Elf Meter für Fußgänger und RadfahrerStadt Köln will nur noch eine Autospur auf Mülheimer Brücke

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Die Verwaltung will die Verkehrsführung auf der Mülheimer Brücke ändern.

Die Verwaltung will die Verkehrsführung auf der Mülheimer Brücke ändern: Autos sollen nur noch 6,50 Meter der Fläche bekommen – Radfahrer und Fußgänger 11,24 Meter.

Wie die Mülheimer Brücke nach städtischer Vorstellung künftig aussieht. Die Politik ist noch nicht überzeugt.

Die Stadtverwaltung will Autos künftig einspurig statt wie bislang zweispurig über die Mülheimer Brücke fahren lassen. Das Verkehrsdezernat schlägt vor, den rechten Fahrstreifen jeder Richtung zum Radweg auszuweisen – obwohl direkt daneben auch ein Rad- und Fußweg angelegt wird und die Sanierung seit sechs Jahren läuft.

Lars Wahlen, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen, sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Die Sperrung der Brücke während der Baumaßnahmen hat gezeigt, dass es geht.“ Teresa De Bellis (CDU) widersprach: „Zu welcher Last, zu welchen Umwegen hat das geklappt?“

Erneut sind die beiden großen Bündnispartner im Mehrheitsbündnis mit Volt (50 von 90 Sitzen im Stadtrat) unterschiedlicher Meinung. Es ist möglich, dass sich für das Vorhaben der Stadt keine Mehrheit im Rat findet. Wann dieser darüber entscheiden soll, ist noch offen, es stehen noch einige Fachgespräche mit der Politik an.

Vergangene Woche erst überstimmten die Politikerinnen und Politiker im Verkehrsausschuss einen ähnlichen Vorschlag, die Spuren des Ehrenfeldgürtels von vier auf zwei zu reduzieren.

Auf Anfrage, wieso die Verwaltung erst jetzt die Verkehrsführung plant, nachdem sie die Brücke seit 2018 sanieren lässt, teilte ein Sprecher mit: „Die Sanierung des Bauwerks Mülheimer Brücke erfolgt vollständig unabhängig von der derzeit geprüften Flächenumwandlung.“ Sie habe keine Auswirkungen auf die Sanierungsarbeiten selbst, sondern nur darauf, wie die Radspuren von der Brücke hinunterführen. 

Rechte Fahrspuren der Mülheimer Brücke sollen zu Radweg werden

Grafik zur möglichen Aufteilung der Fahrstreifen der Mülheimer Brücke: eine Spur für den MIV, einer für Radfahrer und einer für Fußgänger auf beiden Seiten der KVB-Gleise in der Brückenmitte.

Die Stadt will Autos künftig einspurig über die Mülheimer Brücke fahren lassen.

So sieht die Mülheimer Brücke nach städtischer Vorstellung künftig aus: Statt der früheren zwei Autospuren pro Richtung soll es künftig nur noch eine geben. Die ehemaligen rechten Autostreifen nutzen Radfahrer auf je 2,50 Meter pro Richtung. Zwischen Autos und Rädern bleibt ein Sicherheitsstreifen von 75 Zentimetern. Fußgängern steht ein mehr als drei Meter breiter Bereich auf dem Rand der Brücke zu.

Mit einer Einschränkung: Radfahrende in die Gegenrichtung dürfen dort lang fahren. Denn es ist schwierig, von den Radwegen an den Ufern auf die Brückenseite mit richtiger Fahrtrichtung zu kommen. Zwischen Rädern und Fußgängern bleibt ein Meter ungenutzt. Dort schränken die Pylone der Brücke die Sicht ein, bisher ein Hindernis auf dem früher gemeinsam genutzten Rad- und Gehweg. Die KVB-Gleise in der Mitte bleiben wie zuvor.

Stadt lässt Mülheimer Brücke seit 2018 sanieren

Seit 2018 lässt die Stadt Köln die Mülheimer Brücke sanieren, sie stammt aus dem Jahr 1951 und ist in die Jahre gekommen. Aktuell können Autos nur von Mülheim nach Riehl/Niehl fahren, nicht aber andersherum. Bis zum 7. November fahren auch die Linien 13 und 18 nicht über die Brücke, weil die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) das Deckblech im Gleis erneuert. Die KVB richtete Alternativen ein. Während dieser zweiten Bauphase ist der Geh- und Radweg nur auf der Nordseite zugänglich. 

Wie der Verkehr ab Ende 2026 über die Mülheimer Brücke fließen wird, muss der Stadtrat in den kommenden Monaten entscheiden. 2026 sollen die Arbeiter mit der Sanierung fertig sein. Fest steht, dass das Geländer der Brücke nicht mehr auf der Brücke stehen, sondern außen am Rand hängen wird, also Fußgänger und Radfahrer künftig sowieso mehr Platz haben. Trotzdem werde die Fläche auf der Brücke der steigenden Radverkehrsnachfrage nicht gerecht, teilte die Stadt in ihrem Vorschlag mit. Deshalb sei es nötig, die Radverkehrsführung zu ändern. Eine generelle Verbreiterung ist laut Gutachten nicht möglich.

Der Rat hatte die Stadt schon 2016 beauftragt, sie solle prüfen, ob die rechte Autospur jeder Fahrtrichtung zum Radweg werden könne. Im vergangenen März gab es ein Fachgespräch, aus dem drei mögliche Varianten der künftigen Aufteilung der Spuren der Brücke hervorgingen. Die stellte das Verkehrsdezernat der Politik vor und sprach sich zugleich für die Halbierung der Autospuren aus.

Mit dieser sogenannten Variante 5 will die Stadt den Großteil der Brückenfläche Radfahrern und Fußgängern zusichern: 11,24 Meter. Für Autos bleiben 6,50 Meter, 25 Zentimeter mehr für die Stadtbahn. „Wir sind auf dem richtigen Weg“, sagte Lars Wahlen, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen. Noch besser seien bauliche Trennungen zwischen Autos und Rädern. Sollte auf der Autospur ein Unfall sein, können die Fahrzeuge in der bisher geplanten Variante 5 auf die Radspur ausweichen. Die Stadt teilte mit, das sei eine Bedingung für die Verkehrssicherheit auf der Brücke.

Köln-Mülheim: SPD und CDU für zweispurige Brücke

„Bis jetzt ist die zweispurige Lösung die beste“, sagte Lukas Lorenz, verkehrspolitischer Sprecher der SPD. Zwei Antworten will er bekommen, bevor Lorenz den breiten Radfahrstreifen in Betracht ziehen könne: Wie sich Sperrungen der Zoo- und Severinsbrücke auf den Verkehr auf der Mülheimer auswirkten. Und wie der Radverkehr am Wiener Platz weiterführen werde. „Jetzt enden die Radwege im Nirvana“, sagte Lorenz. Erst wenn der Anschluss funktioniere, ergebe der breite Radstreifen auf der Brücke Sinn.

Teresa De Bellis ergänzte weitere Fragen: Was die Verengung der Autospuren mit der Brücke als Teil des MIV-Grundnetzes (zur Erklärung: MIV bedeutet motorisierter Individualverkehr) und als Bindeglied der beiden Rheinseiten mache. „Diese Details kann man nicht im Sinne der Mobilitätswende einfach wegwischen“, sagte de Bellis. „Wir werden diese Variante auf keinen Fall befürworten.“ Ein Verkehrsgutachten und ein weiteres Fachgespräch sollen Punkte wie diese klären.

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