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Interview mit Michael WeißÄrztlicher Direktor über Umzug nach Merheim: „Die Kinderklinik bleibt erhalten“

Lesezeit 4 Minuten
Das Kinderkrankenhaus an der Amsterdamer Straße.

Das Kinderkrankenhaus an der Amsterdamer Straße.

Der Ärztliche Direktor des Kinderkrankenhauses Michael Weiß über den geplanten Umzug nach Merheim, die Säuglingsstation und die emotionale Bindung zum Standort Amsterdamer Straße.

Herr Professor Weiß, was geht in Ihnen vor, wenn Sie Sätze wie: „Keine Schließung des Kinderkrankenhauses Amsterdamer Straße!“ und „Das Kinderkrankenhaus muss erhalten bleiben!“ lesen?

Michael Weiß: Ich stimme zu und staune gleichzeitig. Denn das Kinderkrankenhaus wird nicht geschlossen. Ich weiß, dass diese Formulierungen Teil einer Petition sind, die sehr viele Menschen unterschrieben haben …

… mehr als 55 000.

Ja, aber ich möchte es klar und deutlich sagen: Die Kinderklinik bleibt erhalten. Wir reden nicht von einer Schließung. Geplant ist ein Umzug, eine Verlagerung nach Merheim. Das Kinderkrankenhaus wird Teil des dortigen Gesundheitscampus und rückt näher an die großen Kliniken der Erwachsenenmedizin heran. Das ist notwendig und sinnvoll, um die Zukunft des Kinderkrankenhauses zu sichern. Wir brauchen einen modernen Klinikbetrieb, der die erweiterten diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten und den Einsatz neuer medizinischen Geräte und Apparate ermöglicht. In Merheim, wo durch die Nähe zu den anderen Kliniken alles unter einem Dach ist, können wir rascher und effektiver reagieren. Wir benötigen ein Krankenhaus der kurzen Wege.

Wird die Kinderklinik am neuen Standort eine Abteilung in einem der bestehenden Häuser oder bleibt sie erkennbar als Kinderkrankenhaus?

Die Kinderklinik bekommt einen eigenen Neubau mit separatem Zugang. Der Charakter des Kinderzentrums bleibt erhalten. Auf keinen Fall ziehen wir in die elfte oder zwölfte Etage eines anderen Gebäudes. Das Kinderkrankenhaus mit der Kinder- und Jugendmedizin, der Kinderchirurgie und Kinderurologie, der Neonatologie und den Fachabteilungen Kinderradiologie und Kinderanästhesie sowie der Kinder- und Jugendpsychiatrie (am Standort Holweide) – alles aufs Kind bezogen – bleibt erhalten. Ebenso das Konzept mit allen Spezialisierungen zum Beispiel für kindliches Rheuma, Diabetes, Kardiologie, die Verbrennungsbehandlung und die Fehlbildungs-Chirurgie.

Prof. Michael Weiß, Ärztlicher Direktor des Kinderkrankenhauses Amsterdamer Straße in Köln, äußerte sich zum Umzug der Klinik.

Prof. Michael Weiß, Ärztlicher Direktor des Kinderkrankenhauses Amsterdamer Straße in Köln, äußerte sich zum Umzug der Klinik.

Es gibt derzeit die Neonatologie und die Kinderintensivmedizin in Riehl und die Früh- und Neugeborenenstation, das Perinatalzentrum, im Krankenhaus Holweide, das ja ebenfalls Teil des Campus Merheim werden soll. Werden Perinatalzentrum und Frauenklinik später Teil der neuen Kinderklinik?

Die räumliche Trennung eines Perinatalzentrums für Frühchen an der Grenze zur Lebensfähigkeit und einer großen Geburtsklinik in Holweide und einer Neonatologie und Kinderintensiv in Riehl würde bei einer Neuplanung so nicht mehr gehen. Das bedeutet nämlich, dass die Ärzte zwischen den Standorten wechseln beziehungsweise die Kinder verlegt werden. Wir bewältigen das seit vielen Jahren gut, aber Perinatalzentrum, Frauenklinik und Kinderklinik gehören zukünftig ganz klar unter ein Dach.

Beim Thema Bauen befindet sich die Kinderklinik derzeit in einer ungewöhnlichen Situation. Einerseits werden der Neubau und Umzug nach Merheim geplant. Auf der anderen Seite soll Anfang 2024 am jetzigen Standort der neue F-Trakt mit drei Säuglingsstationen eröffnet werden. Immerhin ein Projekt, das 20 Millionen Euro gekostet hat und für das auch private Spenden geflossen sind. Wenn die Pläne umgesetzt werden, lässt sich der Trakt nur wenige Jahre nutzen. War dieser Bau wirklich notwendig?

Unbedingt. Es ist höchste Zeit, dass die Säuglingsstation umzieht. Die angemessene Mutter-Kind-Unterbringung in modernen Zimmern mit Bad ist längst überfällig. Durch die Corona-Pandemie hat sich die Eröffnung um zwei Jahre verzögert. Mit dem F-Trakt schaffen wir die Voraussetzungen, die Kinderklinik weiterzuentwickeln. Der Neubau gibt uns die Rückendeckung für die nächsten Jahre, um die Patienten medizinisch hochqualifiziert zu versorgen. Bis zum Umzug nach Merheim werden noch einige Jahre vergehen. Anderes ausgedrückt: Es werden hier in den nächsten Jahren Hunderte von Neugeborenen pädiatrisch, chirurgisch und neonatologisch betreut werden.

Die Kritiker der Verlegung nach Merheim befürchten, dass die pädiatrische Versorgung im Kölner Norden geschwächt wird. Ist das so?

Das denken wir nicht. Mit dem Standort Merheim wird es einen großen medizinischen Versorger im Rechtrheinischen, mit der Uniklinik Köln einen Maximalversorger linksrheinisch geben. Beide jeweils mit einer Kinderklinik.

Es besteht bei vielen Menschen in Köln eine emotionale Bindung an die „Amsterdamer Straße“ als Oberbegriff für das Krankenhaus. Mit dem Umzug geht auch ein Stückchen Geborgenheit verloren.

Daher wird in der Tat überlegt, die Marke Amsterdamer Straße weiterzuführen. Wir möchten diese an den Namen geknüpfte generationsübergreifende Identifikation keinesfalls preisgeben.

Sie haben die aus Ihrer Sicht erwarteten Vorteile eines Umzuges der Kinderklinik erläutert. Können Sie dennoch die Proteste, die Sorgen der Menschen verstehen?

Ich verstehe das vollkommen und versuche sie zugleich durch sachliche Informationen und Klarstellungen zu mildern. Wir können versichern, dass wir das medizinische Angebot einer Kinderklinik am neuen Standort komplett aufrecht erhalten werden. Ich verstehe auch, dass das Aufgeben einer liebgewonnenen und inhaltlich sehr geschätzten Versorgung, für die die Amsterdamer Straße seit Jahrzehnten steht, durch eine gute Alternative abgelöst werden muss. Daher noch einmal: Der Weg nach Merheim ist ein Ja zum Fortschritt in der Kinder- und Jugendmedizin und ein Ja zur Weiterentwicklung des Kinderkrankenhauses.