Köln – Ein schneller Anruf würde genügen. Doch immer wieder kommt es vor, dass Gäste ihre Reservierungen nicht absagen und Tische in Restaurants unbesetzt bleiben. Sehr zum Ärgernis der Gastronomen, die mit den Umsätzen rechnen und planen. Yannik Butze vom Mainzer Hof in der Südstadt beklagt, dass die Unverbindlichkeit der Gäste in letzter Zeit wieder verstärkt um sich greife. „Zwischen den Lockdowns kamen immer alle, jetzt scheint es wieder zuzunehmen. Es ist einfach nervig, man hält einen Tisch frei und schickt dafür andere Leute weg. Ein Handy hat doch jeder in der Tasche.“
Zuletzt seien an einem Abend acht Gäste nicht erschienen – ein Zweier- und ein Sechser-Tisch blieben leer. Dadurch brechen spürbar Einnahmen weg. Und eine Ausfallgebühr oder Vorkasse, wie er es etwa aus den USA kenne, werde sich seiner Meinung nach in Deutschland nicht durchsetzen.
Nicht abgesagte Reservierungen: Kölner Sterneküchen erheben Stornogebühr
Wovor man in Gaststätten und Brauhäusern also zurückschreckt, ist in Kölner Sterneküchen wie im Sahila von Köchin Julia Komp oder im Neobiota an der Großen Brinkgasse längst Standard: Ohne die sogenannte No-Show-Gebühr geht es im Hochpreissegment nicht. Reservierungen seien im Geschäftsalltag „ein heikles Thema“ und beschäftigen sie sehr, erzählt Komp: „Dass man etwas vergisst, kann mal passieren. Aber den Gästen sind oftmals die Folgen nicht bewusst.“ Heißt: Ein Menü enthält mindestens fünf Gänge, jedes Stück Fleisch oder Fisch sei abgezählt, „eine Spargelrose drehen dauert allein circa fünf Minuten“, die Deko werde genau abgestimmt. Wenn die Gäste unangekündigt wegbleiben, müsse man es entweder selber essen, oder schlimmer noch: Die Ware landet in der Tonne. „Wir können die Gerichte nicht aufbewahren und auch nichts mehr für andere Gäste daraus machen. Uns entgeht auch der Umsatz durch die Getränke“, klagt Komp.
In ihrem Lokal gibt es gerade einmal Platz für 22 Gäste, die sich für gewöhnlich an Zweier-Tischen verteilen. Nicht-Erscheinen kostet im Sahila 150 Euro: Wer nicht bis zu 24 Stunden vorher abgesagt hat, erhält eine Rechnung per Mail. „Das klappt leider nur in den wenigen Fällen reibungslos“, sagt Yunus Özananar, der Partner von Komp.
Die Leute beschwerten sich, fingen an zu diskutieren. Unverständlich für die beiden: Wenn man teure Konzerttickets kauft, erwarte man auch keine Rückerstattung und nehme den Verlust hin, wenn man nicht zur Veranstaltung geht. In der Gastronomie sei dies bedauerlicherweise noch anders. Kreditkartendaten fordert Komp allerdings nicht ein. Immerhin hätten sich die Ausfälle reduziert, seitdem das Sahila den großen Aufwand betreibt und täglich alle Gäste abtelefoniert.
Neobiota in Köln: Stornogebühr auch bei Frühstücksangebot
Derweil hat das Neobiota zuletzt seine Maßnahmen in Sachen Storno-Gebühr verschärft: „Bis Anfang dieses Jahr betrug sie 50 Euro, seit Jahresanfang 100 Euro für abends“, sagt Köchin Sonja Baumann. Sie und ihr Geschäftspartner Erik Scheffler haben nun für freitags und samstags auch für den preiswerteren Frühstücksbetrieb eine Gebühr von 15 Euro eingeführt. „Das ist ein Durchschnittswert, wenn die Gäste ein Gericht und einen Kaffee bestellen.“ Gerade diese Wochentage seien bis November ausgebucht. Umso ärgerlicher, findet Baumann, wenn die Leute dann nicht auftauchten. Es stelle sich bereits ein „Erziehungseffekt“ ein, zum Unmut so mancher Gäste: „Sie finden das nicht gut und beschweren sich.“ Auch wenn man zu dritt statt wie angekündigt zu viert erscheint, greift die Ausfallgebühr und die Kreditkarte wird belastet.
„Wir wollen Lebensmittelverschwendung vermeiden. Das sind unsere Spielregeln: Entweder man hinterlässt diese Daten oder man kann nicht reservieren“. Mit den gestiegenen Preisen für Energie und Lebensmittel merke man, dass manche Gäste dieser Regelung ausweichen wollen: „Auch für uns sind die Kosten gestiegen. Wir wollen niemandem Geld aus der Tasche ziehen, sondern es soll eine Absicherung für uns als kleiner Betrieb sein.“
Reservierungen: In den Veedeln ist die Lage entspannter
Andere sind ebenfalls strikt. Im Ox & Klee von Sternekoch Daniel Gottschlich muss der Gast mit 230 Euro in Vorkasse gehen, um zu reservieren – die Stornofrist beträgt bis 21 Tage vor Termin. Im Gruber’s Restaurant an der Clever Straße ist der Ton auf der Homepage offensiv: „Eine No-Show ist für uns kein Kavaliersdelikt“ steht da.
Die Ausfallgebühr beträgt hier 60 Euro pro Person, in der Caruso Pastabar im Agnesviertel 20 Euro, auch wenn etwa nur ein Gast von mehreren nicht wie angekündigt kommt. In Veedels-Gaststätten ist die Lage mitunter entspannter. Zum Beispiel „Em Ringströßje“ in Müngersdorf: „Die Leute kommen gezielt zu uns und sagen ab, wenn sie nicht können“, erzählt Wirt René Deichmann.