„Das ist richtig harte Arbeit“

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Die HAmburgerin und der Kölner: Meike Gottschalk und Peter Millowitsch harmonieren auf der Bühne - mal ernst, mal heiter.

Die HAmburgerin und der Kölner: Meike Gottschalk und Peter Millowitsch harmonieren auf der Bühne - mal ernst, mal heiter.

Zwei Monate spielen sie jeden Abend auf der Millowitsch-Bühne. Mit Peter Millowitsch (56) und Meike Gottschalk (34) sprach Norbert Ramme.

KÖLNER STADT-ANZEIGER: Neben dem neuen Ensemblestück „Einmol Prinz zo sin“ spielen Sie demnächst zusätzlich noch das Zwei-Personen-Stück „Bildung für Rita“ und stehen wochenlang jeden Abend auf der Bühne. Wie halten Sie das durch? Oder kann der Millowitsch nicht genug kriegen?

PETER MILLOWITSCH: Das ist doch unser Beruf. Die Meike ist jung und hält das locker durch. Und ich hab so etwas vor vier Jahren schon mal gemacht. Da habe ich montags und dienstags zusätzlich zum normalen Programm die „Sternstunde des Herrn Bieder“ gespielt. Hat nur in Köln kaum einer gemerkt.

Ich hab das Stück damals gesehen.

MILLOWITSCH: Dann waren Sie einer der drei.

Trotz des damaligen Flops beim Publikum ein neuer Versuch mit einem hochdeutschen Stück?

MILLOWITSCH: Das Stück funktioniert. Wir haben das ja vorab auf Tournee gespielt. Aber in Köln ist das sicher schwieriger. Hier gehen die Leute ins Millowitsch-Theater und wollen lachen. Aber ich will und kann doch mehr als immer nur den Tünnes oder den Schäl zu machen. Doch wer lässt mich schon mal eine ernste Rolle spielen? Das muss ich daher selber machen, in meinem eigenen Theater. Das ist auch ein Risiko.

Wieso?

MILLOWITSCH: Hier müssen die Leute die Eintrittskarten bezahlen, sich also für das Stück entscheiden. Wenn ich auf Tournee bin, läuft das zumeist über ein Abo. Dann müssen die kommen, egal, was gespielt wird.

Akzeptiert das Publikum Sie denn überhaupt in der ernsten Rolle?

MILLOWITSCH: Ich hab diesen Ehrgeiz. Allerdings waren bei der Tournee viele Zuschauer wohl mit einer anderen Erwartungshaltung gekommen. Wo Millowitsch draufsteht, muss auch Komödie drin sein. Die wurden nach zehn bis 15 Minuten erst mal unruhig. „Wann gibt es denn was zum Lachen?“ und „Wo bleiben die anderen Schauspieler?“ Aber nach so 20 Minuten hatten wir sie zumeist.

MEIKE GOTTSCHALK: Vielleicht hilft uns in Köln ja auch ein Trick. „Educating Rita“ wird wegen seiner sozialen Aussagen in der Oberstufe in fast jedem Englisch-Leistungskurs gelesen. Da hoffen wir auf die Schulen.

Vielleicht auch auf jugendliche Soap-Fans? Schließlich hat Meike Gottschalk einige Jahre in „Verbotene Liebe“ mitgemischt.

MILLOWITSCH: Ich habe sie mir ausgesucht, weil sie gut ist und genau auf die Figur passt. Regisseurin Barbara Schöller hatte sie in einer Produktion im Gloria gesehen, und anschließend haben wir sie ins Ensemble aufgenommen.

GOTTSCHALK: Ich wurde sozusagen doppelt eingekauft. Für einen kölschen Schwank und ein hochdeutsches Stück. Und ich war mit beiden Stücken gleich glücklich. Nach mehreren weinenden Frauen in verschiedenen TV-Serien war ich glücklich, mal etwas Lustiges spielen zu können. Auch wenn ich als gebürtige Hamburgerin trotz zehn Jahren in Köln noch kein Kölsch kann.

Dafür gibt's doch an jeder zweiten Grundschule eine Kölsch AG.

MILLOWITSCH: Es wäre schon toll, wenn sie kölsch sprechen könnte, aber das ist kein Muss. An erster Stelle steht der Anspruch an die Qualität meiner Schauspieler.

Moment mal, es reicht also für ein funktionierendes Volkstheater tatsächlich, wenn nur der Protagonist die Mundart beherrscht?

GOTTSCHALK: Ich denke schon, das es dem Publikum genügt, wenn der Peter kölsch spricht. Es geht doch auch mehr um den Humor als um den Dialekt.

Wo liegt da denn Ihr Part?

GOTTSCHALK: Zum Beispiel meine ganze Ausdruckskraft einzusetzen. Ich habe auf der Millowitsch-Bühne viel hinzugelernt. In einem Schwank kann man sich nicht hinter einer Figur verstecken. Da muss man authentisch sein. Das ist richtig harte Arbeit. Hätte ich nicht gedacht.

MILLOWITSCH: Genau so ist es. Es soll nur leicht rüberkommen. Wenn die Leute rausgehen und sagen „Das kann ich auch.“ Dann haben wir es richtig gemacht.

Also auch mal zufrieden zurücklehnen?

MILLOWITSCH: Eher nicht. Denn bei uns im Theater gilt noch mehr als beim Fußball: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Wenn beide Produktionen laufen, muss ich mir langsam Gedanken übe die kommenden Stücke machen. Vielleicht vormittags schon ein neues schreiben.

Schon eine Idee?

MILLOWITSCH: Nicht die Spur einer Ahnung. Aber es wird sicher wieder eine Mordsarbeit. Denn während bei einem „Tatort“ ja eins logisch aus dem anderen folgt, ist ein Schwank eher das totale Chaos. Und das ist nur schwer herzustellen.

Aber Sie sind doch mit dem Genre groß geworden.

MILLOWITSCH: Stimmt schon. Ich hab mich auch theoretisch damit beschäftigt. Aber während der Willy das aus dem Bauch heraus konnte, muss ich im Kopf verstehen. Ich muss wissen, was ich tue. Deswegen hat das bei mir so lange gedauert. Das Tragische an der Beziehung zu meinem Vater war ja, dass wir eigentlich dasselbe gewollt haben. Ich mache ja heute nichts anderes. Nur mein Zugang ist ein anderer. Da haben wir uns nicht verstanden. Schade.

Wie hält man sich für die anstehende Doppel-Belastung fit?

GOTTSCHALK: Nicht irgendwie zusätzlich. Ins Fitness-Studio gehe ich sowieso. Aber wichtig ist auch: Nicht über die Stränge schlagen. Früher hätte ich gesagt, das ist Quatsch. Aber es stimmt.

MILLOWITSCH: Ich fahre jeden Morgen 30 bis 45 Minuten Rad. Mit dem Hund. Das tut uns beiden gut.

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