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„Nation und Nationalismus“Bischof und Vizepräsident des Zentralrats der Juden diskutieren in Köln

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Dr. Guido Schlimbach, Abraham Lehrer und Dr. Matthias Ring bei der Podiumsdiskussion im NS-Dokumentationszentrum zum Thema „Nation und Nationalismus - Was müssen Deutsche aus ihrer Vergangenheit lernen?“.

Dr. Guido Schlimbach, Abraham Lehrer und Dr. Matthias Ring bei der Podiumsdiskussion im NS-Dokumentationszentrum zum Thema „Nation und Nationalismus - Was müssen Deutsche aus ihrer Vergangenheit lernen?“.

Bei der Podiumsdiskussion ging es unter anderem um das historische Verhältnis zwischen Juden und Alt-Katholiken.

Die alt-katholische Kirchengemeinde Christi Auferstehung in Köln feiert dieses Jahr ihr 150-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass hat sie am 7. März zu einer Podiumsdiskussion eingeladen. Der Austausch wurde in den Räumlichkeiten des EL-DE-Haus geführt und stand unter dem Thema ‚Nation und Nationalismus – Was müssen Deutsche aus ihrer Vergangenheit lernen?‘

Die alt-katholische Kirche gründete sich in Abgrenzung an die römisch-katholische Auffassung von der Autorität des Papstes. Sie steht für einen dialogorientierten Reformkatholizismus, der sich von traditionellen Lehrmeinungen absetzt. Zum Jubiläum organisiert die Gemeinde monatliche Veranstaltungen zur Förderung des Dialogs. Diesen Monat debattierten Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrats der Juden und Bischof Matthias Ring, moderiert von Guido Schlimbach.

Podiumsdiskussion im EL-DE-Haus: „Das beste Mittel gegen Antisemitismus sind konkrete Begegnungen“

„Bei der Planung des Jubiläumsjahres war uns schnell bewusst, dass wir die Rolle der alt-katholischen Kirche im Nationalsozialismus thematisieren müssen“, sagte Pfarrer Jürgen Wenge. „In der Planungsphase ahnten wir noch nicht, dass die unterschiedlichen Facetten des Themenkomplexes so an Aktualität gewinnen würden.“ Er hob aktuelle politische Entwicklungen hervor und verwies auf die Ereignisse des 7. Oktobers, die taggenau fünf Monate zurücklagen.

Bischof Ring begann die Diskussion mit einem Blick auf das historische Verhältnis zwischen Juden und Alt-Katholiken. „Führende Alt-Katholiken haben sich immer gegen den Antisemitismus ausgesprochen und anti-jüdische Stereotype zurückgewiesen“, erklärte Ring. Er betonte die Bedeutung von Begegnungen: „Das beste Mittel gegen Antisemitismus sind konkrete Begegnungen.“ Gleichzeitig räumte er Fehler in der NS-Zeit ein. Durch die Bezeichnung als „Nationalkirche“ habe man Zulauf aus dem völkischen Lager bekommen. Seit dem Ende des Krieges taucht die Bezeichnung nicht mehr auf. „Wir haben nach wie vor aber kein Konzept, wie wir als Kirche über gesellschaftspolitische Fragen diskutieren können.“

Abraham Lehrer würdigte Rings Aufarbeitung: „Die Menschen, die nach 1945 geboren wurden, tragen keine Schuld, sie tragen Verantwortung. Ich glaube, Bischof Ring ist dieser Verantwortung mehr als gerecht geworden.“ Er ist überzeugt, dass jüdische Menschen aktuell solidarische Zeichen der Gesellschaft vermissen und forderte: „Keiner wird als Nazi geboren. Was hat da wirklich Wirkung gezeigt? Wir müssen mit allen Berufsgruppen, die auf junge Menschen Einfluss haben, ein neues Konzept entwickeln.“ Die Bedeutung des persönlichen Kontakts zwischen Menschen sei ungemein wichtig. Abschließend zitierte er seinen alten Religionslehrer: „Seien Sie gute Christen. Wenn Sie gute Christen sind, können wir gute Juden sein.“

Die Veranstaltung war gut besucht und bot im Anschluss lebhafte Diskussionen. In Köln zählt die alt-katholische Gemeinde 630 Mitglieder. Sie besteht seit 1872 und ist seit 1874 staatlich anerkannt.