Köln-Humboldt-Gremberg – Mit dem Begriff Restaurant tut sich Abel Debas sichtlich schwer. Er hält den Ball lieber flach und verweist auf das Schild an der Fassade. Unter dem Namen Humboldt steht da: essen, trinken, kegeln. Das treffe es eher, meint der Chef des Lokals an der Ecke Taunusstraße/Taunusplatz. Schließlich sei die Küche nur etwa zwölf Quadratmeter groß, da bleibe kaum Platz für kulinarische Kunststückchen: „Da ist vor allem gute Organisation gefragt.“
Burger und Flammkuchen
In der Tat wirkt die Speisekarte auf den ersten Blick eher unspektakulär und wenig ambitioniert: Wiener Schnitzel, einige Burger- und Flammkuchen-Varianten, griechischer Bauernsalat.
Doch Debas setzt weniger auf die Originalität als vielmehr auf die Qualität seiner Speisen: „Das Fleisch kommt von einem exzellenten Metzger, und wir machen alles außer den Pommes selbst, auch die Soßen zum Beispiel.“ Ein Renner sei das Wiener Schnitzel, aber auch der vegane Burger mache sich hier sehr gut.
Vor knapp zwei Jahren hat Abel Debas das Lokal übernommen, in dem früher einmal die kultige Veedelskneipe Lamäng mit Restaurant-Betrieb ansässig war. Späteren Besitzern war weniger unternehmerisches Glück beschieden, sie gaben jeweils nach kurzer Zeit wieder auf. „Ich wurde anfangs kritisch beäugt, nach dem Motto: Der ist bestimmt auch bald wieder weg.“ Doch Debas, der zuvor jahrelang auf der Management-Ebene verschiedener Restaurants in der Innenstadt tätig war und mit seiner Familie im Belgischen Viertel lebt, blieb und kämpfte. Denn die Gegend, die ihm eigentlich als „No-go-Area“ geläufig war, hatte es ihm sofort angetan.
Als Kind aus Eritrea gekommen
„Im Belgischen Viertel sieht man nur Touristen oder Leute aus Bergheim“, sagt der 39-Jährige, der als Kind mit seinen Eltern aus Eritrea übergesiedelt war und in Tübingen aufwuchs. „Aber hier hat man einen ganzen Mikrokosmos aus sehr unterschiedlichen Leuten, aus jungen und alten, Studenten, Künstlern und der angestammten Arbeiter-Bevölkerung. Alles, aber keinen Mainstream.“
Salzkaramelltorte, Veganer Rübli, weiße Schokotarte, Himbeer-Mohntorte, Crème brûlée sind für 3,90 bis 4,30 Euro pro Stück zu haben. Es gibt Eissorten wie Basilikum-Limette, Heidelbeer-Schmand, Zimt, oder veganes Schokosorbet zu 1,50 pro Kugel.Espresso Doppio 2,40 Euro.BBQ- Burger mit Beilagen 16 EuroVegetarischer Halloumi Burger mit Beilagen 14 EuroFlammkuchen mit Datteln und Speck 12,50 EuroStrawberry Spinach Salat mit Himbeer-Ahorn-Dressing 12 EuroGreemberg Mule (Apéritif) 7,50 EuroZappes Broi 2,70 Euro (0,2 l)Seehof Grauburgunder 6,30 Euro (0,2 l)Lagrimas de Bhilar Garnacha (Wein) 5,80 Euro (0,2 l)Das Humboldt, Taunusstraße 9, 51105 Köln, geöffnet: Montags bis freitags von 16 bis 22 Uhr geöffnet, am Samstag und Sonntag sowie an Feiertagen ab 12 Uhr. Für Reservierungen bitte unter 0221/88085227 anrufen.
Speziell „seine“ Ecke ist sehr quirlig: Gleich gegenüber ist das Orient Café, ein paar Meter weiter Richtung KVB-Haltestelle liegt das Café Casablanca. Auf den Gehwegen davor spielt sich das pralle Leben ab. „Wir haben gleich die Außengastronomie erheblich vergrößert und begrünt, sowie die Fassade mit einer Reihe von bodentiefen Fenstern aufgebrochen. Das wirkt einladend“, erzählt Abel Debas.
Außerdem wurde der Innenraum aufgeteilt: Neben der Bar ist nun ein separates Café mit Kuchen- und Eisspezialitäten eingerichtet für die Nachmittags-Gäste, darunter Eltern, die mit ihren Pänz den Spielplatz nebenan besuchen. Torten- und Eisspezialitäten bezieht das Humboldt aus einer Manufaktur in Zollstock, den speziell für das Lokal kreierten Humboldt Espresso Blend liefert eine Rösterei aus Frechen.
Überraschungen birgt auch die Getränkekarte für den Abend: Trockene deutsche, französische und spanische Weine, weitgehend Geheimtipps, die Debas über einen kleinen, spezialisierten Weinhandel bezieht. Zuvor kann man sich einen Aperitif oder Longdrink gönnen mit neugierig machenden Namen wie Humboldt’s Tinto de Verano, Skinny Bitch, Gremberg Mule oder Humboldt’s Rosé Mule. Auf der Cocktail-Karte für später wecken neben Caipirinha und Mojito beispielsweise auch Humboldt’s Fruit Cup, oder Shandy – mit Zappes Pils und Ingwersirup – das Interesse des für neue Genüsse offenen Gasts.
Nachbar feierte seinen 90. Geburtstag
Überhaupt erfreue sich das Zappes, ein naturtrübes kölsches Bio-Pils vom Fass, unter den Gästen großer Beliebtheit, auch ohne weitere Zutaten, erzählt Abel Debas lächelnd. Er bietet daneben Weihenstephan an und natürlich Kölsch (Früh) für die Traditionalisten. Gerade die ältere Generation sei anfangs skeptisch gewesen, auch wegen der Umbauten: „Aber dann hat ein Nachbar hier seinen 90-jährigen Geburtstag gefeiert, da mussten alle kommen. Das war der Türöffner, wir konnten sie überzeugen“, erzählt der „Humboldt“-Chef.
Und dann im Winter sei die renovierte Kegelbahn auf überraschend großes Interesse gestoßen – vor allem bei jüngeren Gästen. Den Überlebensmodus habe man mittlerweile hinter sich gelassen, erzählt Debas stolz. „Als zum ersten Mal Gäste hier Flammkuchen bestellten und dann die Teller leer aßen, da ging schon ein Traum in Erfüllung“, erinnert er sich. „Es war viel Arbeit, aber heute sehe ich mir das an und sage: Da haben wir einen schönen Ort geschaffen.“