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KarnevalssonntagFahrradtour als Ersatz für Schull- und Veedelszöch

Lesezeit 3 Minuten

Lappenclown Heinz Albert Brüne und Co starten zur Tour am Severinstor

Köln – „In den vergangen Wochen habe ich immer gedacht, dass die Absage der Zöch längst entschieden ist und mir nichts mehr ausmacht. Aber jetzt: Ich könnte heulen. Das ist alles so traurig“, sagt Willi Stoffel, der Zugleiter der Schull- und Veedelszöch. Normalerweise hätte er mit seinen vielen ehrenamtlichen Helfern vom Verein der Freunde und Förderer des kölnischen Brauchtums am Sonntagmorgen die Zöch von der Severinstorburg aus auf den Weg Richtung Mohrenstraße geschickt.

Und das bei optimalen Bedingungen: Temperaturen knapp über dem Nullpunkt, blauer Himmel, Sonnenschein. Nun war Stoffel mit einigen Kollegen aus dem Organisations-Team am Chlodwigplatz verabredet, zu einem Spaziergang durch die Stadt – in etwas entlang des eigentlichen Zugweges und immer schon mit Abstand.

Lappenclown auf Fahrradtour

Doch mit dieser Idee waren Stoffel und Co nicht so ganz allein. Waren in den Morgenstunden in der Stadt nur wenige erkennbare Jecke mit Mottoschal, rot-weißen Ringelsöckchen und bunten Hütchen unterwegs, wurden es zusehends mehr, je näher man an den traditionellen Zugweg herankam. An der Severinstorburg startete Internist Heinz Albert Brüne im Lappenclown-Kostüm mit einigen Freunden aus Sülz und Bickendorf zu einer Fahrradtour. „Ganz Corona-konform. Als Arzt weiß ich doch genau, worauf man achten muss. Wir machen eine ganz private Tour. Von dem blöden Virus lassen wir uns doch nicht unterkriegen.“

Dirk und Paulina Bleiel fahren auf Hochrädern über die Domplatte.

Mit einer Freundin und zwei Hunden hatte sich Anette Borngässer auf den Weg gemacht. Sie gehört zu den Raderdollen Merheimern, einem Veedelsverein, der sich um Mitarbeiter in der Palliativ-Station der Merheimer Kliniken gebildet hatte und der regelmäßig an den Zöch teilnimmt. „Ich bin seit vier Uhr auf. An so Tagen funktioniert meine innere Uhr.“ Für Passanten am Wegesrand hatte sie Muuzemandeln oder als herzhafte Variante Salamistücke und Käse eingetütet.

Einzeljecke und Kleingruppen

Darüber freuten sich auch Wolfgang und Peter Eitner (Spitznamen: Laut und Leise) aus Mülheim. „Wir waren früher bei den Rosa Funken aktiv und haben sowohl bei den Veedelszöch als auch am Rosenmontagszug immer irgendwo am Straßenrand gestanden.“ Nun wollten die beiden den gesamten Zugweg ablaufen. „Und überall, wo wir schon mal mit der Gruppe gestanden sind, machen wir Selfies. Das ist dann unsere Erinnerungs-Tour.“

Auf der Domplatte trafen die Radler um Lappenclown Brüne auf zwei Hochrad-Fahrer, die mit lauten „Alaaf“-Rufen begrüßt wurden. Das waren Dirk Bleiel und seine Tochter Paulina Bleiel vom Circus Comicus aus Bad Honnef. „Normalerweise nehmen wir immer an den Umzügen in Bonn teil, aber da ja alles ausfällt, haben wir die einmalige Gelegenheit genutzt, einmal durch das nahezu menschenleere Kölle zu radeln. Das ist echt ein Erlebnis“.

In der Tat – anstelle von 48 Schulen und 52 Veedelsvereine gab es diesmal in der Stadt nur Einzeljecke und Kleingruppen. Wer mehr sehen will, muss ins Internet ausweichen. Denn da können bei Youtube die von Harald van Bonn und Daniel Steh zusammengestellten Veedelszöch begutachtet werden. Auf deren Aufruf hin hatten mehr als 60 Familien und Vereine ihre selbstgebastelten Umzüge eingeschickt aus den ein rund einstündiges Filmchen geworden ist. An der Entstehung dieses kölschen Lego-Umzug beteiligten sich sogar bastelfreudige Jecke vom Niederrhein bis nach Bayern.