Die Kölner Politik ist auf dem Weg, Großprojekte zu streichen, einen kleinen Schritt weitergekommen.
Beschluss nach Streit im RatsbündnisStadt Köln muss Großprojekte identifizieren, die gestrichen werden können
Die Verwaltung muss herausarbeiten, welche Großbauprojekte realistisch noch gestrichen werden können und für diese Projekte detaillierte Bedarfsanalysen vornehmen. Diese Entscheidung hat der Hauptausschuss des Stadtrates am Montag auf Drängen der Volt-Fraktion getroffen.
Dem Beschluss ist ein Streit im Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt vorausgegangen. Volt hatte in einem ersten Antrag vorgeschlagen, dass die Verwaltung alle 122 Großbauprojekte, die mehr als zehn Millionen Euro kosten und derzeit in Planung oder Umsetzung sind, in der bereits vorhandenen Liste mit mehr Details ausstattet. Die Anforderung: Eine umfassende Bedarfsanalyse nach Bundesnormen für alle Projekte.
Kölner Museumsbauten stoppen? „Das ist eine politische Frage“
Christian Achtelik, der für Volt im Ausschuss saß, sagte: „Wir wollen bei der Verwaltung keinen Berg Arbeit auslösen.“ Allerdings seien mehr Details und eine Einschätzung der Bedarfe als Grundlage für die Entscheidung, welche Projekte bestehen bleiben und welche nicht, notwendig. Für die meisten Projekte habe die Verwaltung ohnehin schon Bedarfsanalysen erstellt, diese müsse man bloß in der Liste ergänzen.
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Seine Mitstreiter von Grünen und CDU waren schon vorab wenig begeistert von dem Antrag. Man könne Entscheidungen, etwa für oder gegen ein Museum oder ein Tanzdepot, nicht mit Bedarfsanalysen objektiv fällen. Die Politik müsse selbst in der Lage sein, abzuwägen. Im Ausschuss sagte Lino Hammer, Fraktionsgeschäftsführer der Grünen: „Es ist schwierig, zu fragen, welche Bedarfe ein Museum rechtfertigen. Das ist eine politische Frage.“ Der wissenschaftlich anmutende Ansatz seiner Bündnispartner gefiel ihm nicht: „Wir können uns dem Antrag nicht anschließen.“ Da es sich bei den Bauten, die womöglich streichbar wären, ohnehin um Kulturprojekte handele, forderte er: „Lass uns die Projekte da diskutieren, wo sie hingehören: im Kulturausschuss.“
Zustimmung für Vorschlag der Volt-Fraktion von SPD, FDP und Linken
CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau lobte den bisherigen Prozess, wenngleich die Liste schon rund neun Monaten ohne Entscheidung durch verschiedenste Ausschüsse gereicht wird. „Diese Liste war eine gute Maßnahme, um Transparenz zu schaffen.“ Den Vorschlag, sie mit Details auszuweiten, hielt auch er für nicht sinnvoll.
Die große Frage lautet: Auf welcher Grundlage kann der Stadtrat entscheiden, welche Großprojekte angesichts der schwierigen Finanzlage, in der sich die Stadt befindet, noch gestoppt oder verschoben werden können? So unbeliebt der Volt-Vorschlag, hierfür eine detailliertere Liste anzufordern, im eigenen Bündnis war, so breit war die Zustimmung in der Opposition des Stadtrates. „Keiner von uns hat einen Überblick, ob die Dinge leistbar sind“, sagte Christian Joisten (SPD) über die Großbauprojekte. Aktuell gehe die Politik mit der Liste um „wie mit einer heißen Kartoffel.“ Den Wunsch nach mehr Transparenz teilte er.
Auch Güldane Tokyürek (Linke) sagte: „Es steht uns nicht gut zu Gesicht, wenn wir hier nichts machen.“ Ihre Fraktion priorisierte die Bauvorhaben sogar schon. Das lobte die FDP, sie sei dazu auch selbst bereit. FDP-Fraktionschef Ralph Sterck sagte: „Der Weg, den Grünen und CDU gehen, das Übergehen zur Tagesordnung, ist falsch.“
Kölner Ratsbündnis einigt sich nach komplizierter Debatte
Baudezernent Markus Greitemann nannte den Volt-Antrag der Idee nach zwar „klug“, die Bedarfsanalysen für alle Projekte lehnte er allerdings ab: Die Liste werde dadurch zu unübersichtlich, außerdem gehe es bei den möglicherweise zu stoppenden Bauten um „weniger als zehn Projekte“, davon fast nur Kulturbauten.
Um einen Kompromiss zu ermöglichen, machte Achtelik (Volt) einen neuen Vorschlag: Die Verwaltung sollte in Vorbereitung auf ein Fachgespräch mit der Politik alle Bedarfsanalysen, soweit sie schon vorliegen, präsentieren. Die Reaktion von Grünen und CDU sagt auch etwas über das Standing des Juniorpartners Volt im Ratsbündnis: Lino Hammer schüttelte gut sichtbar den Kopf, Bernd Petelkau lehnte sich breit grinsend in seinen Stuhl zurück.
Kölner Großprojekte: Mögliche Streichkandidaten
Der letzte Vorschlag, auf den sich der Ausschuss dann doch einigen konnte: Es gibt zwei Fachgespräche. In dem ersten werden Projekte benannt, die aus der Liste realistisch überhaupt für eine Streichung infrage kommen – weil sie nicht zwingend notwendig sind für den Schulbau und die Infrastruktur der Stadt und sich auch noch nicht in der Umsetzung befinden. Im zweiten Fachgespräch folgen dann die Bedarfsanalysen für die Auswahl an Projekten, deren Streichung nicht völlig undenkbar ist. Als Achtelik diesen Vorschlag präsentierte, flüsterte Lino Hammer in Richtung seiner Fraktionskollegen: „Da stimmen wir jetzt einfach mal mit.“
Nun also muss die Verwaltung in einem Fachgespräch klarstellen, welche Projekte theoretisch gestrichen werden könnten, sodass die Politik sich näher auf eine Entscheidung zubewegt. Im Hintergrund werden nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ das geplante, aber kaum konkretisierte Zentraldepot, die Neue Historische Mitte um den Dom und das Wallraf-Richartz-Museum als mögliche Streichkandidaten diskutiert.