Insgesamt 15 Sterne vergibt der Guide Michelin nach Köln. Mit Julia Komp und ihrem Restaurant Sahila gibt es einen Neuling.
Guide Michelin 2023Der erste Stern für Julia Komps „Sahila“
„Der Sternenhimmel über Köln ist also weiter ausbaufähig“, haben wir in dieser Zeitung vor einem Jahr geschrieben. Ein Fazit, das auch für das kommende Jahr gilt. Der Guide Michelin hat seine Sterne neu verteilt, und die Köche in der Stadt haben davon zwar profitiert, aber es dürfte durchaus auch enttäuschte Adressen geben.
Die Zahl der mit einem Stern ausgezeichneten Restaurants ist bei elf geblieben, und somit steht Köln, das auch seine beiden Zwei-Sterne-Restaurants behält, in der NRW-Statistik weiter vor Düsseldorf mit neun Ein-Sternern. Aufsteigerin des Jahres hier ist Julia Komp, die für die Weltküche in ihrem Ende 2021 eröffneten Restaurant „Sahila“ mit dem ersten Stern dekoriert wurde. Seinen Stern verloren hat dagegen Erhard Schäfer vom Restaurant „Maître im Landhaus Kuckuck“.
„Es ist eine riesige Erleichterung und die größte Auszeichnung für mein Team und mich“, freut sich Julia Komp, die zweite Küchenchefin mit Stern neben Sonja Baumann vom Neobiota in Köln, über die erneute Auszeichnung. Sie kennt das Gefühl bereits, war sie doch 2016 als damals jüngste Sterneköchin Deutschlands für ihre Kochkunst im „Schloss Loersfeld“ in Kerpen vom Guide Michelin dekoriert worden. Anfang 2019 hatte sie sich dann eine Auszeit genommen und war auf eine Weltreise gestartet, zur kulinarischen Weiterbildung, um dem „authentischen Geschmack“ auf die Spur zu kommen.
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Sahila bedeutet „Herrscherin der Sterne“
Denn ihr Ziel war schon damals klar: „Ich träume von drei Sternen und dafür muss ich noch Gas geben.“ Seit etwas mehr als einem Jahr betreibt Julia Komp nun, zusammen mit ihrem Partner Yunus Özananar, in der Kämmergasse ihr erstes eigenes Fine-Dining-Restaurant „Sahila“ sowie die Mezze-Bar „Yu-lia“.
Im „Sahila“ – der Name bedeutet übersetzt „Herrscherin der Sterne“ – wollen sie und ihr 20-köpfiges Team die Gäste mitnehmen auf eine Reise um die Welt. Das aktuelle Menü (fünf bis sieben Gänge zwischen 143 und 174 Euro) kombiniert Gänge etwa aus Peru („Das Gold der Inka“, Kaffee/ Paranüsse/ Topinambur), Japan („Zander Ike Jime“, Miso/ Gurke/ Sesam), Sri Lanka („Carabinero“, Honigtomate/ Ingwer/ Linse) oder der Karibik („US Nebraska Flank“, Physalis/ Sellerie/ Schwarze Bohne).
Carsten Henn, der Gastrokritiker des „Kölner Stadt-Anzeiger“, urteilte: „Auch dass Komps Menü verhältnismäßig wenig Edelzutaten aufweist und sie oft mit Mousse-Elementen arbeitet, wird zuweilen kritisch gesehen, dafür ist es aromatisch allerdings ein wahres Feuerwerk.“ Sein Fazit: „Fine Dining als Weltreise – einzigartiges, kulinarisches Erlebnis mit wunderschön angerichteten Speisen.“ Julia Komp ist jedenfalls aktuell sehr glücklich: „Ein Michelin-Stern ist die größte Belohnung, die man sich wünschen kann.“
Große Enttäuschung dagegen bei Erhard Schäfer, der den seit 2009 verliehenen Stern für sein „Maître im Landhaus Kuckuck“ verloren hat. Erhard Schäfer, der bereits zwischen 1999 und 2005 für sein Börsenrestaurant „Maître“ einen Stern hatte, sagt fast schockiert: „Das ist sehr, sehr traurig. Schade, verdient haben wir das nicht, weil wir immer auf Qualität gesetzt haben.“ Man müsse das Urteil der Tester akzeptieren, zumal der Guide Michelin seine Bewertungen nie begründen würde. „Ich kann mit nur vorstellen, dass man da nicht mehr auf die Klassik geht, sondern mehr auf die Moderne.“
Eine harte Entscheidung für einen, der über Jahrzehnte bewiesen hat, welch ausgezeichneter Koch der alten Schule er ist. Auf der aktuellen Karte stehen etwa Medaillons vom Atlantikhummer auf Wildkräutersalat, in Nussbutter gebratenes Saiblingfilet mit Kresse und Kartoffelchips oder Kalbsrückenmedaillons mit Kalbsbries und Steinpilzen auf Kräutercrêpe. Das Sieben-Gang-Menü kostet 149 Euro. „Hauptsache, die Gäste sind zufrieden“, sagt Schäfer fast trotzig, die Auslastung der Restaurants würden das spiegeln.
Im „Guide Michelin Deutschland 2023“ bleibt für Köln an der Spitze erst einmal alles beim Alten. Wie jedes Jahr seit 2008 wird das „Le Moissonnier“ von Vincent und Liliane Moissonnier und Küchenchef Eric Menchon mit zwei Sternen dekoriert. Auch wenn der Patron in der vorigen Woche exklusiv im „Kölner Stadt-Anzeiger“ verkündet hatte, dass er sein Restaurant Ende Juni 2023 nach 36 Jahren schießen wird, konnten er und sein Team die Tester erneut überzeugen.
Eine Vorspeise wie „Sanglier forestière“ auf der aktuellen Karte hätte wohl selbst Obelix zum Stammgast in der Krefelder Straße werden lassen: Pithiviers vom Wildschwein mit Foie Gras, Wildsauce mit Morcheln, Totentrompeten und konfierten Schalotten, geräucherte Schwarzwurzeln mit Kaviar, dazu gerösteter Reis (52 Euro). Wer in den verbleibenden Monaten in den Genuss von Menchons komplexer Küchenkunst kommen will, braucht wohl sehr viel Glück, um noch eine Reservierung zu bekommen.
Auch Daniel Gottschlichs „Ox & Klee“ im Rheinauhafen konnte seinen im vorletzten Jahr errungenen zweiten Stern verteidigen. Gottschlich, der mit dem „Pvls“ in der Altstadt im vergangenen Jahr ein zweites Lokal eröffnet hat, bietet an vier Tagen die Woche aktuell zwei Überraschungsmenüs: das vegetarische Menü „Klee“ sowie das darauf basierende „Ox“, das auch Gänge mit Fisch, Fleisch oder Meeresfrüchten beinhaltet. Zwölf Gänge kosten 260 Euro (vegetarisch 230 Euro). Acht Gänge gibt es für 195 Euro (vegetarisch 185 Euro), allerdings nur mittwochs und donnerstags.
Die Ein-Sterne-Küche in Köln präsentiert sich auf konstant hohem Niveau. Sowohl Eric Werners „Astrein“, das „Maibeck“ von Jan C. Maier und Tobias Becker, das Restaurant Maximilian Lorenz, das „La Société“ (Küchenchef Leon Hofmockel, Menü fünf bis acht Gänge 139 – 189 Euro), das „Taku“ von Mirko Gaul im Excelsior Hotel Ernst und Roberto Carturans „Alfredo“ zeigen sich qualitätsstabil.
Carturan überzeugt mit seiner frischen italienischen Küche. Das sind Klassiker wie die „Alfredo“-Pasta-Legende Pappardelle mit Enten-Sugo (19,50 Euro), aktuell hat er beispielsweise „Steinbutt mit einem Sud aus Meeresheuschrecken, Spargel, Erbsen und frittierter Pastinake“ (48 Euro) auf der Karte. „Inspiriert durch den Einkauf frischer saisonaler Zutaten wechselt unser Menü manchmal täglich“, sagt der ausgebildete Opernsänger. Er benennt aber auch ein Problem, das seit Corona viele seiner Kollegen umtreibt. „Es ist wahnsinnig schwer, gutes Personal zu finden.“ Arbeit und Gäste gäbe es genug, allein hab er schon Tische frei lassen müssen, weil ihm die Mitarbeiter fehlten. „Ich habe am Wochenende ja traditionell geschlossen, aber ich finde trotzdem kein Personal.“
Ebenfalls einen Stern haben weiterhin Thomas Lösches „Zur Tant“ in Porz-Langel und das „Neobiota“ von Sonja Baumann und Erik Scheffler in der Innenstadt. Auch „La Cuisine Rademacher“ (Marlon Rademacher) und das „Pottkind“ (Enrico Sablotny und Lukas Winkelmann) in der Südstadt verteidigen ihren Stern.
Nicht berücksichtigt wurden einige Kandidaten, bei denen man sich das durchaus hätte vorstellen können. So das japanische Restaurant „Ito“ im Belgischen Viertel (Küchenchef Kengo Nishimi) oder das „Prunier“ in der Altstadt, dessen Küchenchef Enrico Hirschfeld aus privaten Gründen zum Anfang des Jahres ausstieg, und die Leitung der Küche an seinen Sous Chef Timo Siebert übergab.
Auch Konstantin Tzikas vom „Phaedra“ in der Elsaßstraße bleibt vorerst sternlos. Der Grieche, der bei Franz Keller in der „Adlerwirtschaft“ gearbeitet hat, und über sein Restaurant sagt, deutsch sei hier allenfalls die Präzision, wäre mit seiner Wohlfühlküche und den modernen Interpretationen mediterraner Küche aber sicherlich eine Wahl. Der Sternenhimmel über Köln bleibt ausbaufähig.
Hinweis der Redaktion: In einer vorherigen Version dieses Textes stand fälschlicherweise, Julia Komp sei die erste Köchin in Köln mit einem Stern. Dies ist nicht korrekt, denn auch Sonja Baumann hält mit ihrem Partner Erik Scheffler und dem „Neobiota“ seit Jahren einen Michelin-Stern.