr langsam fortbewegte, brachte lokal enorme Niederschlagsmengen in kurzer Zeit. Man sprach von 180 Millimetern. Am 1. Juni war dann vor allem Niederbayern mit zum Teil über 100 Millimeter Niederschlag betroffen - in Simbach/Inn wurde das Ortszentrum bei Rekordhochwasserständen zerstört, sieben Menschen verloren in der Region ihr Leben. Jeder zehnte Einwohner von Simbach wurde obdachlos.

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Die Forscher gehen davon aus, dass diese Starkniederschläge im vergangenen Jahr nur "die Spitze des Eisbergs" sind. "Das, was meteorologisch denkbar und möglich ist, ist bisher noch gar nicht eingetreten", heißt es in der Studie. Die Experten gehen davon aus, dass auch solche Extrem-Wetterlagen "nicht zufallsverteilt und ohne natürliche Grundlage sind". Daher könne man durchaus deutschlandweite Prognosen treffen, in welchen Regionen sich topographisch überhaupt Sturzfluten bilden können und entsprechende Gefahrenzonen ausweisen. Sturzfluten seien eben nicht "zufallsverteilt, sondern hotspotartig darstellbar".

Obwohl es derzeit noch keine landesweite Karte zum Sturzflutrisiko gibt, lasse sich aus verschiedenen Parametern ermitteln, welche Regionen besonders gefährdet sind. Zu diesen Daten gehören Informationen über die Überlagerung möglicher Starkregen-Niederschläge in Deutschland, die Topographie des Landes sowie die Dichte der Besiedlung und Angaben über die Infrastruktur.

Die Forscher haben durch die Kombination der Schadensstatistik des GDV und der neuen Extremwert-Analyse von Niederschlagsdaten aus Stationen und Radar bereits jetzt ein differenziertes Bild mit einer Nord-Süd-Ausprägung erstellt. Daraus soll jetzt eine Gefahrenkarte für Starkregen erstellt werden, aus der in einem zweiten Schritt dann eine Risikokarte entstehen soll.

Der Deutsche Wetterdienst will auf dieser Grundlage künftig bundesweit "Gefährdungszonen für Sturzfluten auszuweisen". Die Experten halten es für geboten, künftig nicht nur die großen Flüsse wie Rhein, Main, Donau und Elbe, sondern auch kleinere Gewässer ins Hochwasser-Management einzubeziehen.

Die Zurich-Experten kommen zu der Erkenntnis, dass die große Zerstörung durch die Wassermassen vor allem aufgrund des fehlenden Verständnisses für die Prozesse geschah, die während einer Sturzflut ablaufen.

Hot Spots identifizieren

Zwar gab der Deutsche Wetterdienst 3000 Unwetterwarnungen aus, aber besonders die "Hot Spot"-Bereiche sind extrem gefährdet und müssen exakter identifiziert werden. Man braucht Oberflächenwasser- und Sturzflut-Kartenmaterial, um künftig effizienter den Einsatz von Hilfsorganisationen zu planen. "Infrastruktur wurde zu nahe an kleinen Gewässern gebaut, die sich bei Sturzfluten zu reißenden Strömen entwickeln können. Anstatt sich hauptsächlich auf große Flusssysteme zu konzentrieren, muss das Wissen um kleinräumige Prozesse wie Engstellen und mögliche Verstopfungen durch Äste oder Geröll beim Risikomanagement berücksichtigt werden", erklärt Michael Szönyi, Leiter des Flood Resilience Program bei Zurich.

85 Liter pro m2

Auch in der Eifel hat Starkregen im vergangenen Sommer großen Schaden angerichtet. 85 Liter Regen pro Quadratmeter fielen am 21. Juli im Bereich Mechernich innerhalb von einer Stunde. Mehrere Hundert Einsätze koordinierte die Rettungsleitstelle des Kreises. Allein in Kommern belief sich der wirtschaftliche Schaden auf einen Millionenbetrag. (tom)

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