In seinem ersten Roman geht es um Missbrauch, Manipulation, Selbstverachtung und Mauern des Schweigens, um Scham und Trauer, sagt Malzahn.
Ein Leitbild seinAlexander Malzahn liest in Gummersbach aus seinem Roman „Der Inseljunge“
Was der Inseljunge ertragen musste, ist schwer auszuhalten. Und doch ist es kein Einzelschicksal in Deutschland. Es geht um Missbrauch, um Manipulation, um Selbstverachtung und Mauern des Schweigens, um Scham und Trauer. Es geht aber auch um den mühsamen Weg eines Menschen raus aus dieser Misere und aus seinem ganz persönlichen Leid.
Geboren in Moers, lebt Alexander Malzahn heute im Oberbergischen. Man kann nicht sagen, er blicke zurück auf diesen Weg, denn genaugenommen ist er noch gar nicht angekommen an einem Ende. Was er in seiner frühen Kindheit und Jugend erleben musste, begann er irgendwann aufzuschreiben. Erst waren es ganz persönliche Notizen, „mehr für mich selbst, vielleicht für meinen Sohn, womöglich auch für meine Enkeltochter“.
Oberberger Autor erklärt, in welchem Spannungsfeld er gelebt hat
Es war seine Form der Aufarbeitung dessen, was ihn zu dem Mann gemacht hat, der er heute ist: Ein Autor, der seine Sprache gefunden hat und endlich sagen kann, in welchem Spannungsfeld er gelebt hat, was war und wer er ist: Alexander Malzahn, der in seinem ersten Roman – natürlich – seine Geschichte verarbeitet. „Der Inseljunge“ ist ein biografischer Roman, spannend niedergeschrieben, in dem der erwachsene Alexander seinem jugendlichen Abbild Axel begegnet und mit ihm den gesamten Leidensweg noch einmal geht, um diesen endlich als das zu sehen, was er war: ein Verbrechen an ihm.
Malzahn hat sich selbst gefunden bei dieser ungewöhnlichen Art der Verarbeitung. Dreißig Jahre war er Lehrer. Die Diagnose Leukämie kickte ihn vor zehn Jahren aus dem aktiven Berufsleben. Aus seiner Zeit als Pädagoge ist ihm die schmerzliche Erkenntnis geblieben: „Meine Geschichte ist auch heute noch aktuell. Auch heute werden Kinder von Erwachsenen manipuliert, sie sehen Dinge, die sie nicht sehen müssen, begegnen Menschen, die ihnen nicht guttun.“
Sein Appell ist daher klar: „Wir müssen hinschauen, hinhören und junge Menschen ernst nehmen. Ich fürchte, uns ist nicht bewusst, wie vielfältig Kinder und Jugendliche unterdrückt werden.“
Axels Weg raus aus der Katastrophe konnte nur über radikale Abgrenzung führen: Er setze zunächst auf den Bildungsweg – Abitur, Studium, verbissen kämpfte er sich raus aus dem Muff des Elternhauses und des ungesunden Umfeldes. Er heiratete, wurde Vater. Um sich irgendwann zu seiner Homosexualität zu bekennen. Und dennoch ist es für Alexander Malzahn kein Coming-Out-Roman. „Davon gibt es viele, aber das ist gar nicht meine Intention.“ Es gehe ihm vielmehr um die eigentliche Botschaft, anderen Menschen mit diesem Buch Mut zu machen. Es soll „Menschen in einer vergleichbaren Situation der Selbstfindung Hilfe, Hoffnung und Leitbild sein.“
Und dabei möchte es Alexander Mahlzahn gerne halten wie der Kabarettist und Autor Hanns-Dieter Hüsch, dem Malzahn in früheren Zeiten selbst einmal begegnet ist, in seinem „Dialog mit der Jugend“: „Wer einen Dialog herbeiführen will, muss sich herablassen, herabneigen, von sich absehen, sich zuwenden und zuneigen …“
Alexander Malzahn liest am Donnerstag, 16. November, um 19 Uhr in der Mayerschen Buchhandlung in Gummersbach aus seinem Roman „Der Inseljunge“. Der Eintritt ist frei.