Die Schildergasse bekommt einen ungewöhnlichen Mieter. Ist das ein Zeichen für den Niedergang wie auf der Hohe Straße?
Kölner SchildergasseDiscounter auf teurer Einkaufsmeile – Warnzeichen für Niedergang?
Es ist wohl der überraschendste Neumieter auf der Schildergasse: In die ehemaligen Räume der Damenmode-Kette Hallhuber wird Kik einziehen. Der Discounter für Bekleidung und Deko ist üblicherweise eher in günstigen Lagen und Einkaufszentren vertreten. Die Schildergasse als eine der am meisten frequentieren Einkaufsstraßen Deutschlands mit hohen Mieten scheint da eine ungewöhnliche Wahl.
Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtet ein Kik-Sprecher, dass die Filiale am 22. September öffnen wird. Es wird ein Pop-up-Store, der voraussichtlich bis Ende des ersten Quartals 2024 bleiben wird. „Kik prüft immer wieder, welche Standorte besonders vielversprechend und attraktiv für die eigenen Zielgruppen sind. Der kurzfristig verfügbare Spot in der Schildergasse bietet eine gute Möglichkeit für das Unternehmen, eine breite Käuferschaft anzusprechen und sich im Herzen von Köln zu präsentieren.“ Mit dem Pop-up-Konzept könne man sehr gut in einem begrenzten Mietzeitraum Aufmerksamkeit auf „eines der größten Textilunternehmen Deutschlands“ lenken und „wertvolle Einblicke über das Einkaufsverhalten in einer bekannten und stark frequentierten deutschen Einkaufslage“ gewinnen.
Kik kommt mit Pop-up-Store auf die Schildergasse
Eine solche Entwicklung war bisher nur von der Hohe Straße bekannt, die derzeit abschnittsweise von Süßigkeitenläden, Billiganbietern und Baustellen geprägt ist. Annett Polster, Geschäftsführerin von Stadtmarketing, in dem auch zahlreiche Immobilienbesitzer der City vertreten sind, betont: „Mit den Eigentümern der Initiative der Kölner Handelslagen setzen wir uns für eine qualitative Ausrichtung der Kölner Einkaufsstraßen ein. Wichtig ist, dass längere Leerstände möglichst vermieden werden und Zwischenlösungen wie im aktuellen Fall zum Tragen kommen, auch wenn diese sich auf einem niedrigeren Preisniveau bewegen.“
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Schildergasse und besonders die Hohe Straße kämpfen schon länger für eine höhere Qualität und eine bessere Mischung des Angebots. Denn so einfach und zu so hohen Preisen wie in früheren Zeiten sind die Objekte nicht mehr zu vermieten. Thomas Nandzik vom Immobilienberatungsunternehmen CBRE, der viele Immobilien in der Innenstadt betreut, sagte vor einem Jahr im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Während man in guten Zeiten noch mit bis zu 260 Euro pro Quadratmeter rechnen konnte, muss nun verhandelt werden. Die Mieten sind um 20 bis 40 Prozent heruntergegangen.“ Wie stark, hänge sehr individuell vom Objekt ab. Von den früher üblichen Zehn-Jahres-Verträgen rede keiner mehr, manche Mieter wollen nur das Erdgeschoss oder möchten stark umbauen. So sind Verhandlungen zu Neuvermietungen häufig sehr langwierig – und deshalb kommt es häufiger zu Zwischennutzungen.
Boris Hedde, Geschäftsführer des Kölner Instituts für Handelsforschung, sagt: „Der Strukturwandel macht auch vor hochfrequentierten Lagen wie der Schildergasse nicht Halt und das Pop-up-Thema gibt es bundesweit. Jede Art von Leerstand ist schlecht, jede Art der Bespielung ist besser.“ Es könne positiv sein, wenn neue Dinge übergangsweise einmal ausprobiert würden, bis ein neuer dauerhafter Mieter einzieht. „Ich bin allerdings auf das Konzept von Kik gespannt.“
Neue Flagship-Stores, aber auch Leerstände auf der Schildergasse
Auf der Schildergasse gibt es durchaus parallele und auch gegenläufige Entwicklungen. Einerseits sind mit Armani Exchange und Ray-Ban Flagship-Stores von großen Marken dazu gekommen. Auch die Trendmarke Dr. Martens öffnete vor kurzem und der Sneaker-Händler Snipes ist erfolgreich mit einem riesigen Laden an der Ecke Neumarkt. Deichmann wird mit einer Vorzeige-Filiale in den Neubau an der Ecke Herzogstraße einziehen.
Und derzeit wird in den oberen Stockwerken des ehemaligen Kämpgen-Hauses gegenüber der Antoniter-Kirche eine Boulder-Halle gebaut, die zum Mix von Arbeiten, Einkaufen und Freizeit in der Fußgängerzone beitragen soll. Außerdem wurde mit dem Antoniter-Quartier hinter der Kirche ein Gastronomie-Bereich geschaffen, in dem man sich vom Trubel der Einkaufsstraße zurückziehen kann – ein in Umfragen häufig geäußerter Wunsch von Passanten.
Doch einige große Objekte sind derzeit von Pop-up-Stores oder Outlets nur vorübergehend besetzt, so zum Beispiel von Tchibo und Tally Weijl. Leer steht derzeit die ehemalige kleine Filiale von H&M. In einen anderen Leerstand ist ein Kiosk eingezogen. Und nun auch noch die Zwischennutzung von einem Discounter. Kik jedenfalls geht mutig voran. Europaweit sei man in 14 Ländern mit mehr als 4100 Filialen vertreten, so der Unternehmenssprecher. Langfristiges Ziel seien 5000 Filialen. Und vielleicht läuft es ja auf der Schildergasse besonders gut.