Köln – Spaziergänger, Jogger und Radfahrer bleiben Donnerstagnachmittag neugierig stehen und sehen zu, wie sich 25 Polizisten in der Nähe des Decksteiner Weihers durchs Unterholz schlagen. Die Beamten durchforsten jeden Zentimeter des Waldbodens. Akribisch gehen sie die mutmaßliche Fluchtroute ab, die jener Mann genommen haben muss, der hier am Mittwochvormittag eine Joggerin überfallen und vergewaltigt hat.„Vielleicht hat der Täter auf seiner Flucht etwas verloren, das uns bei der Fahndung nach ihm weiterbringen könnte“, sagt Polizeisprecher Thomas Held. Aber die Mühe ist vergeblich. Die Beamten finden nichts. Den engeren Bereich des Tatorts hatte die Spurensicherung bereits tags zuvor ausgiebig untersucht.
Tatort liegt neben belebter Joggingstrecke
Das Verbrechen, das sich in dem kleinen Waldstück zwischen dem „Haus am See“ und dem RWE-Verwaltungsgebäude zugetragen hat, unmittelbar unterhalb der Gleise der KVB-Linie 7, ist auch deshalb so monströs, weil es morgens um neun Uhr geschah – zu einer Zeit, zu der an dieser Stelle üblicherweise zahlreiche Frühsportler unterwegs sind, Spaziergänger mit ihren Hunden und Radfahrer auf dem Weg zur Arbeit. Der Tatort am Stüttgenweg liegt nur wenige Meter abseits einer der beliebtesten Joggingstrecken der Stadt. Doch nach allem, was die Polizei bisher weiß, hat niemand etwas von der Tat mitbekommen. Die Ermittler hegen andererseits nach eigener Auskunft auch keinerlei Zweifel daran, dass das Opfer die Wahrheit sagt.
Demnach war die Frau alleine joggen, als sie der Täter – ein 1,90 Meter großer, kräftiger Mann mit heller Hautfarbe und auffallend grünen Augen – irgendwann zwischen 8.45 Uhr und 9 Uhr ansprach und ihr einen Gegenstand gegen den Oberkörper presste. Er drohte der Kölnerin und zwang sie, ihm in das Waldstück zu folgen, wo er sie vergewaltigte.
Um das Opfer zu schützen und um kein Täterwissen preiszugeben, nennt die Polizei keine Details, spricht nur von einem „atypischen Tatablauf“ und einer „sehr speziellen Tatbegehung“. Die Einzelheiten sind so abgründig, dass sie hier nicht genannt werden. Nur so viel: Der Täter nahm sich nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ nach der Vergewaltigung noch die Zeit, sein Opfer zu bedrohen.
Es sind Tatsachen wie diese, die die Experten des Kommissariats für Sexualdelikte dazu bringen, den Täter als gefährlich einzustufen und eine groß angelegte Öffentlichkeitsfahndung zu starten. Sie fürchten, dass der Mann erneut zuschlagen könnte. „Unsere Spezialisten haben sich den Tatablauf noch einmal genau angeschaut. Sie halten es für möglich, dass der Mann eine ähnliche oder eine gleich gelagerte Tat erneut begehen könnte“, sagt Polizeisprecher Thomas Held. „Wir müssen daher jede Chance nutzen, Zeugen zu finden.“
Zeugenbefragung am Tatort geplant
Am Freitagmorgen wollen Polizisten zur Tatzeit gegen 9 Uhr Menschen ansprechen, die in der Nähe des Tatorts unterwegs sind – weil sie dort vielleicht jeden Morgen unterwegs sind und am Mittwoch bedeutsame Beobachtungen gemacht haben könnten.
Wenngleich man im Umfeld des Tatorts Wachsamkeit und Vorsicht walten lassen solle, so bestehe kein Grund, Angst zu haben, sagt Held. Überfallartige Vergewaltigungen in der Öffentlichkeit kommen in der Tat zumindest statistisch betrachtet vergleichsweise selten vor. Die Masse der angezeigten Sexualdelikte, vor allem der Vergewaltigungen, spielt sich nach Erkenntnissen der Ermittler in erster Linie im häuslichen oder familiären Bereich ab, wo Täter und Opfer sich kennen.
Täter trug schwarze Kleidung und weiße Schuhe
Der gesuchte Mann im Fall Decksteiner Weiher trug zur Tatzeit eine enge schwarze Jogginghose, eine schwarze Laufjacke, eine Wollmütze, Handschuhe und einen Mundschutz. Außerdem helle Schuhe, die aber keine Laufschuhe gewesen sein sollen. Hinweise nimmt die Polizei unter der Rufnummer 0221/229-0 entgegen.