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In Sachen LiebeMeine Mutter erwartet täglich Kontakt, sonst ist sie gekränkt, was tun?

Lesezeit 4 Minuten
erwachsene Tochter und Mutter im Streit

Für erwachsene Kinder ist es nicht immer einfach, sich von den Eltern abzugrenzen und Konflikte auszuhalten.

Eine gute Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern braucht eine Balance zwischen Nähe und Distanz. Wie das gelingt.

Meine Mutter sagt mir immer wieder, wie wichtig ich für sie bin und dass sie eigentlich nur für meinen Bruder und mich da ist. Sie erwartet täglichen Kontakt und ist gekränkt, wenn ich mich mal nicht melde. Ich habe einen Job und eine Familie und mir ist das oft zu viel. Andererseits möchte ich ja auch mit meiner Mutter zu tun haben. Die Kinder lieben sie auch. Wie kann ich ihr das vermitteln, ohne sie zu kränken? (Marga, 42 Jahre)

Der Zwiespalt, in dem Sie stecken, wird schon in Ihrer Frage ziemlich gut deutlich: Sie haben gerne Kontakt zu Ihrer Mutter, möchten aber nicht gerne von ihr erdrückt werden. Sehr verständlich. Es ist die Suche nach der richtigen Dosis Beziehung, nach einer guten Balance zwischen Nähe und Distanz.

Elisabeth Raffauf

Elisabeth Raffauf

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Der Kontakt wird zur lästigen Pflicht

Wenn die Erwartungen hinter den Kontaktwünschen Ihrer Mutter zu viel werden, dann überwiegt das Gefühl, eine Last zu tragen. Der Kontakt ist nicht mehr locker, nicht mehr freiwillig, sondern wird zur Pflicht, manchmal zum Zwang. Das macht alles andere als Spaß, es macht auch wütend und führt dazu, dass Sie keine Lust mehr auf den Kontakt haben. Sie können ja nicht mehr von sich aus – freiwillig – Ihre Mutter anrufen, wenn sie es sowieso erwartet.

Auf der anderen Seite steht die Beziehung zu Ihrer Mutter, die Sie nicht gefährden möchten: Sie mögen Ihre Mutter, und die Kinder mögen sie auch – ein Kontaktabbruch wäre also auch keine Lösung. Wahrscheinlich kennen Sie die hohen Erwartungen Ihrer Mutter an Sie nicht erst seit gestern. Vielleicht hilft es, zeitlich etwas zurückzuscrollen und sich anzuschauen, wie sich die Beziehung zu Ihrer Mutter in Ihrer Kindheit und Jugend gestaltet hat. Möglicherweise gab es schon immer recht hohe Erwartungen an Sie, und Sie haben schon früher auch belastende Dinge für die Familie auf Ihren Schultern gefühlt, die zu tragen eigentlich als Kind nicht Ihre Aufgabe war.

Mit einer eigenen Familie ändert sich die Dynamik

Möglicherweise hat sich Ihre Mutter auch früher schon auf Sie gestützt, und Sie haben mit genau der ambivalenten Haltung von heute auch damals Dinge geregelt, die Sie überfordert haben, die zu viel waren. Sie haben es getan, weil es sonst niemand gemacht hat. Und jetzt haben Sie eine eigene Familie. Sie haben genug zu tun und spüren gleichzeitig die Anforderungen, die Ihre Mutter heute an Sie hat. Wenn Sie von Ihnen viel erwartet, empfinden Sie dazu auch die Last, die früher schon da war.

Puh, da muss wahrscheinlich mal aufgeräumt werden. Aber, wie kann das gehen, ohne nur ungebremst Vorwürfe und Wut rauszulassen, und ohne sich zu sehr anpassen und Dinge tun zu müssen, die Sie nicht tun möchten? Können Sie sich zum Beispiel vorstellen, Ihrer Mutter von Ihrem Alltag zu erzählen? Können Sie sie bitten, Ihnen zuzuhören? Können Sie ihr sagen, was Sie sich von der Beziehung wünschen; dass Sie gerne mit ihr in Kontakt sein möchten, aber Sie nicht für ihr Glück die Verantwortung übernehmen wollen und können? Und können Sie ihr dann einen Vorschlag machen, wie es für Sie gut ginge?

Kontakt nur einmal in der Woche

Ganz praktisch etwa, dass der Kontakt auch künftig stattfinden kann, aber nur einmal in der Woche. Oder: Sie vereinbaren, dass und wann Sie sich melden. Das wird wahrscheinlich mit einem einmaligen Gespräch nicht erledigt sein, aber es könnte ein Anfang sein. Bevor Sie damit beginnen, wäre es gut, Ihrer Mutter Ihr Vorhaben anzukündigen, damit sie vorbereitet ist und weiß, es geht jetzt erstmal nur darum zuzuhören – und eine gute, für beide Seiten aufrichtige Beziehung zu finden.

Unser Team von Expertinnen und Experten beantwortet Ihre Fragen in der Zeitung. Die Psychotherapeuten Carolina Gerstenberg und Daniel Wagner sowie die Diplom-Psychologinnen Elisabeth Raffauf und Katharina Grünewald sind versiert in der Beratung rund um Liebe, Beziehung und Partnerschaft. Der Urologe Volker Wittkamp kennt sich mit allem aus, was Liebe mit unserem Körper macht – und umgekehrt. Und Sexualberaterin Gitta Arntzen hilft bei Fragen zu Sexualität. Schreiben Sie uns, was Sie in der Liebe bewegt! Ihre Zuschriften werden anonymisiert weitergegeben. Schicken Sie Ihre Frage an: in-sachen-liebe@dumont.de.