„Germania Judaica”Für ein besseres Verständnis

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Klaus von Dohnanyi (links) und Hans Otto Horch. (Bild: Hennes)

Klaus von Dohnanyi (links) und Hans Otto Horch. (Bild: Hennes)

Die Gründung einer Bibliothek zur kulturellen Integration von türkischen und arabischen Bürgern in Deutschland regte Klaus von Dohnanyi gestern Abend beim Festakt zum 50-jährigen Bestehen der Kölner „Germania Judaica“ an. Der ehemalige Vorsitzende der in Europa einzigartigen Bibliothek zur Geschichte des deutschen Judentums rief die Kölner Bürger dazu auf, „für ein besseres gegenseitiges kulturelles und historisches Verständnis von Türken und Deutschen eine entsprechende Initiative zu prüfen.“ Klaus von Dohnanyi, zwischen 1981 und 1988 Hamburger Bürgermeister, bot an, aus seiner Stiftung „Zivilcourage“ Mittel für die Erarbeitung eines entsprechenden Konzeptes zur Verfügung zu stellen.

In seiner Laudatio in der Kölner Zentralbibliothek lobte er besonders den ehemaligen Kulturdezernenten Kurt Hackenberg, „der unsere Bürgerinitiative »Germania Judaica« in vorbildlicher und doch sparsamer Weise immer hilfreich zur Seite“ gestanden habe. Hackenberg hatte damals die Bibliothek, die heute über 90 000 Bände und Zeitschriften bewahrt, zusammen mit bedeutenden Kölner Persönlichkeiten gegründet: nämlich mit Heinrich Böll, dessen Schriftstellerkollege Paul Schallück, dem Journalisten Wilhelm Unger (Kölner Stadt-Anzeiger), dem Buchhändler Karl Keller sowie mit Ernst Brücher, dem ehemaligen Verleger des DuMont-Buchverlages.

In seinem Festvortrag erinnerte sich Professor Hans Otto Horch vom Aachener Institut für Germanistische und Allgemeine Literaturwissenschaft, wie er vor 30 Jahren erstmals die „Germania Judaica“ aufsuchte, um Materialien für seine Habilitationsschrift über „Fragen des deutsch-jüdischen Mit- und Gegeneinanders im Spiegel der Romanliteratur des 19. Jahrhunderts“ zu sammeln. Die damalige Bibliotheksleiterin Jutta Bohnke-Kollwitz habe ihm eine überraschend neue Perspektive vermittelt: „Schauen Sie doch einmal jüdische Zeitschriften daraufhin durch, wie man aus jüdischer Sicht auf die liberale Erzählliteratur des 19. Jahrhunderts reagiert hat.“

Der Rat war Gold wert: „Vor allem durch die Konzentration auf jüdische Periodika, aber auch durch Lektüre zahlreicher belletristischer Werke jüdischer Autoren, die von Anfang an zum Sammelgebiet der Bibliothek gehörten, sowie durch die Lektüre historischer Werke zur jüdischen Geschichte“ konnte Horch „einen Begriff deutsch-jüdischer Literaturgeschichte“ entwickeln, „der für die an der RWTH Aachen 1992 neu etablierte Ludwig-Strauß-Professur für deutsch-jüdische Literatur- und Kulturgeschichte zur Grundlage wurde.“

Erfreut zeigte sich Horch vom Erfolg des von ihm mitbetreuten und von der „Germania Judaica“ unterstützten Projektes „Compact Memory“, das in den 90er Jahren der feinen Idee folgte, jüdische Periodika im Internet weltweit kostenfrei nutzbar zu machen: „Über hundert deutschsprachige jüdische Periodika sind nun im Internet abrufbar“, ein reichhaltiges Archiv jüdischen Lebens im 19. und 20. Jahrhundert.

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