Ein Wiener Opernball eröffnete das „Start“-Festival der Bayer Kulturabteilung. Das Festival soll auch junge Menschen für Kultur begeistern. Diesen Zweck erfüllte es nicht ganz.
Eröffnung des „Start“-FestivalsWiener Opernball in Leverkusen begeistert
Musik der Extraklasse, ein festlich dekorierter Saal mit Kronleuchter und Paare, die in Ballkleidern zum Walzer über das Parkett schweben – all das stellt man sich vor, wenn man an Wien und seinen Opernball denkt. Nicht so sehr würde man diese Elemente vermutlich nach Leverkusen sortieren. Aber genau dort ereignete sich am Sonntag ebendieses Spektakel.
Im Erholungshaus in Wiesdorf wurde das „Start“-Festival einem Opernball unter dem Motto „Alles Walzer“ eröffnet. Der Name „Festival“ überrascht erst einmal. Doch die Ausrichter der Veranstaltungsreihe verfolgen damit die Absicht, ein jüngeres Publikum für Kultur zu begeistern. Ergo gab's vor Ballbeginn Frisier- und Schminkangebote und für die weniger Parkettsicheren auch gleich noch einen Tanzkurs. Und zur modernen Ball-Interpretation gehörte auch, dass ab halb zehn aus „Alles Walzer“ der „Vienna Night Club“ mit DJ Alex Awesome wurde.
Die Tanzkurse leiteten Nadine Cleff und Jörg Entner von „Time 2 Dance“. Für Haare und Make-Up waren drei Friseur-Azubi vom Geschwister-Scholl-Berufscolleg zuständig. „Hier können sie das, was sie bisher gelernt haben, anwenden und vielleicht ergeben sich daraus ja auch neue Kunden“, freute sich Lehrerin Bianca Klein für ihre Schülerinnen.
„Alles Walzer“ spricht junge Leute kaum an
Indem die Bayer Kultur junge Leute in das Kulturereignis einbindet, versucht die Abteilung, junge Leute für Kultur zu begeistern. „Wir wollen uns nicht auf Sparten beschränken, sondern neue Zielgruppen erreichen. Damit die Kulturgüter erhalten bleiben, wollen wir sie für ein anderes Punlikum zugänglich machen“, so Carolin Siebert von der Bayer Kultur. So richtig funktioniert zu haben, scheint das dieses Mal allerdings nicht. Zwar sind Ballbesucher aller Altersgruppen vertreten, eine klare Tendenz ist dennoch erkennbar: Es sind eher ältere Menschen, die sich Karten für „Alles Walzer“ beschafft haben.
Siebert sieht das freilich anders. „Ich habe heute auch mehrere jüngere Leute gesehen, außerdem wollen wir uns ja auch nicht für eine Zielgruppe verschließen“, sagt sie. Besucherinnen und Besucher zeigen sich vom Konzept jedenfalls überzeugt. „Die jungen Leute müssen ja auch animiert werden, Leverkusen hat da total nachgelassen“, sagt eine 84-jährige Manforterin, die sich genau solche Angebote für Leverkusen wünscht.
Auch andere Gäste sind begeistert von der „stARTfestival“-Eröffnung. Ein Ehepaar aus Schlebusch hat seine Verwandtschaft aus Köln zum Opernball eingeladen. „Die Musik, die Dekoration, die Blumen, der Kronleuchter – das macht alles so eine festliche Atmosphäre“, freuen sie sich. Tanzen wollen sie an diesem Abend allerdings nicht. „Da sind heute zu viele Profis“, finden sie. Zur Musik des Grazer Salonorchesters, unter der Leitung von Klaus Eberle, fällt es ihnen allerdings schwer auf den Stühlen zu sitzen. „Wie die spielen ist wunderschön, man geht ja automatisch mit“, sagt die Kölnerin und wippt auf ihrem Stuhl zum Takt.
Unter den Ballbesuchern befindet sich an diesem Abend auch eine dreiköpfige Familie aus Barcelona mit ihrer dreijährigen Tochter. „Mich hat es überrascht, dass das Publikum älter ist, das ist in Spanien ganz anders“, sagt die Mutter. Von der Musik sei sie begeistert. „Ich liebe das Orchester“, sagt sie. Eine 23-jährige Leverkusenerin besucht mit ihrem besten Freund den Ball. Sie hätten sich zuvor an mehreren Abenden getroffen, um das Tanzen zu üben. Das macht sich an diesem Abend bezahlt. „Wenn man hier tanzt, ist man wie in einer Bubble, es ist etwas surreal“, sagt der Wiesdorfer. Beide finden die Aufmachung des Konzerts passend. „Die ist so, wie es bei einer Klassik-Veranstaltung sein sollte“, finden sie. Eine Anspruch auf Modernität müsse ein solcher Abend gar nicht einlösen.
Die Stimmung an diesem Abend gibt den Veranstaltern Recht: Sie ist ausgelassen. Wenige Sekunden, nachdem das Orchester den ersten Ton gespielt hat, schweben die ersten Paare über das Parkett. Es wird getanzt, geredet, gegessen, gelacht. Die Besucher sind glücklich und dabei ist es egal, ob es sich um 20- oder 70-Jährige handelt.